Gezähmt von sanfter Hand
Sturz.
Doch nichts dergleichen geschah. Wie Seelenverwandte flogen Ross und Reiter in perfekter Harmonie über den weißen Untergrund.
Catriona schaute den beiden so lange nach, bis sie sich im Licht der Morgensonne verloren, die nun wie eine silberne Scheibe über dem Tal aufstieg.
Als Richard in den Stall zurückkehrte, wartete Catriona bereits auf ihn. Er sah sie, zuckte einmal kurz mit den Brauen und schwang sich aus dem Sattel. Die Hände in die Hüften gestemmt, beobachtete Catriona, wie Richard das Pferd in die Box führte und ihm den Sattel abnahm. Pferd und Reiter atmeten schwer.
Catriona unterdrückte ein verächtliches Schnauben und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die offen stehende Boxentür. »Wie hast du das denn geschafft?«
Richard, der gerade damit beschäftigt war, den nun lammfrommen Hengst zu striegeln, warf Catriona einen raschen Blick zu. »Das war ganz einfach. Man hatte Donnervogel zuvor keine Chance gegeben.«
»Was denn für eine Chance?«
»Die Chance zu wählen, was ihm lieber ist – entweder weiterhin in der engen Box eingepfercht zu sein oder mit mir einen ausgedehnten Ausritt zu unternehmen.«
»Ich verstehe. Und du hast ihm diese Wahlmöglichkeiten geboten, und Donnervogel hat quasi zugestimmt?«
»Du sagst es.« Richard warf die Striegelbürste beiseite, kontrollierte noch einmal, ob Donnervogel auch mit allem versorgt war, und gesellte sich dann zu Catriona.
Die Arme noch immer vor der Brust verschränkt, musterte Catriona Richard finster. Er atmete rascher als gewöhnlich, und trug noch immer dieses geradezu lächerlich selbstzufriedene Grinsen.
Richard warf einen Blick auf Donnervogel. »Ich werde ihn von nun an immer mal wieder reiten.« Dann sah er auf Catriona hinab. »Damit er in Form bleibt.«
Er hielt ihren Blick fest und Catriona schnappte unwillkürlich nach Luft. Richards blaue Augen glühten vor Leidenschaft und Verlangen. Während sie ihn weiterhin anstarrte, wurde sie von einem Schwindelgefühl – und von prickelnder Erregung – ergriffen.
Es war sonst niemand in der Nähe; die Stallburschen waren alle beim Frühstück.
»Ähm …« Catriona wich zur Seite aus und schob sich an der offen stehenden Boxentür entlang. Langsam folgte Richard ihr; beinahe so, als wollte er Jagd auf sie machen. Doch die Gefahr ging nicht von Richard aus, und sein Lächeln verriet ihr, dass auch er das wusste. Sie sollte sich jetzt besser zusammenreißen und ihre hochmütige Miene wieder aufsetzen. Doch stattdessen fachte Richards glühender Blick ihre Erregung nur noch stärker an. »Frühstück?«, brachte sie mit schwacher Stimme heraus.
Seine Lippen verzogen sich zu einem intensiven Lächeln. »Später.«
Catriona hatte sich inzwischen Schritt für Schritt von der Boxentür entfernt. Richard zog die Tür zu und stellte Catriona weiter nach, trieb sie in die nächste Box, die leer war.
Mit weit aufgerissenen Augen wich sie weiter zurück und schaute sich Hilfe suchend um, bis sie mit dem Rücken gegen die Wand stieß. Sie hob ihre Hände, war jedoch zu schwach, um Richard aufhalten zu können. »Richard?«
Es war ganz eindeutig eine Frage. Und Richard antwortete mit Taten.
12
Der Dezember zog ins Land, und unerbittlich nahm der Winter das Tal immer fester in seinen Griff. Endlich waren auch Richards Kisten und Schrankkoffer eingetroffen, die Devil durch einen Fuhrmann bringen ließ. Dieser hatte es außerordentlich eilig und ließ seine Pferde sofort kehrtmachen, um rechtzeitig zum Weihnachtsfest wieder bei seiner Familie zu sein.
Mit den Kisten traf auch ein Sack voller Briefe ein. Briefe an Richard von Devil, von Vane und der Herzoginwitwe sowie ein ganzer Stapel von Beschwerdebriefen seiner zahlreichen Tanten und Cousinen, die ganz und gar nicht erfreut darüber waren, dass Richards Hochzeit ohne sie stattgefunden hatte.
Für Catriona kam ein langer Brief von Honoria, Devils Herzogin, den Richard gerne auch einmal gelesen hätte – allerdings wurde ihm nicht die Möglichkeit dazu gegeben. Nachdem Catriona eine volle Stunde damit zugebracht hatte, den Brief zu studieren, faltete sie ihn schließlich zusammen und legte ihn in die abschließbare Schublade ihres Schreibtisches. Richard war zwar versucht gewesen, das Schloss einfach zu knacken, konnte sich aber letzten Endes doch nicht dazu überwinden. Was konnte Honoria Catriona denn schon geschrieben haben?
Catriona hatte auch parfümierte Briefe von sämtlichen Damen des Cynster-Clans erhalten, die
Weitere Kostenlose Bücher