Gezeiten der Liebe
dann fiel ihm irgend etwas auf, in der Art, wie Ethan sich seiner Tochter zuneigte und wie sie daraufhin den Kopf hob.
Pete trat von einem Fuß auf den anderen und wandte finster den Blick ab. »Ein Paar«, murmelte er und wußte nicht, was er davon halten sollte. Er steckte die Nase nicht in die Angelegenheiten seiner Tochter, rief er sich in Erinnerung. Sie ging schon seit langem eigene Wege.
Düster blickte er in die Sonne, als er daran erinnerte, wie sie als kleines Mädchen den Kopf an seine Schulter gelegt hatte, so wie Aubrey es jetzt gerade bei Ethan tat.
Wenn sie noch klein waren, dachte er, vertrauten sie einem, schauten zu einem auf und glaubten alles, was man ihnen sagte, selbst wenn man behauptete, daß es donnerte, weil die Engel in die Hände klatschten.
Wurden sie dann größer, wandten sie sich von einem ab. Und wünschten sich völlig unvernünftige Dinge. Zum Beispiel Geld, um in New York City zu leben, und deinen Segen, um irgendeinen hergelaufenen Mistkerl zu heiraten, der ihnen nicht das Wasser reichen konnte.
Sie dachten nicht mehr daran, daß du der Mann warst, der auf alles eine Antwort wußte, und brachen dir kaltblütig das Herz. Also mußtest du es so gut es ging wieder zusammenflicken und ein Vorhängeschloß anbringen, damit es kein zweites Mal geschehen konnte.
»Ethan ist genau das, was Grace braucht«, sagte Carol leise nur für den Fall, daß einer der komischen Käuze, die dachten, mit einem Hufeisen nach einem Metallpflock zu werfen sei eine sinnvolle Beschäftigung, scharfe Ohren hatte. »Er ist verläßlich und rücksichtsvoll. Ein Mann, an den sie sich anlehnen kann.«
»Wird sie nicht.«
»Was?«
»Sie wird sich an niemanden anlehnen. Sie ist viel zu dummstolz, das war sie immer schon.«
Carol seufzte nur. Wenn dies zutraf, so hatte sie diesen halsstarrigen Stolz allerdings in Gänze von ihrem Vater geerbt. »Du hast nicht einmal versucht, ihr auf halbem Wege entgegenzukommen.«
»Fang nicht wieder damit an, Carol. Ich habe nichts dazu zu sagen.« Er entfernte sich von ihr und verdrängte die Gewissensbisse, die in ihm aufstiegen, weil er ganz genau wußte, daß diese Geste sie kränken würde. »Ich brauche ein Bier«, murmelte er und marschierte davon.
Phillip Quinn und ein paar andere Männer standen rings um das Faß. Belustigt sah Pete, daß Phillip mit Celia, dem Mädchen der Barrows, flirtete. Das konnte er dem Jungen nicht verdenken sie war gebaut wie ein Playmate und hatte keinerlei Scheu, ihre Reize auch herzuzeigen. So etwas fiel einem Mann immer auf, auch wenn er alt genug war, um ihr Vater zu sein.
»Soll ich ein Glas für Sie zapfen, Mr. Monroe?«
»Danke.« Pete wies mit dem Kopf auf die Gäste im Garten. »Hier ist heute ordentlich was los, Phillip. Tolles Essen. Ich weiß noch, wie eure Eltern fast jedes Jahr im Sommer ein Picknick gaben. Schön, daß ihr diese Tradition fortsetzt.«
»Anna ist auf die Idee gekommen«, sagte Phillip, während er Pete ein schäumendes Bier in einem großen Plastikbecher reichte.
»Frauen haben immer mehr Ideen als Männer. Für den Fall, daß ich keine Gelegenheit dazu haben sollte, richten Sie ihr bitte aus, daß ich mich über die Einladung sehr gefreut habe. In etwa einer Stunde muß ich zum Hafen, um den Startschuß für das Feuerwerk zu geben.«
»Das haben Sie schon immer sehr gut gemacht. Das beste Feuerwerk an der ganzen Küste.«
»Tradition«, sagte Pete nur. Ein Wort, das ihm sehr wichtig war.
Carol Monroe hatte nicht als einzige bemerkt, wie Ethan und Grace zusammen devongeschlendert waren. Bei Kartoffelsalat und gedünsteten Krabben wurden Spekulationen und zweideutige Blicke ausgetauscht.
Mutter Crawford fuchtelte mit der Gabel vor ihrer guten Freundin Lucy Wilson herum. »Wenn du mich fragst, muß Grace sich ganz schön ranhalten, wenn Ethan Quinn ihr einen Heiratsantrag machen soll, bevor die Kleine alt genug ist, um aufs College zu gehen. Ich hab’ noch nie einen so zögerlichen Mann gesehen.«
»Er denkt eben viel nach«, wandte Lucy loyal ein.
»Das bestreite ich ja gar nicht. Ich sage nur, daß er zögerlich ist. Ich hab sie einander anschmachten sehen, noch bevor der Junge seinen eigenen Kutter hatte. Das muß fast zehn Jahre her sein. Stella – Gott hab sie selig – und ich haben uns ein paarmal darüber unterhalten.«
Lucy seufzte in ihren Obstsalat, und das nicht nur, weil sie auf die Kalorien achten mußte. »Stella kannte ihre Jungs in – und auswendig.«
»O ja, so
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