Gezeiten der Liebe
Lichtschein unter der Tür gesehen hatte.
Er grübelt, dachte sie und schüttelte ungeduldig den Kopf. Und wenn er nicht grübelte, war er auf Streit aus.
Am Wochenende hatte sie praktisch verhindert, daß Blut floß, als sie unvermutet in der Bootswerkstatt aufgetaucht war. Die drei Brüder hatten sich drohend voreinander aufgebaut, und Seth sah ihnen mit lebhaftem Interesse zu.
Was dazu geführt hatte, blieb ein Geheimnis, da sie auf die gleiche männliche Mauer des Schweigens stieß. Zum Dank für ihre Bemühungen erntete sie nur Achselzucken und höhnische Bemerkungen.
Nun, das würde aufhören, entschied sie, und attackierte heftig eine Sternmiere. Frauen wußten, wie man sich mitteilte und über Gefühle sprach. Und wenn sie Grace Monroe dazu eines mit ihrem Spaten Über den Schädel geben müßte – sie würde sich mitteilen und auch über ihre Gefühle reden.
Als sie Grace, Wagen schließlich vorfahren hörte, freute sie sich. Anna schob ihren Hut zurück, richtete sich auf und lächelte ihr zur Begrüßung zu. »Na, hallo.«
»Hallo, Anna. Ich dachte, du müßtest heute arbeiten.«
»Ich hab’ mir den Tag freigenommen, um mal mental auszuspannen.« O ja, auch hier Kummer, dachte sie. Und nicht mal so gut verhüllt wie bei Ethan. »Du hast Aubrey gar nicht mitgebracht?«
»Nein. Meine Mutter wollte sie heute um sich haben.« Grace fuhr mit der Hand Über den Riemen ihrer großen Schultertasche. »Na, dann fange ich mal gleich an und lasse dich weiter im Garten arbeiten.«
»Ich suche schon lange nach einem Vorwand, um eine
Pause einzulegen. Wie wär’s, wenn wir uns kurz auf die Veranda setzen?«
»Ich sollte erst die Wäsche in die Waschmaschine stecken.«
»Grace.« Sanft legte Anna die Hand auf ihren Arm. »Setz dich. Rede mit mir. Ich betrachte uns als Freundinnen. Hoffentlich siehst du das genauso.«
»Das tue ich.« Grace’ Stimme schwankte. Sie mußte mehrmals tief durchatmen, um sich beruhigen. »Das sehe ich ganz genauso, Anna.«
»Dann setzen wir uns. Sag mir, was passiert ist, warum Ethan und du so unglücklich seid.«
»Ich weiß nicht, ob ich es kann.« Aber sie war müde, todmüde, deshalb ließ sie sich auf den Stufen nieder. »Ich hab’ einfach alles kaputtgemacht.«
»Wie denn?«
Sie hatte geweint, bis sie keine Tränen mehr hatte, dachte Grace. Nicht, daß es etwas geholfen hätte. Vielleicht würde es ja helfen, alles mit einer anderen Frau durchzusprechen, einer Frau, der sie sich allmählich sehr nahe fühlte. »Ich habe geträumt«, begann sie. »Ich habe Pläne gemacht. Er hat Blumen für mich gepflückt«, sagte sie und hob in einer hilflosen Geste die Hände.
»Blumen gepflückt?« Annas Augen wurden schmal. Kaninchen, von wegen, dachte sie, schob es jedoch zu späterer Verwendung beiseite.
»Und er hat mich zum Essen ausgeführt. Kerzen und Wein. Ich dachte, er würde mich bitten, seine Frau zu werden. Ethan geht doch immer planmäßig Schritt für Schritt vor, und ich war der Meinung, er steuere darauf zu, mir einen Antrag zu machen.«
»Natürlich. Ihr liebt einander. Er vergöttert Aubrey, und sie vergöttert ihn. Ihr seit beide Nestbauer. Warum solltest du es nicht annehmen?«
Grace starrte sie kurz an, dann seufzte sie. »Ich kann dir
gar nicht sagen, was es für mich bedeutet, daß du das sagst. Ich kam mir so unglaublich dumm vor.«
»Na, dann vergiß das schleunigst. Du bist nicht dumm. Ich auch nicht, und ich habe dasselbe gedacht.«
»Wir haben uns beide geirrt. Er hat mich nicht gefragt. Aber er hat mich in jener Nacht geliebt, Anna. So zärtlich. Ich hätte nie gedacht, daß mal jemand soviel für mich empfinden könnte. Später dann hatte er einen Alptraum.«
»Einen Alptraum?«
»Ja.« Und jetzt verstand sie. »Er war schlimm, sehr schlimm, aber er spielte es herunter. Er sagte, ich solle mir keine Sorgen machen und ließ das Thema einfach fallen. Also dachte ich nicht mehr darüber nach. Damals.« Nachdenklich rieb sie an einem kleinen Bluterguß an ihrem Oberschenkel, den sie sich zugezogen hatte, als sie im Shiney’s gegen einen Tisch gestoßen war.
»Am nächsten Tag kam ich zu dem Schluß, daß ich, wenn ich warten wollte, bis Ethan aktiv würde, an meinem Hochzeitstag schlohweißes Haar hätte. Ethan ist nicht unbedingt von der schnellen Truppe.«
»Nein, das ist er nicht. Er hat sein eigenes Tempo, und das ist gut so. Aber hin und wieder kann er wahrlich einen kleinen Schubs gebrauchen.«
»Ja, nicht wahr?« Sie konnte ein
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