Gezeiten der Sehnsucht - Feehan, C: Gezeiten der Sehnsucht - Dangerous Tides (4 - Libby)
der Hand liegt. Du wolltest mir gerade erzählen, wie Jonas mit deiner Familie zusammenhängt.« Er hatte einige schlechte Nächte hinter sich, in denen er wach gelegen und sich an den Ausdruck auf Jonas Harringtons Gesicht erinnert hatte, als er Libby im Krankenhaus zusammengebrochen und blutend auf dem Fußboden vorgefunden hatte. Ty war es immer noch nicht gelungen, das Bild aus seiner Erinnerung zu löschen, wie Jonas Libby durch den Flur des Krankenhauses getragen hatte.
Libby zuckte die Achseln. »Jonas gehört zur Familie, ob er nun blutsverwandt mit uns ist oder nicht. Er wird immer zur Familie gehören. Ich glaube, am liebsten würde er uns verstoßen, aber das kann er nicht. Er kommt nicht von uns los, und wir bringen ihn um den Verstand.«
Das konnte er sich vorstellen. Jonas stand auf der Seite des Gesetzes. Da es sich bei der Familie um ausgemachte Scharlatane handelte, musste der Mann zwangsläufig in einer schwierigen
Position sein, wenn er versuchte, sie zu beschützen. Ty wollte nicht an Libbys Familie denken, sondern nur an dieses faszinierende Lächeln, mit dem sie ihn bedacht hatte. Er nahm ihre Hand. So albern es auch klingen mochte, aber er hielt sie gern an der Hand. »Lass uns sehen, wie wir dich wieder ins Haus bugsieren. Glaubst du, du schaffst den Aufstieg?«
»Mir fehlt nichts«, sagte Libby. Dass sie schon seit Tagen Kopfschmerzen hatte, ging Ty nichts an. Sie entzog ihm ihre Hand nicht, sondern nahm überdeutlich wahr, dass die Kuppe seines Daumens über ihre Haut strich und mit diesen Bewegungen ein zartes Flattern in ihrem Bauch auslöste. Dieses Flattern hatte noch nie zuvor jemand bei ihr ausgelöst. »Die Treppe hinauf schaffe ich es mit Sicherheit.«
Ty hielt ihre Hand fest und machte sich mit ihr an den Aufstieg. Die Stufen waren vor hundert Jahren in den Fels gehauen worden, und jede Generation hatte etwas dazu beigetragen, den Aufstieg zu erleichtern. Ab einer bestimmten Höhe war auf einer Seite des Weges ein Geländer angebracht. Tyson ließ Libby um ihrer Sicherheit willen dicht am Geländer gehen. »Ich bin froh, dass dir nichts fehlt, denn es würde mir gar nicht gefallen, wenn du dieses kleine Missgeschick als Vorwand benutzen würdest, um unsere Verabredung abzusagen.«
»Verabredung?« Ihre Stimme klang schrill. »Wir haben keine Verabredung miteinander.«
»Oh doch, wir haben sehr wohl ein Rendezvous vereinbart.«
Libby schüttelte entschieden den Kopf. »Ich verabrede mich nicht mit Männern.«
»Aber mit mir wirst du ausgehen. Ich habe dich um ein Rendezvous gebeten, und du hast ja gesagt. Willst du jetzt etwa einen Rückzieher machen?«, fragte er herausfordernd. »Ich weiß, dass ich dir gefalle.«
Libby sah ihn voller Entsetzen an. Fast hätte er laut losgelacht. »Das stimmt überhaupt nicht. Wie kommst du bloß auf den Gedanken?«
»Du hast mich selbst darauf gebracht. Du hast es mir gesagt, als ich dich eingeladen habe, mit mir auszugehen.« Er legte den Kopf zur Seite, musterte ihr Gesicht und sah ihr direkt in die Augen. »Komm schon, Drake. Im Krankenhaus. Du wirst doch jetzt nicht etwa so tun wollen, als hättest du nicht gesagt, du wolltest mit mir ausgehen.«
»Was habe ich sonst noch gesagt?« In ihrer Stimme lag blanker Argwohn.
»Dass ich brillant bin. Und das entspricht den Tatsachen.«
»Ich finde das überhaupt nicht komisch, Ty. Dieses Gespräch hat nie stattgefunden. Ich gehe nicht mit Männern aus.«
»Doch, das tust du. Du bist mit diesem idiotischen Arzt vom C.D.C. ausgegangen. Du erinnerst dich doch bestimmt noch an ihn. Er hatte ein Toupet.«
»Hatte er nicht. Es war sein eigenes Haar. Und ein Idiot war er auch nicht.« Sie kniff die Augen zusammen und sah ihn wütend an. »Woher weißt du überhaupt, dass ich mit ihm ausgegangen bin?«
»Von Sam. Er ist ein unerschöpflicher Informationsquell. Oder hast du vergessen, dass er dir erzählt hat, ich äße Crackerjacks? Und der Arzt vom C.D.C. war ein ausgemachter Idiot. Ich habe mich nur ein einziges Mal mit ihm unterhalten, und das hat genügt, um mir zu sagen, dass er seinen Posten durch familiäre Beziehungen oder politische Verbindungen bekommen hat.«
Libby seufzte. »Ich gehe so gut wie nie mit jemandem aus. Und mit diesem Arzt bin ich nur ein einziges Mal essen gegangen. «
»Weil er ein Idiot war«, beharrte Ty. »Na los, Drake, sag die Wahrheit. Er war ein Langweiler, er hat nur über sich selbst geredet, und er hatte keinen Funken Verstand.«
»Wie du meinst.
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