Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gezinkt

Gezinkt

Titel: Gezinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
Informationen über Mayhew zusammengetragen und erfahren, dass dieser in der Tat in den obersten Kreisen der Londoner Gesellschaft, einschließlich Königin Victoria selbst, hohes Ansehen genoss. Wegen des großen Reichtums des Mannes und der Besessenheit, mit der er raren Schmuck und andere Wertsachen anhäufte, hatte Goodcastle dennoch befunden, dass der Lohn das Risiko wert sei.
    Mit dieser Einschätzung hatte er sich jedoch offenkundig geirrt.
    »Es ist der Ring, dessentwegen er so außer sich ist. Nicht wegen der anderen Stücke und schon gar nicht wegen der Sovereigns. Nein, der Ring. Er setzt alle Hebel in Bewegung, um ihn zu finden. Offenbar wurde er ihm von seinem Vater vererbt, der ihn wiederum von seinem Vater erhielt. Er ist von großem persönlichen Wert für ihn.«
    Es war selbstverständlich immer klüger, Dinge zu entwenden, an denen ihre Besitzer gefühlsmäßig nicht hingen, und Goodcastle war zu dem Schluss gekommen, der Ring würde in diese Kategorie fallen, da er ihn in einer billigen, unverschlossenen Schatulle auf Mayhews Wäschekommode gefunden hatte, bedeckt von wertlosem Modeschmuck und Manschettenknöpfen.
    Doch nun folgerte der Dieb, dass die nachlässige Behandlung nur eine geschickte List gewesen war, um das kostbare Stück besser zu schützen – wenngleich natürlich nur vor weniger geübten Dieben als Goodcastle einer war; er hatte vor zehn Jahren das Antiquitätengeschäft der Familie geerbt und war notwendigerweise ein Experte darin geworden, Dinge wie Musiktruhen, Silber, Möbel... und eben alten Schmuck einzuschätzen. Er war in seiner Maske vor freudigem Schreck erstarrt, als er den Schatz in Mayhews Ankleide entdeckt hatte.
    Von dem berühmten Goldschmied Wilhelm Schröder aus Westfalen zu Beginn des Jahrhunderts gefertigt, wies der Ring goldene Bänder im Wechsel mit silbernen auf. In das Gold waren Diamanten eingesetzt, in das Silber tiefblaue Saphire. Goodcastle war so überrascht und erfreut über den Fund gewesen, dass er außer ihm nur eine diamantene Krawattennadel, eine bescheidene Brosche und fünfzig Goldguineen mitgenommen hatte, und die vielen anderen Kunstwerke, Schmuckstücke und Gold- und Silbermünzen in Mayhews Boudoir nicht anrührte (eine weitere Regel der Dieberei: Je bescheidener der Raub, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Wochen und Monate vergehen, ehe das Opfer den Verlust bemerkt, falls es ihn nicht gänzlich übersieht).
    Genau darauf hatte er bei dem Einbruch in Charing Cross gehofft. Die Sache hatte sich letzten Donnerstag ereignet, und Goodcastle hatte keine Berichte über den Diebstahl im Daily Telegraph, in der Times oder anderen Zeitungen gesehen.
    Traurigerweise verhielt es sich jedoch nicht so, wie sein Informant – der trefflich in Scotland Yard selbst platziert war – nun erläuterte.
    »Obendrein«, flüsterte der Mann, drehte die Krempe seines Homburger Hutes und schaute auf den kühlen, grauen Aprilhimmel über London hinaus, »habe ich gehört, die Inspektoren hätten Grund zu der Annahme, dass der Dieb Verbindungen zur Möbel- oder Antiquitätenbranche besitzt.«
    »Wie um alles in der Welt«, flüsterte Goodcastle aufgeschreckt, »können sie das herausgefunden haben? Durch einen Informanten?«
    »Nein, die Polizei hat in Sir Mayhews Wohnung gewisse Hinweise gefunden, die sie zu dieser Schlussfolgerung führten.«
    »Hinweise? Was für Hinweise?« Wie immer hatte Goodcastle peinlich genau darauf geachtet, nichts zurückzulassen. Er hatte alle seine Werkzeuge und Kleidungsstücke mitgenommen. Und er trug nie auch nur ein Dokument oder etwas anderes bei sich, das zu ihm oder Goodcastle Antiquitäten führen konnte.
    Doch die Erklärung seines Verbündeten ließ das Blut des Einbrechers nun noch weiter gefrieren. »Die Inspektoren fanden winzige Reste verschiedener Substanzen auf der Leiter, im Schlafzimmer und im Ankleideraum. Soviel ich mitbekommen habe, war eine davon ein wenig geschnittenes und getrocknetes Rosshaar, wie es zum Füllen von gepolsterten Diwanen, Sofas und Liegen verwendet wird, obwohl Mayhew nichts dergleichen besitzt. Außerdem entdeckten sie etwas Wachs, das einzig als Möbelpolitur Verwendung findet, von einer Sorte, die häufig in großen Mengen von Handwerkern gekauft wird, die Möbel reparieren, neu gestalten oder verkaufen... Ach ja, und sie haben ein wenig roten Ziegelstaub entdeckt. Er befand sich auf den Sprossen der Leiter. In den umliegenden Straßen konnten die Wachtmeister keinen ähnlichen

Weitere Kostenlose Bücher