Gezeiten der Begierde - Jordan, N: Gezeiten der Begierde - To tame a dangerous lord/Courtship-Wars 5
entgegnete Madeline.
»Vielleicht nicht. Aber, bitte, lenken Sie mich nicht weiter ab, wenn Sie wollen, dass wir London in einem Stück erreichen.«
Sie ersparte sich den Hinweis, dass es Freddie war, der unentwegt redete, seit er sie in Danvers Hall abholte.
Der Nebel hatte sich endlich ein wenig aufgeklart, als Freddie seine beiden Grauen am Rande einer Wiese zum Stehen brachte.
Sorgenvoll blickte Madeline durch den Nieselregen. Es war eben hell genug, dass sie die Kutschen erkannte, die vor ihnen angekommen waren, und die Gruppe Herren, die in der Mitte der Wiese zusammenstanden.
»Hatten Sie nicht gesagt, sie fangen erst an, wenn es richtig hell ist?«, rief sie verzweifelt aus.
Ohne abzuwarten, bis Freddie ihr antwortete oder beim Aussteigen half, sprang sie aus dem Wagen und
lief über die Wiese. Ihre Rocksäume wurden sofort vom hohen Gras durchnässt, was sie verlangsamte.
Wie sie erwartete, wurde ihr Erscheinen mit eisernem Schweigen quittiert. Madeline wusste, dass sie mit ihrem dunklen Umhang, dem schwarzen Hut und gleichfarbigen Schleier wie eine trauernde Witwe aussah, aber Rayne erkannte sie, seiner finsteren Miene nach zu urteilen, sofort – wie auch Lord Ackerby.
Ehe die beiden etwas sagen konnten, sprach Madeline. »Guten Morgen, Gentlemen. Ich fürchte, Sie sind vergebens frühzeitig aufgestanden, denn ich muss darauf bestehen, dass dieses ungesetzliche Vorhaben augenblicklich abgesagt wird.«
Die Herren hatten zwei Kisten mit meisterlich gefertigten Pistolen inspiziert. Gleich neben Rayne stand ein drahtiger, strenggesichtiger Mann in schlichter schwarzer Kleidung, von dem Madeline vermutete, dass er Raynes Sekundant war, während der äußerst vornehm gewandte ältere Gentleman neben Ackerby für den Baron hier sein dürfte.
Raynes Lippen wurden zu zwei schmalen Linien, wohingegen sein Sekundant in unverhohlener Neugier und fraglos amüsiert die Brauen hochzog.
Madeline fand nichts amüsant daran, dass erwachsene Männer aufeinander schießen wollten, und sie war fest entschlossen, es zu unterbinden, selbst wenn sie sich in die Schusslinie der Duellierenden stellen musste.
Aber als Erstes musste sie mit Rayne sprechen, der alles andere als glücklich schien, sie zu sehen.
»Was zum Teufel tun Sie hier?«, fragte er mürrisch. »Sie wissen, dass Sie hier nichts verloren haben.«
»Dem möchte ich widersprechen«, sagte Madeline angestrengt ruhig. »Die beiden Herren streiten meinetwegen,
und da würde ich meinen, dass mir ein gewisses Mitspracherecht zukommt.«
»Ihnen kommt nicht das geringste Mitspracherecht zu«, konterte Rayne in einem Tonfall, den sie noch nie zuvor bei ihm gehört hatte.
»Und ob es das tut«, erwiderte sie. »Ich wünsche nicht, die Ursache eines Skandals zu sein. Sollten Sie sich gegenseitig töten, wird zwangsläufig bekanntwerden, dass es bei Ihrem Duell um mich ging, und mein guter Name wäre auf immer ruiniert. Das erlaube ich nicht.«
Rayne blickte an ihr vorbei zu Freddie, der sehr viel langsamer über die Wiese gestakst war und nun mit gesenktem Haupt hinter ihr stand. »Lunsford, bring sie sofort hier weg, wenn ich bitten darf.«
»Sie dürfen nicht , Lord Haviland«, antwortete Madeline für Freddie. »Und ich gehe nicht, bis Sie diese lächerliche Herausforderung beenden!« Sie stellte sich zwischen die beiden Duellanten. »Ich warne Sie, falls Sie dieses unsägliche Schauspiel fortsetzen, werden Sie durch mich hindurchschießen müssen.«
Raynes Züge verhärteten sich noch mehr, was Madeline gar nicht für möglich gehalten hätte. »Ich lasse Sie notfalls auch mit Gewalt entfernen, meine Liebe.«
»Versuchen Sie es.« Sie zog ihre eigene geladene Pistole aus dem Beutel, den sie am Handgelenk trug. »Ihre Diener werden mich nicht herausfordern wollen, Mylord.« Sie schwenkte die Pistole übers Feld. »Nur zu, schreiten Sie die Distanz ab, meine Herren. Ich verspreche Ihnen, ich werde den Ersten von Ihnen erschießen, der feuert.«
Das nun eintretende Schweigen war ohrenbetäubend. Zweifellos überlegten sie, ob sie ihr glauben sollten oder nicht.
Ein wenig hoffnungsvoller wandte Madeline sich
an den Baron. »Sie und ich wissen, Lord Ackerby, dass der gestrige Zwist auf ein simples Missverständnis gründete. Ich bin gewiss, dass Sie nicht ganz so … innig werden wollten. Aber nachdem Sie Zeit hatten, alles in Ruhe zu bedenken, frage ich mich, ob Sie nicht doch bereit wären, sich bei Haviland so zu entschuldigen, wie er es
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