Gezinkt
einfach, indem er den Mann glauben machte, dass Trotter ihn töten wolle – und so gewährleistete, dass York lange, lange Zeit in Elend und Verfolgungswahn verbrachte und darauf wartete, dass es endlich passierte: Dass sein Wagen explodierte, seine Benzinleitung leckte oder ein Schuss die Fenster seines Schlafzimmers zerspringen ließ.
War das nur ein Magenkrampf – oder das erste Symptom einer Arsenvergiftung?
Und welche Kränkung hatte Ray nun in einen Racheengel verwandelt?
Ich weiß nicht, was ich Ihnen getan habe. Sagen Sie es mir, sagen Sie es ...
Zu Rays Erstaunen und Erheiterung hatte York tatsächlich am Nachmittag bei Miguel’s genau die betreffende Verfehlung erwähnt.
Ray dachte nun an jenen Herbsttag vor zwei Jahren zurück. Seine Tochter Celeste war mit bekümmerter Miene von ihrem Nachmittagsjob zurückgekehrt.
»Was ist los?«, hatte er gefragt.
Die Sechzehnjährige hatte nicht geantwortet, sondern war sofort auf ihr Zimmer gegangen und hatte die Tür abgeschlossen. Es war die Zeit kurz nach dem Tod ihrer Mutter gewesen; gelegentliche Launenhaftigkeit war nichts Ungewöhnliches. Ray hatte jedoch hartnäckig nachgebohrt, und sie hatte ihm erzählt, warum sie so aus dem Häuschen war: Es war ein Zwischenfall während ihrer Schicht bei McDonald’s gewesen.
Celeste gestand, dass sie versehentlich zwei Bestellungen durcheinander gebracht und einem Mann statt eines Big Macs ein Chicken Sandwich gegeben hatte. Er war gegangen, ohne den Irrtum zu bemerken, aber nach fünf Minuten wiedergekommen und an die Theke marschiert. Er hatte das schwergewichtige Mädchen von Kopf bis Fuß gemustert und es angefahren: »Du bist also nicht nur ein fettes Schwein, sondern auch noch dumm. Ich will den Manager sprechen. Sofort!«
Celeste hatte sich bemüht, gelassen zu bleiben, aber als sie die Geschichte ihrem Vater erzählte, war ihr eine einzelne Träne über die Wange gelaufen. Ray hatte der Anblick das Herz gebrochen. Am nächsten Tag hatte er von dem Manager die Identität des Mannes erfahren und sich den Namen Stephen York fest eingeprägt.
Eine einzelne Träne …
Manche Leute hätten vielleicht keinen weiteren Gedanken daran verschwendet, aber da es die Träne seiner Tochter gewesen war, beschloss Ray Trotter, es sei Zeit für Vergeltung.
Er hörte nun, wie das Wasser zu laufen aufhörte, und nahm einen Duft von Parfum aus dem Badezimmer wahr. Nancy kam ins Bett und legte den Kopf an seine Brust.
»Du wirkst glücklich heute Abend«, sagte sie.
»Ja?«
»Ja. Als ich vorhin vorbeigegangen bin, hast du an die Decke gesehen und... wie soll ich sagen... zufrieden ausgesehen.«
Er überlegte. »Ja, das trifft es.« Ray löschte das Licht, legte den Arm um seine Frau und zog sie näher zu sich.
»Ich bin froh, dass du in meinem Leben bist«, flüsterte sie.
»Ich auch«, erwiderte er.
Dann streckte sich Ron aus und dachte über seine nächsten Schritte nach.
Er würde York wahrscheinlich ein, zwei Monate in Ruhe lassen. Dann, wenn sich der Geschäftsmann allmählich wohler fühlte, würde er wieder loslegen.
Was sollte er als Nächstes tun? Vielleicht ein leeres Arzneifläschchen neben Yorks Wagen und dazu ein bisschen harmloses Botox an den Türgriff. Ja, das hatte was. Er würde überprüfen müssen, ob eine Spur des Kosmetikmittels einen positiven Befund auf Botulismusbakterien ergäbe.
Nun, da er die Polizei davon überzeugt hatte, dass er unschuldig und York paranoid war, konnte der Geschäftsmann so oft Feurio schreien, wie er wollte, die Detectives würden ihm nicht mehr zuhören.
Das ganze Spielfeld lag offen vor ihm …
Vielleicht konnte er Yorks Frau mit einbeziehen. Sie wäre sicherlich eine bereitwillige Bundesgenossin. Bei seiner Überwachung hatte Ray gesehen, wie schlecht der Mann sie behandelte. Er hatte einmal mit angehört, wie York einen Wutanfall bekam, als sie ihm zusetzte, er solle ihr erlauben, sich am College der Stadt einzuschreiben, wo sie ihren Abschluss nachholen wollte. Er hatte sie angebrüllt, als wäre sie eine Teenagerin. Carole war gerade verreist – vermutlich mit diesem Englischprofessor, den sie an der Arizona State University kennengelernt hatte. Dort hatte sie heimlich Vorlesungen besucht, anstatt Tennisstunden zu nehmen. Der Mann hatte zur Universität von Los Angeles gewechselt, aber sie sah ihn immer noch; sie trafen sich entweder in L. A. oder in Palm Springs. Ray war ihr außerdem ein paar Mal zu einer Anwaltskanzlei in Scottsdale gefolgt und nahm
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