Gezähmt von sanfter Hand
zu wahren – jenen Gesichtsausdruck, den sie für gewöhnlich in der Öffentlichkeit als Herrin des Tales zur Schau trug. Es überstieg beinahe Catrionas Kräfte, McArdle und den anderen zur Begrüßung ihr übliches, strahlendes Lächeln zu zeigen. Sie hatte plötzlich keine Energie mehr; nicht mehr so viel wie früher einmal.
Aber um ihre Lippen zu einem Lächeln zu verziehen, um die Leere und Trostlosigkeit in ihrem Inneren zu verbergen, brauchte sie nun einmal Kraft. Doch schaffte sie es nicht mehr, zu ihrer gewohnt heiteren Art zurückzufinden. Und unglücklicherweise konnte sie als Herrin des Tales für ihre Gemütsverfassung auch noch nicht einmal eine angebliche Erkrankung anführen – sie war niemals krank, zumindest nicht auf die allgemein übliche Art und Weise.
Seufzend schob Catriona die schweren Hauptbücher, welche sie die ganze Zeit über studiert hatte, von sich fort: die Zuchtberichte der vergangenen drei Jahre. Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück und schloss bedrückt die Augen. Wie sollte sie bloß mit alledem zurechtkommen?
Für eine Weile lag Catriona ganz still in ihrem Sessel in dem abgedunkelten Raum – und öffnete ihre Sinne. Doch es wollte sich keine Hilfe einstellen – in ihrem müden Geist erschien keine plötzliche Vision, die ihr verriet, wie sie all ihre Verpflichtungen eben doch noch bewältigen könnte.
Als Catriona schließlich wieder die Augen öffnete und sich aufsetzte, gab es nur noch eine Sache, der sie sich wirklich sicher war: dass die ganze Situation noch wesentlich schlimmer werden würde.
Mühsam erhob sie sich wieder und fühlte sich dabei, als ob das Kind, das sie in sich trug, mindestens sieben Monate älter als in Wirklichkeit war. Catriona richtete sich auf, stellte die Hauptbücher wieder sauber in eine Reihe, dann drückte sie ihre Schultern zurück, hob den Kopf und strebte zur Tür.
Während Catriona sich wusch und zum Abendessen umzog, nutzte sie die Gelegenheit, sich einmal kurz hinzulegen – nur für eine Minute.
Doch aus der einen Minute wurden am Ende dreißig, und es war bereits spät, als sie schließlich bei Tisch erschien. Außer Atem und einzig von dem Wunsch beseelt, rasch wieder in ihr Bett zurückkriechen zu können, blickte Catriona sich heiter lächelnd einmal in der Halle um und tat sich kleine Scheiben vom Lamm auf.
Dann schob sie das Fleisch unentwegt auf ihrem Teller hin und her.
Catriona fühlte sich, als ob sie jeden Moment in sich zusammensacken würde; nur durch im Stillen stetig wiederholte Ermahnungen schaffte sie es, ihre Fassade zu wahren. Aber sie konnte einfach nichts essen – sie hatte jeglichen Appetit verloren. In dem Versuch, ihr Desinteresse an dem Essen zu verbergen, versuchte Catriona, die Aufmerksamkeit von Henderson zu erhaschen. »Was haben die Kinder denn heute so alles angestellt?« Trotz seiner mürrischen, wortkargen Art hatte Henderson eine Schwäche für die Kinder des Gutshauses.
»Es scheint so, als habe der Herr einigen von ihnen das Reiten beigebracht. Also habe ich sie mit hinaus zu den Ställen genommen.« Henderson verzog das Gesicht in einem unterdrückten Seufzer. »Ich selbst bin allerdings kein großer Pferdekenner. Ich fürchte also, wenn sie ihre Reitkenntnisse verbessern wollen, werden sie schon warten müssen, bis der Herr wieder zurückkehrt.«
»Hmmm.« Catriona, die nicht die Absicht hatte, darüber zu resümieren, wie lange die Kinder da unter Umständen würden warten müssen, ließ ihren Blick den Tisch hinab zu Mrs. Broom schweifen und deutete auf den noch dampfenden Apfelkuchen, der gerade vor sie hingestellt wurde. Dessen fruchtiges, würziges Aroma war schon sehr viel mehr nach Catrionas Geschmack als die kalten Fleischscheiben, welche die Magd soeben wieder weggetragen hatte. »Ich gratuliere Euch zu Eurem neuen Rezept – die Gewürze verleihen dem Ganzen einen sehr lieblichen Geschmack.«
Mrs. Broom erstrahlte förmlich. »Hab ich auf Anregung des Herrn so gemacht – scheint, als ob sie ihn in London so backen würden, und es war auch wirklich nicht schwer. Nur schade, dass der Herr nicht hier ist, um ihn zu kosten – er sagte, dass das einer seiner Lieblingskuchen sei. Aber wir ham ja noch so viele Äpfel im Keller – wenn er wieder da ist, backe ich den Kuchen einfach noch einmal.«
Das Lächeln auf Catrionas Gesicht fühlte sich plötzlich sehr verkrampft an; liebenswürdig nickte sie noch einmal in Mrs. Brooms Richtung und wandte sich dann zu McArdle um. »Hat
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