Gezähmt von sanfter Hand
Richard auch wie die Fleisch gewordene Inkarnation eines gelangweilten, ruhelosen Frauenhelden, der gerade im Begriff war, vor einem zu stillen, einsamen Provinznest und einer unerwünschten Ehefrau zu fliehen. Ganz eindeutig schien dies in seinen harten Gesichtszügen zu lesen zu sein, in dem zynischen Zug, der seinen Mund umspielte, während er ruhig Catrionas Blick erwiderte. Tapfer, verzweifelt, auf ihrem Gesicht die Maske der gelassenen Selbstsicherheit, schenkte Catriona Richard ein leicht distanziertes Lächeln.
»Dann sage ich dir jetzt wohl besser Auf Wiedersehen. Ich hoffe, du kommst ohne Zwischenfälle in London an.«
Sie hob den Kopf und begegnete offen Richards Blick aus den hart schauenden blauen Augen. Dies war soeben die schwierigste Ansprache gewesen, die sie jemals gehalten hatte.
Aufmerksam blickte Richard in Catrionas Augen, suchte in ihnen nach irgendeinem Anzeichen dafür, dass dies alles nur ein böser Traum war. Das Ganze fühlte sich so unreal für ihn an – konnte nicht auch Catriona das spüren? Doch noch stärker als der Eindruck der Unwirklichkeit war das Gefühl – der Sog – der Unvermeidlichkeit.
Es war unvermeidbar gewesen, dass sie heirateten – das hatte Richard irgendwann akzeptiert. Und zugleich hatte er im Stillen, in seinem Herzen, zu hoffen begonnen, dass die Ehe ihm damit auch jene Stabilität geben würde, nach der er sich schon so lange verzehrte – die er so dringend brauchte. Doch stattdessen schien es nun nur ebenso unvermeidlich, dass er von ihrer Vereinigung enttäuscht würde. Dass er, wieder einmal, ohne festen Halt im Strom des Lebens dahintrieb. Ohne echte Verbindung zu irgendjemandem.
Richard hatte gedacht – hatte gehofft –, dass die Heirat mit Catriona seine Rettung wäre. Doch diese Hoffnung hatte sich als falsch herausgestellt. Also war es ebenso unvermeidlich, dass er nun wieder abreiste.
Dass er wieder fortging von seiner Ehefrau, sie wieder sich selbst überließ.
Und ein ganz untypischer Hass bemächtigte sich Richards, als Catrionas Blick ihm so gar keine Hoffnung schenkte, als er in ihren Augen so gar kein Anzeichen des Bedauerns erkennen konnte, keine Aufforderung mehr, seine Pläne noch einmal zu ändern und bei ihr zu bleiben. »Dann werde ich dich jetzt verlassen.«
Klar hallte in Richards Worten jene Bitterkeit nach, die zu verbergen er einfach nicht mehr länger im Stande war.
Catriona lächelte und streckte ihm zum Abschied die Hand entgegen. »Gute Fahrt.«
Richard blickte hinab in Catrionas Augen, versuchte ein letztes Mal zu ergründen, was wirklich in diesen leuchtenden grünen Tiefen glitzerte. Er ergriff ihre Hand – und spürte, wie ihre Finger in die seinen glitten. Spürte die Berührung ihrer Handfläche, fühlte, wie ihre Fingerspitzen zitterten. Und fühlte – erahnte …
»So, Sir, wir wären dann so weit!«
Catriona und Richard drehten sich um und erblickten direkt hinter sich – genauer gesagt, praktisch zwischen ihnen – eine übers ganze Gesicht strahlende Mrs. Broom. Sie hielt einen voll gepackten Korb empor. »Die Köchin und ich hatten uns gedacht, dass Ihr Euch auf Eurer Reise sicherlich über ein wenig nahrhaften Proviant freuen würdet. Besser als dieses schreckliche Gasthausessen.«
Richard wusste mit Sicherheit, dass weder Mrs. Broom noch die Köchin jemals in ihrem Leben in einem Gasthof gewesen waren. Und dass dies nun der einzige Gedanke war, dessen Richard noch fähig war, war ein recht beunruhigendes Anzeichen für seine augenblickliche geistige Verfassung. Er fühlte sich hin und her gerissen – zerrissen –, sein Innerstes nach außen gekehrt. Mit einem schwachen Lächeln nahm Richard Mrs. Broom den Korb ab, reichte ihn an einen der Lakaien weiter und blickte dann sogleich wieder auf Catriona hinab.
Nur um ihr gleichmütiges Lächeln zu entdecken. »Auf Wiedersehen.«
Für einen Augenblick war Richard nahe dran, Catrionas Ablehnung einfach an sich abprallen zu lassen, sie in seine Arme zu reißen, sie einfach nicht wieder gehen zu lassen, ihr geradeheraus zu sagen, wie er sich vorstellte, dass ihrer beider Leben in Zukunft aussehen sollte …
Catrionas ruhiges Lächeln jedoch, ihr ruhiger Blick – und die dunkle Wolke des Unvermeidlichen – hinderten ihn daran.
In gänzlich untadeliger Form verbeugte Richard sich vor ihr, drehte sich um und schlenderte dann betont ungezwungen die Stufen hinab.
Catriona blickte ihm nach und spürte, wie ihr Herz mit Richard ging. Wusste in ihrem
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