Gezeiten der Liebe
kleiner Schock. Sein Herz machte einen solchen Satz, daß er glaubte, es müsse ihm aus dem Mund direkt in ihre Hände springen.
Er bewegte sich schnell und leise, so daß sie zusammenzuckte, als er die Arme um sie schlang und sie auf den Kopf küßte.
»Ich sagte doch, du sollst wieder einschlafen.«
Mit geschlossenen Augen lehnte sie sich an ihn und überließ sich dem Zauber seiner Umarmung. »Ich wollte Frühstück für dich machen.«
»Das sollst du doch nicht tun.« Er drehte sie zu sich um. »so etwas verlange ich nicht von dir. Du mußt deine spärliche Freizeit nutzen.«
»Ich wollte es aber tun.« Sein Haar tropfte, seine Brust glänzte feucht. Die Lust, die sie plötzlich durchfuhr, war erschreckend – erschreckend köstlich. »Heute ist ein besonderer Tag.«
»Dann vielen Dank.« Er beugte sich hinunter, um ihr noch einen letzten kurzen Kuß zu geben. Doch der Kuß zog sich in die Länge, bis sie sich auf die Zehenspitzen stellte und sich sehnsüchtig an ihn drängte.
Mit Mühe löste er sich von ihr und kämpfte das wilde
Verlangen nieder, ihr den Bademantel auszuziehen und sie hier und jetzt zu nehmen. »Der Schinken brennt an«, murmelte er und hauchte diesmal nur einen keuschen Kuß auf ihre Stirn. »Ich ziehe mich mal lieber an.«
Sie ließ von ihm ab und wendete den Schinken in der Pfanne, um ihm Zeit zu geben, sich zu fangen und die Küche zu verlassen. Anna hatte recht, dachte sie, ich habe tatsächlich Macht über ihn.
»Ethan?«
»Ja?«
»In mir hat sich so wahnsinnig viel Verlangen nach dir aufgestaut.« Lächelnd blickte sie über ihre Schulter. »Hoffentlich stört es dich nicht.«
Alles Blut wich aus seinem Kopf. Sie flirtete nicht nur, sie provozierte ihn geradezu. Selbstbewußt, siegesgewiß. Er ächzte nur, bevor er den Rückzug ins Schlafzimmer antrat. Mehr brachte er nicht zustande.
Ethan begehrte sie! Grace tanzte durch die Küche, drehte sich, wirbelte herum. In der vergangenen Nacht hatten sie sich dreimal geliebt, drei mal ein traumhaftes Erlebnis. Sie hatten eng umschlungen geschlafen. Und er begehrte sie noch immer.
Es war der schönste Morgen ihres Lebens.
Es regnete den ganzen Tag über, und in dem rauhen Seegang hatte Ethan alle Hände voll damit zu tun, das Boot auf Kurs zu halten. Nur gut, daß er dem Jungen nicht erlaubt hatte, sich ihnen anzuschließen. Jim und er hatten schon unter schlimmeren Bedingungen gearbeitet, aber Seth hätte wohl den größten Teil des Tages damit zugebracht, über der Reling zu hängen.
Doch auch das miese Wetter konnte ihm die Stimmung nicht verderben. Er pfiff vor sich hin, obgleich der Regen ihm ins Gesicht klatschte und das Boot unter ihnen bockte wie ein ungestümer Rodeohengst.
Jim beäugte ihn mehrmals von der Seite. Er arbeitete lange genug mit Ethan zusammen, um zu wissen, daß der Capt’n ein netter, gutmütiger Kerl war. Ein oberflächlicher Narr war er jedenfalls nicht. In sich hineinlächelnd, zog er die nächste Falle hoch. Sah so aus, als hätte er sich gestern nacht im Bett die Zeit mit angenehmen Dinge vertrieben. Wozu bestimmt nicht gehört hatte, ein Buch zu lesen.
Wurde ja auch allmählich Zeit, Jims Meinung nach. Ethan Quinn war jetzt wohl dreißig Jahre alt. In diesem Alter sollte ein Mann seßhaft werden, Frau und Kinder haben. Für einen Fischer war es wichtig, daß zu Hause eine heiße Mahlzeit und ein angewärmtes Bett auf ihn wartete. Eine Ehefrau half einem durch schwere Zeiten, gab einem ein Ziel und Ermunterung, wenn die Bucht verrückt spielte. Was weiß Gott oft genug vorkam.
Wer mochte die Frau sein? Nicht, daß er gern die Nase in anderer Leute Angelegenheiten steckte. Er kümmerte sich um seine eigenen Kram und erwartete von seinen Nachbarn, daß sie es ebenso hielten. Aber ein kleines bißchen neugierig durfte man schon sein.
Er überlegte gerade, wie er das Thema anschneiden sollte, als ein noch zu kleines Krabbenweibchen ein winziges Loch in seinem Handschuh aufspürte und zuschnappte, bevor er es wieder ins Wasser werfen konnte.
»Hat sie dich erwischt?«
»Ja.« Jim beobachtete, wie sie in den Wellen landete. »Warte, wir sprechen uns noch, und zwar bevor die Saison vorbei ist.«
»Sieht so aus, als wären neue Handschuhe angesagt, Jim.«
»Meine Frau besorgt mir heute welche.« Er legte die tiefgefrorenen Maifische, die sie als Köder benutzten, in die Falle. »Ist ’ne große Hilfe, eine Frau zu haben, die einem dies und jenes abnimmt.«
»Mhm.« Mit einer Hand
Weitere Kostenlose Bücher