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Gezeiten der Liebe

Gezeiten der Liebe

Titel: Gezeiten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Roberts
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war das Personal im Shiney’s Pub pausenlos auf Trab – und sie natürlich erst recht.
    Sie brachte das Tablett mit den leeren Gläsern und vollen Aschenbechern zur Bar und räumte es mit routinierten
Handgriffen leer, während sie dem Barkeeper ihre Bestellung zurief. »Zwei Weiße, zwei Bier, ein Gin Tonic, ein Mineralwasser!«
    Es war eine Kunst, sich bei dem Lärm der Gäste und dem Gedudel, das hier unter ›Musik‹ firmierte, Gehör zu verschaffen  – das Produkt einer dreiköpfigen Band, die Shiney erst kürzlich engagiert hatte. Die musikalischen Darbietungen des Pubs ließen meist zu wünschen übrig, weil Shiney viel zu geizig war, um das nötige Geld für anständige Musiker herauszurücken, aber die Kundschaft schien sich nicht daran zu stören.
    Auf der winzigen Tanzfläche drängten sich die Tanzwilligen, was die Band leider als Aufforderung verstand, die Lautstärke aufzudrehen.
    Grace’ Kopf vibrierte wie eine Stahlglocke; ihr Rücken pochte schmerzhaft im Rhythmus der Bässe.
    Als die bestellten Getränke kamen, balancierte sie das Tablett durch die engen Korridore zwischen den Tischen und hoffte, daß die Clique junger Touristen in den schicken Klamotten ein einigermaßen anständiges Trinkgeld geben würde.
    Sie servierte lächelnd, nickte einer anderen Runde zu, die um die Rechnung bat, und folgte dem Ruf an einen dritten Tisch.
    Bis zur Pause mußte sie noch zehn Minuten ausharren – es hätten ebensogut zehn Jahre sein können.
    »Hey, hallo, Gracie.«
    »Curtis, Bobbie – wie geht’s?« In ferner Vergangenheit war sie mit den beiden zusammen zur Schule gegangen. Jetzt arbeiteten die Männer als Packer in der Fabrik ihres Vaters. »Das Übliche?«
    »Ja, zwei vom Faß.« Curtis gab Grace wie gewohnt einen flüchtigen Klaps auf ihren mit einer lächerlich großen Schleife ausstaffierten Po. Sie hatte gelernt, es sich nicht zu Herzen zu nehmen. Curtis war harmlos, die Geste eher
als eine Art Sympathiebezeugung gedacht. Bei einigen der Fremden, die ins Lokal kamen, sah es da schon anders aus. »Wie geht’s denn deiner herzigen Kleinen?«
    Grace lächelte. Noch ein Grund, warum sie sein Getätschel tolerierte – er erkundigte sich immer nach Aubrey. »Sie wird mit jedem Tag hübscher.« An einem Tisch in der Nähe gab jemand ein Handzeichen. »Euer Bier kommt gleich.«
    Sie trug gerade ein mit Gläsern und Knabberzeug beladenes Tablett vor sich her, als Ethan in der Tür erschien. Vor Schreck hätte sie beinahe alles fallen lassen. Samstagabends kam er sonst nie in den Pub. Manchmal trank er unter der Woche in aller Ruhe ein Bier an der Bar, aber nie, wenn das Lokal überfüllt war und laute Musik spielte.
    Oberflächlich betrachtet unterschied er sich wenig von den anderen männlichen Gästen. Die Jeans war verwaschen, aber sauber, ein schlichtes weißes T-Shirt steckte im Hosenbund, und dazu trug er alte, verkratzte Arbeitsstiefel. Aber in seiner Wirkung auf Grace war er unvergleichlich  – in ihren Augen war er anders als alle anderen Männer der Welt.
    Vielleicht lag es an seinem schlanken, geschmeidigen Körper, an den tänzerischen Bewegungen, mit denen er sich einen Weg durch das Gedränge bahnte. Mit einer natürlichen Anmut, die man nicht erlernen kann, dachte Grace – und doch war er ausgesprochen männlich. Es sah immer so aus, als schreite er über das Deck eines Schiffes unter vollen Segeln.
    Oder lag es an seinem markanten, gebräunten Gesicht, das man beinahe als hübsch bezeichnen konnte? oder an seinen stets nachdenklich und ernst blickenden Augen, die seinem Lächeln zu widersprechen schienen?
    Sie servierte die Getränke, kassierte und nahm neue Bestellungen entgegen. Dabei beobachtete sie aus den Augenwinkeln, wie er sich in eine Lücke an der Bar zwängte.
    Ihre so heißersehnte Pause war schlagartig vergessen.
    »Drei Bier, einen Wodka mit Eis.« Unwillkürlich strich sie über ihren Pony und lächelte ihn an. »Hallo, Ethan.«
    »Voll heute abend.«
    »Es ist Samstag, und wir haben Sommer. Willst du einen Tisch?«
    »Nein, hier bin ich bestens aufgehoben.«
    Der Barkeeper war noch mit einer anderen Bestellung beschäftigt, so daß ihr eine kleine Verschnaufpause vergönnt war. »Steve hat gerade alle Hände voll zu tun, aber er ist bestimmt gleich bei dir.«
    »Ich hab’s nicht eilig.« Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, nicht darauf zu achten, wie reizvoll sie in dem superkurzen Minirock aussah, mit ihren schier endlos langen Beinen in den schwarzen

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