Gezeiten der Begierde - Jordan, N: Gezeiten der Begierde - To tame a dangerous lord/Courtship-Wars 5
und ihn zu benachrichtigen, sollte der Baron es wagen, nochmals nach Danvers Hall zu kommen.
»Ackerby ist doch nicht zurückgekehrt, um Miss Ellis zu belästigen?«, fragte Rayne den Butler, sowie Simpkin in seine Bibliothek trat.
Der Butler runzelte sorgenvoll die Stirn. »Nein, Mylord. Ich dachte lediglich, Sie würden zu wissen wünschen … Kurz nachdem Sie gingen, bat Miss Ellis mich, einen Brief an Baron Ackerby zur Post zu bringen.«
»Ach, tat sie das?«, fragte Rayne scharf, denn die Nachricht behagte ihm nicht.
»Ja, Mylord. Und ihr schien es dringlich, dass der Brief umgehend abgeschickt wurde. Desgleichen ein zweites Schreiben, das an einen Mr Gerard Ellis adressiert war.«
»Ihr Bruder«, murmelte Rayne nachdenklich.
»Mir missfällt es, Miss Ellis‘ Vertrauen zu verraten«, erklärte Simpkin, »doch Sie baten mich, auf Miss Ellis acht zu geben und Sie zu unterrichten, sollte Lord Ackerby weiterhin eine Gefahr für sie sein. Und nach dem, was Sie mir über ihn berichteten, gestehe
ich, dass ich besorgt war, weil Miss Ellis es für nötig erachtete, dem Baron zu schreiben.«
»Es war richtig von Ihnen, zu mir zu kommen, Simpkin«, versicherte Rayne ihm. »Um alles Weitere kümmere ich mich.«
Er dankte dem Butler und verabschiedete ihn, dann stand er am Fenster und blickte hinaus in Richtung Danvers Hall. Dass Madeline an Baron Ackerby geschrieben hatte, war verstörend und weckte eine Vielzahl Gefühle in Rayne. Misstrauen und Zweifel waren vorherrschend, dicht gefolgt von Unbehagen.
Was hatte sie so dringend einem Adligen mitzuteilen, den sie angeblich verabscheute?
Und noch ein anderer Gedanke kam Rayne, als er sich an Madelines Ausdruck erinnerte, als er ihren Angreifer zu Boden schlug: Ihre Augen waren dunkel vor Zorn gewesen. Zum fraglichen Zeitpunkt glaubte er noch, ihre Wut richtete sich gegen den Baron.
Hatte er die Situation falsch gedeutet? Wäre es möglich, dass Madeline wütend auf ihn gewesen war, weil er ihren Liebhaber zum Duell forderte?
Rayne fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Er hatte Madeline vertraut, weil sie die Tochter ihres Vaters war, aber er kannte sie eigentlich gar nicht. War er zu leichtgläubig gewesen, als er sie beim Wort nahm, was ihre Lage betraf?
Etwas stimmte nicht, das spürte er. Und für einen Moment hatte Madeline ausgesehen, als fühlte sie sich … schuldig .
Rayne fluchte leise. Dasselbe hatte er schon einmal erlebt: eine Frau, die Geheimnisse vor ihm hatte. Und nun schrie es buchstäblich in ihm, dass sich die Geschichte wiederholen würde.
Fragen über Fragen gingen ihm durch den Kopf,
deren vorrangigste lautete: War Madelines Beziehung zum Baron eine andere als Madeline behauptete?
Rayne hatte sie unbedingt vor dem Wüstling schützen wollen, aber vielleicht brauchte oder wollte sie überhaupt keinen Schutz.
Im Garten vorhin könnte Madeline den Baron willentlich umarmt haben. Und ihr erstickter Schrei, als der Mann ihre Brust umfasste, könnte ein Wonnestöhnen gewesen sein. Manche Damen mochten es, grob behandelt zu werden.
Raynes Gesichtsmuskeln spannten sich an. Gewiss reagierte er übertrieben. Die eine bittere Erfahrung, die er mit einer Frau gemacht hatte, war kein Grund, Madeline zu misstrauen.
Dennoch verheimlichte sie ihm etwas, dessen war er sicher. Und es war nicht gänzlich ausgeschlossen, dass sie geheime Briefe an ihren Liebhaber schrieb. Genau wie damals, als die betrügerische Frau, die du liebtest, ihr Herz längst einem anderen geschenkt hatte.
Er durfte Madeline nicht voreilig unterstellen, so verschlagen wie Camille Juzet zu sein. Wie Freddie erzählt hatte, beabsichtigte Madeline, die Belohnung an ihren Bruder Gerard zu schicken, weil er das Geld nötiger hätte als sie. Camille hatte Hilfe gesucht, um ihrem Bruder und anderen Familienmitgliedern bei der Flucht vor den Behörden zu helfen; doch weiter reichten die Ähnlichkeiten zwischen den beiden Frauen nicht.
Nein, er würde keine vorschnellen Schlüsse ziehen, entschied Rayne.
Und solange er nichts Näheres wusste, würde er nicht zulassen, dass die Zärtlichkeit, die er für Madeline zu empfinden begann, zerstört wurde. Vor allem aber würde er Ackerby eine Lektion in Ehre und Benehmen erteilen, die dieser so bald nicht vergaß.
Den Unterricht über Ruhe und Gelassenheit vorzutäuschen, war Madeline annähernd unmöglich gewesen. Ihre Angst wegen des bevorstehenden Duells war schlicht übermächtig. Sowie sie die Akademie verlassen durfte, fuhr sie in
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