Gezähmt von sanfter Hand
weggebracht hatte.
»Also, ich muss schon sagen, es ist doch eine große Verbesserung zu sehen, dass deine Augen zur Abwechslung mal wieder offen sind.« Devil hockte sich auf das Fußende des Bettes. »Ich habe es allmählich satt, auf dich aufzupassen, während du schläfst.«
Richard grinste. Devil war drei Jahre älter als er; sie hatten ein gemeinsames Kinderzimmer bewohnt – und Devils Bemerkung ging auf die unzähligen Nächte zurück, in denen Richard, voller Angst vor der Dunkelheit, nur hatte einschlafen können, weil er gewusst hatte, dass Devil da war, um ihn vor imaginären Monstern und Ungeheuern zu beschützen.
»Du hast uns ganz schön in Angst und Schrecken versetzt.« Honoria beugte sich über Richard und küsste seine stoppelige Wange. »Aber wenigstens warst du so klug, eine Dame zu heiraten, die dich retten konnte.«
Richard lächelte und nahm das Kompliment gnädig an. Während der nächsten halben Stunde tauschten sie Neuigkeiten über die Familie aus, wobei Honoria hauptsächlich über die allmählich zu Tage tretenden Talente eines gewissen Sebastian Sylvester Cynster, Marquis von Earith und Devils Erbe, berichtete.
»Wir hätten ihn gerne mitgebracht«, erklärte Honoria, »aber wir wussten ja nicht, wie hier der Stand der Dinge sein würde.«
Das war natürlich das Stichwort für Richard, um seinen Bruder und seine Schwägerin ins Bild zu setzen, was er denn auch mit begeisterten Worten tat, unfähig, seine Freude im Zaum zu halten – sein Glück und seine Zufriedenheit mit seinem neuen Leben. »Jetzt, wo ihr hier seid, kann ich euch ja endlich mal herumführen und euch alles zeigen.«
»Sobald du aus der Haft entlassen bist.« Devil wies mit einer Kopfbewegung auf das Bett.
»Morgen«, sagte Richard.
Devil verzog das Gesicht. »Da mach dir mal lieber keine allzu großen Hoffnungen. Als wir gestern mit dir im Zimmer hin und her gegangen sind, war es mit deinen Kräften noch nicht sonderlich weit her.«
»Mit mir hin und her gegangen …?« Richard runzelte verwirrt die Stirn, dann schüttelte er den Kopf. »Ich habe ja noch nicht einmal mitbekommen, dass ihr hier wart …« Er blickte seinen Bruder an, noch immer nachdenklich die Stirn runzelnd. »Das heißt, doch, jetzt erinnere ich mich an etwas – warst du das, der mich warnte, dass Maman käme?«
Devil grinste. »Das war so eine Art Test – wir wollten prüfen, ob du darauf reagieren würdest.«
Richard erschauderte. »Solange es nur nicht wahr ist.« Er blickte Devil besorgt an. »Du hast ihr doch wohl nichts gesagt, oder?«
Devil zog in einer übertriebenen Geste die Brauen hoch. »Wofür hältst du mich?«
Honoria erhob sich vom Bett und strich ihre Röcke glatt. »Selbstverständlich haben wir eine Nachricht hinterlassen.«
Devil fuhr mit einem Ruck zu ihr herum. »Haben wir das?«
Honoria starrte ihn an. »Aber ja, natürlich. Wir konnten doch nicht einfach abreisen, ohne Helena auch nur ein Wort von der ganzen Sache zu sagen oder ihr zumindest eine Nachricht zu hinterlassen – schließlich ist sie seine Mutter.«
Mit einem verzweifelten Stöhnen ließ Richard sich in die Kissen zurückfallen.
Honoria wandte sich zu ihm um. »Sie war unterwegs, mit den Ashfordleighs – es würde ihr doch bestimmt sehr merkwürdig vorkommen, wenn sie bei ihrer Rückkehr nach Somersham Sebastian ganz allein mit dem Personal vorfände. Also habe ich ihr schlicht und einfach alles erklärt und ihr gesagt, sie solle sich keine Sorgen machen.«
Devil verdrehte die Augen zur Zimmerdecke. »Honoria …«
Plötzliche laute Rufe von draußen schnitten ihm das Wort ab; eine Sekunde später schallten das Rattern von Kutschenrädern und das unverkennbare Klappern von Pferdehufen vom Hof herauf.
Richard stöhnte abermals laut; Devil schnitt eine Grimasse.
Honoria starrte die beiden ungläubig an. »Das kann doch nicht wahr sein.«
»Und ob das wahr sein kann«, versicherte Devil ihr.
»Es ist wahr«, prophezeite Richard düster.
Und dem war tatsächlich so. Unten im Hof war gerade eine Kolonne von zwei großen Reisekutschen mit der dazugehörigen berittenen Eskorte vorgefahren.
Als Catriona auf ihrem Weg zurück zu Richards Zimmer den Lärm von draußen vernahm, trat sie eiligst auf die Vorderveranda hinaus, um der Sache auf den Grund zu gehen.
Die Szene im Hof war, gelinde gesagt, verwirrend – als ob eine zu einer mehrtägigen Party eingeladene Gesellschaft aus London sich auf dem Weg zum Landhaus ihres Gastgebers verirrt
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