Gezähmt von sanfter Hand
geheftet. Der Anwalt nahm wieder hinter dem Schreibtisch Platz, und Richard schloss seine Finger um den Anhänger. Catriona seufzte und hob den Kopf; sie erwiderte kurz Richards Blick und sah dann ruhig in eine andere Richtung. Richard widerstand dem Drang, die Brauen hochzuziehen, und steckte die Halskette in die Tasche seines Jacketts.
»Also, wo waren wir stehen geblieben? Ah … ja.« Der Anwalt räusperte sich, dann fuhr er mit schmetternder Stimme fort: »›Was das Vermögen anbetrifft, das ich bei meinem Tode hinterlasse, nämlich Haus, Grundbesitz, Möbel und Gelder, so soll dies alles vorerst treuhänderisch verwaltet werden, und zwar für die Dauer einer Woche, gerechnet von dem Tag, an dem mein Testament verlesen wird.‹« Der Anwalt legte eine kurze Pause ein, holte Luft und fuhr dann hastig fort: »›Wenn Richard Melville Cynster sich während dieser einen Woche bereit erklärt, Catriona Mary Hennessy zu heiraten, wird die Erbmasse unter meinen überlebenden Kindern aufgeteilt, und zwar wie unten beschrieben. Wenn Richard Cynster sich am Ende dieser Woche jedoch weigert, Catriona Hennessy zu heiraten, dann soll mein gesamter Nachlass verkauft werden und die Gelder zu gleichen Teilen unter den Diözesen von Edinburgh und Glasgow aufgeteilt werden.‹«
Der Schock – absolut und überwältigend – ließ sie alle erstarren. Eine Minute lang herrschte fassungsloses Schweigen im Raum, das nur unterbrochen wurde von dem Rascheln von Pergament und dem gelegentlichen Knistern des Feuers. Richard fing sich als Erster wieder; er holte tief Luft und hatte das Gefühl, in einem wirren Traum gefangen zu sein. Er blickte zu Catriona hinüber, aber sie sah ihn nicht an. Ihr Blick war auf einen imaginären Punkt in der Ferne geheftet, sie war von fassungsloser Ungläubigkeit erfüllt.
»Wie konnte er nur?« Ihre vehemente Frage brach schließlich den Bann, und sie konzentrierte ihre Aufmerksamkeit auf den Anwalt.
Eine Flut von Fragen und wütenden Ausrufen ergoss sich über den Mann. Seamus' Familie konnte einfach nicht begreifen, was ihr Erzeuger ihnen da angetan hatte; die meisten von ihnen waren vor Schreck völlig hilflos und kaum in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen.
Mary, die neben Richard saß, wandte ihm ihr entsetztes Gesicht zu. »Großer Gott – wie sollen wir denn jetzt bloß zurechtkommen?« Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und sie griff nach Richards Hand – nicht um ihn anzuflehen, Seamus' Forderung zu erfüllen, sondern um Halt zu suchen.
Instinktiv überließ Richard ihr seine Hand, schlang seine Finger um die ihren und drückte sie beruhigend. Er sah ihren Gesichtsausdruck, als sie sich zu Jamie umwandte, sah die Hoffnungslosigkeit, die sie zu überwältigen drohte.
»Was sollen wir bloß machen?« Mary schluchzte fast, als Jamie sie in seine Arme zog.
Ebenso entsetzt und fassungslos wie seine Ehefrau, sah Jamie über ihren Kopf hinweg den Anwalt an. »Warum?«
Dies, so empfand Richard, war die treffendste Frage, und der Anwalt fasste sie als Stichwort auf und gab den anderen ein Zeichen, um sie zum Schweigen zu bringen. »Wenn ich jetzt vielleicht fortfahren könnte …?«
Alle verstummten, und er griff wieder nach dem Testament, atmete einmal tief durch und hob dann den Kopf, um über seinen Zwicker hinwegzuspähen. »Dies ist ein äußerst sonderbares Testament, deshalb halte ich es auch nicht für ungebührlich, mit der Tradition zu brechen und offen zu bekennen, dass sich meine Mitarbeiter und ich sehr eindringlich gegen diese Bestimmungen ausgesprochen haben. Aber Mr. McEnery wollte sich einfach nicht davon abbringen lassen. So wie die Sache aussieht, ist das Testament rechtsgültig und unserer Meinung nach juristisch nicht anfechtbar.«
Damit blickte er wieder auf die Pergamenturkunde. »›Die nun folgenden Worte richten sich an mein Mündel, Catriona Mary Hennessy. Ungeachtet dessen, was sie davon halten mag, war es meine Pflicht, für ihre Zukunft Sorge zu tragen. Da ich im Leben nicht stark genug war, um sie zu beeinflussen, sorge ich nun im Tode dafür, dass ihr ein Mann zur Seite steht, der – wenn auch nur die Hälfte der Geschichten, die man sich über ihn und seinen Clan erzählt, auf Wahrheit beruhen – die notwendigen Fähigkeiten besitzt, mit ihr umzugehen.‹«
Es folgte eine detaillierte Beschreibung, wie der Nachlass unter Seamus' Kindern aufgeteilt werden sollte, für den Fall, dass Richard bereit war, Catriona zu heiraten. Wieder hörte keiner
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