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Gezinkt

Gezinkt

Titel: Gezinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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schlimmsten Niederlagen in der britischen Geschichte dabei gewesen waren?
    Ein Adliger vor allem erzürnte Goodcastle durch gewisse Bemerkungen gegenüber der Presse, in denen er auf hartherzige Weise die Schande beklagte, die die Soldaten über die Nation gebracht hätten, ohne ein Wort des Mitgefühls für jene zu äußern, die ihr Leben, einen Arm oder ein Bein verloren hatten. Der Ladeninhaber war so aufgebracht, dass er Rache schwor. Aber an Tod und Gewalt hatte er bereits genug in Maiwand erlebt, und er hätte niemals, unter keinen Umständen, einen unbewaffneten Gegner verletzt, deshalb beschloss er, den Mann auf subtilere Weise zu bestrafen. Er ermittelte seinen Wohnsitz, und einen Monat nach seinen gedankenlosen Bemerkungen musste der Gentleman zur Kenntnis nehmen, dass ein Versteck mit Münzen – nicht besonders schlau in einer Vase in seinem Büro untergebracht – erheblich geschrumpft war.
    Nicht lange danach hielt ein Fabrikbesitzer sein Versprechen nicht ein, ein halbes Dutzend der Veteranen des Afghanistanfeldzugs einzustellen. Auch der Industrielle bezahlte teuer – mit einem Gemälde, das Goodcastle aus seinem Sommerhaus in Kent stahl und verkaufte; den Erlös teilte er unter denjenigen auf, denen die Anstellung verweigert worden war. (Goodcastle kamen dabei die Erfahrungen im Antiquitätengeschäft seines Vaters zustatten: Trotz der Bedenken der Veteranen wegen der zweifelhaften Qualität der Leinwand, die von einem Franzosen, einem gewissen Claude Monet stammte, gelang es ihm, einem amerikanischen Händler teures Geld für die verschwommene Landschaft zu entlocken.)
    Die Vergeltung, die diese Diebstähle darstellten, freute ihn sicherlich – doch schließlich musste sich Goodcastle eingestehen, dass es nicht Rache war oder der Wunsch, Gerechtigkeit zu üben, was ihn am meisten daran anzog, sondern das Hochgefühl über das Erlebnis selbst... Ein gut ausgeführter Einbruch konnte einfach eine gewisse Schönheit besitzen, nicht weniger als ein handgeschnitzter Schrank, ein Bild von Fragonard oder eine Goldbrosche von William Tessler. Er bezwang seine Schuldgefühle und begann seiner neuen Berufung mit all dem Eifer und Geschick zu folgen, wie sie jeder erfolgreiche Mann, egal in welchem Beruf, an den Tag legt.
    Nachdem er das Geschäft der Familie in der Great Portland Street geerbt hatte, stellte er fest, dass er und seine Angestellten einzigartigen Zugang zu den vornehmsten Häusern im hauptstädtischen London hatten, da sie Möbel abholten und auslieferten – perfekte Jagdgründe für einen raffinierten Einbrecher. Er war natürlich klug genug, nicht seine eigenen Kunden auszurauben, aber er hörte zu und beobachtete, schnappte dies und jenes über Nachbarn und Bekannte dieser Kunden auf – über Wertgegenstände, die sie kürzlich erworben hatten, größere Geldsummen, die sie erwarteten, wo sie ihre kostbarsten Gegenstände versteckt halten könnten, wann sie für gewöhnlich auf Reisen außerhalb Londons waren, Anzahl und Wesen von Pferdeburschen, Dienern und Wachhunden.
    Eine brillante Idee, und bei vielen Gelegenheiten perfekt ausgeführt. Wie letzten Donnerstag in der Wohnung von Sir Robert Mayhew.
    Doch es ist häufig nicht der Plan selbst, der schiefgeht, vielmehr sind es gänzlich unvorhergesehene Vorkommnisse, die ein Unternehmen entgleisen lassen. In diesem Fall die unerwartete Cleverness von Scotland Yard.
    Goodcastle legte nun den westfälischen Ring und die anderen Gegenstände in den Safe zurück und zählte das Geld darin. Fünfhundert Pfund. In seinem Haus in London hatte er weitere dreitausend Sovereigns, dazu andere Wertsachen, die er in letzter Zeit gestohlen und für die er noch keine Käufer gefunden hatte. In seinem Landhaus befanden sich noch einmal fünftausend Pfund. Damit konnte er sich ohne Weiteres in den südlichen Provinzen Frankreichs einrichten, wo er schon mit Lydia geweilt hatte, der Schönen mit dem rabenschwarzen Haar aus Manchester, mit der er häufig reiste. Sie könnte auf Dauer zu ihm ziehen, wenn sie ihre eigenen Angelegenheiten hier geregelt hatte.
    Aber für alle Zeit in Frankreich leben? Bei dem Gedanken sank ihm der Mut. Peter Goodcastle war Engländer durch und durch. Trotz aller rußigen Luft aus den düsteren Industriewerken, trotz seiner snobistischen Elite, seines viktorianischen Imperialismus und der schäbigen Behandlung, die ihm nach Maiwand zuteil geworden war, liebte er England.
    Allerdings würde er zehn Jahre in Newgate gar nicht

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