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Gezähmt von sanfter Hand

Gezähmt von sanfter Hand

Titel: Gezähmt von sanfter Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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zu. Die Familie und Catriona waren viel zu sehr damit beschäftigt, sich über Seamus' heimtückischen Verrat zu ärgern; Richard war durch die Feststellung abgelenkt, dass sich offenbar keiner von ihnen ein anderes Ergebnis vorstellen konnte, als dass der gesamte Nachlass an die Kirche fallen würde.
    Als der Anwalt schließlich zum Ende des Testaments gekommen war, hatte eine tiefe Verzweiflung von den McEnerys Besitz ergriffen. Für einen kurzen Augenblick schluckte Jamie seine bittere Enttäuschung herunter und erhob sich, um dem Anwalt die Hand zu schütteln und sich bei ihm zu bedanken. Dann wandte er sich ab, um Mary zu trösten, die vor Kummer außer sich war und weinte.
    »Es ist ungeheuerlich, einfach ungeheuerlich!«, schluchzte sie. »Noch nicht einmal der allerdürftigste Lebensunterhalt! Und was ist mit den Kindern?«
    »Scht! Immer mit der Ruhe, nun reg dich doch nicht so auf.« Jamie versuchte, sie zu beruhigen, er war zutiefst entmutigt und niedergeschlagen.
    »Der Alte war wahnsinnig!«, fauchte Malcolm wütend. »Er hat uns um alles betrogen, was uns zustand.«
    Meg und Cordelia schluchzten ebenfalls, ihre duckmäuserischen Ehemänner murmelten wirr vor sich hin.
    Richard, der währenddessen ruhig in seinem Sessel saß, unberührt von den Gefühlsausbrüchen seiner Gastgeber und von der Hoffnungslosigkeit, die ihn umgab, hörte schweigend zu. Er dachte darüber nach, dass keiner der Anwesenden von ihm erwartete, sie zu retten.
    Und er dachte über Catriona nach, schlank und anmutig in ihrem dunkelblauen Kleid; ihr Haar wirkte in dem tristen, düsteren Raum sogar noch leuchtender und auffallender. Sie redete gerade tröstend auf Meg ein, um sie vor einem hysterischen Anfall zu bewahren, und strahlte dabei sichtbar Ruhe und Gelassenheit aus. Richard spitzte die Ohren und horchte auf das, was sie sagte.
    »Wir können nichts dagegen machen, also ist es völlig sinnlos, dass du dich in die Sache reinsteigerst und dadurch womöglich noch eine Fehlgeburt erleidest. Du weißt ebenso gut wie jeder hier, dass ich mich nicht gut mit Seamus verstanden habe, aber dass er zu einer solchen Niedertracht fähig wäre, hätte ich ihm nun doch nicht zugetraut. Ich bin genauso schockiert und fassungslos wie du.« Sie redete weiterhin beschwichtigend auf Meg ein, um die junge Frau abzulenken und sie zu zwingen, ihr zuzuhören und nicht in haltloses Schluchzen auszubrechen. »Der Anwalt sagt, es ist eine vollendete Tatsache, deshalb hat es keinen Zweck, in Hysterie zu verfallen. Und es wird uns auch nichts nützen, wenn wir die übelsten Flüche und Verwünschungen auf Seamus' totes Haupt herabbeschwören; das bringt uns kein bisschen weiter. Wir müssen uns zusammensetzen und gemeinsam überlegen, was zu tun ist und ob wir vielleicht nicht doch noch etwas retten können.«
    Sie redete weiter und lenkte ihre Gedanken und die von Meg und Cordelia in konstruktivere Bahnen. Aber auch diese Überlegungen drehten sich ausschließlich darum, was zu tun war, um mit diesem unvorhergesehenen Schock fertig zu werden.
    Nicht ein einziges Mal blickte Catriona in Richards Richtung. Es war fast so, als ob sie ihn aus ihrem Gedächtnis getilgt und seine Existenz vergessen hätte. Als ob sie ihn alle vergessen hätten – den dunklen Raubvogel, den unerwünschten Eindringling, den Cynster in ihrer Mitte. Keiner von ihnen kam auf den Gedanken, sich an ihn zu wenden.
    Für sie alle stand offenbar fest, dass sie sich wohl oder übel mit den Tatsachen abfinden mussten. Sie machten sich noch nicht einmal die Mühe, Richard zu fragen, wie seine Antwort auf Seamus' Herausforderung lautete.
    Aber die McEnerys waren ja auch ein schwacher, hilfloser Haufen; da war er doch aus einem etwas anderen Holz geschnitzt.
    »Ä-hemm.«
    Richard blickte auf und sah, wie der Anwalt ihn über seine zu einem ordentlichen Stapel aufgeschichteten Papiere hinweg anstarrte. Sein lautes Räuspern erschreckte die anderen und ließ sie augenblicklich verstummen. »Wenn ich jetzt vielleicht Eure offizielle Entscheidung hören dürfte, Mr. Cynster, damit wir die Nachlassangelegenheit endgültig unter Dach und Fach bringen können?«
    Richard zog die Brauen hoch. »Ich habe eine Woche Zeit, um meine Entscheidung zu treffen, so ist es doch, nicht wahr?«
    Der Anwalt blinzelte, dann richtete er sich auf. »Allerdings.« Er warf einen schnellen Blick zu Catriona hinüber. »Die Bedenkzeit, die im Testament festgesetzt ist, beträgt sieben volle Tage.«
    »In Ordnung.«

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