Gezinkt
Gardino herkam. Vielleicht wäre das der richtige Ort für ihn. Von den verschiedenen Betrügereien, die er zusammen mit T. G. durchgezogen hatte, hatte er rund dreißigtausend in bar gespart. Das war ganz okay. Aber Mann, wenn er nur zwei, drei Typen mit der Bootsgeschichte hereinlegte, dann konnte er sich mit der fünffachen Summe davonmachen.
Damit hätte er noch nicht ausgesorgt, aber es würde ein Anfang sein. Himmel, Florida war voller reicher, alter Leute, die meisten davon dumm; die warteten alle nur darauf, ihr Geld einem Spieler nachzuwerfen, der den richtigen Dreh hatte.
Ein Faustschlag auf den Arm riss ihn aus seinem Tagtraum. Er biss sich auf die Innenseite der Backe und krümmte sich. Er sah T. G. böse an, der nur grinste. »Wie isses, Lime Ricky, gehst du am Samstag zu Leon oder was?«
»Ich weiß nicht.«
Die Tür ging auf, und ein Fremder kam hereinspaziert, jemand von außerhalb. Ein älterer Typ, in den Fünfzigern, mit gürtelloser brauner Hose, weißem Hemd und blauem Sakko bekleidet. Um seinen Hals baumelte ein Kongressausweis, VdGMH, was immer das sein sollte.
Verband der...? Ricky überlegte. Verband der Gemeinen Maulhelden.
Er lachte über seinen eigenen Witz. Niemand bemerkte es. Ricky beäugte den Touristen. Das hatte es früher nicht gegeben, dass man in einer Bar in dieser Gegend irgendwelche Provinztölpel sah. Aber dann war ein paar Straßen weiter südlich das Kongresszentrum eingezogen, und danach wurden der Gegend um den Times Square die Eier abgeschnitten, und sie verwandelte sich in ein Disneyland. Plötzlich war Hell’s Kitchen White Plains und New Jersey, und die verdammten Yuppies und Touristen gaben den Ton an.
Der Mann blinzelte, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Er bestellte Wein – T. G. lachte höhnisch: Wein in einer Kneipe wie dieser? – und trank ihn auf einen Satz halb aus. Der Kerl musste Geld haben. Er trug eine Rolex und Designerklamotten. Er sah sich langsam um, und es erinnerte Ricky irgendwie an die Art, wie die Leute im Zoo Tiere betrachteten. Das machte ihn wütend, und er phantasierte kurz davon, den Kerl nach draußen zu schleifen und zu verprügeln, bis er die Uhr und seine Brieftasche herausrückte.
Aber er würde es natürlich nicht wirklich tun. So waren T. G. und Ricky nicht; sie schlugen niemandem den Schädel ein. Oh, natürlich wurde hin und wieder jemand übel zugerichtet – ein Student, den sie hereingelegt hatten, wollte T. G. an den Kragen, und sie hatten ihn zusammengeschlagen, und Ricky hatte einem Latino, der sich tausend Dollar von ihrem Geld unter den Nagel gerissen hatte, das Gesicht aufgeschlitzt. Aber die Regel war, dass man niemanden bluten ließ, wenn man es vermeiden konnte. Wenn ein Opfer nur Geld verlor, hielt es häufig den Mund, anstatt die Sache publik zu machen und wie ein Idiot dazustehen. Aber wer verletzt wurde, der ging meist zur Polizei.
»Hörst du zu, Lime Ricky?«, fuhr ihn T. G. an. »Oder bist du in deiner eigenen Scheißwelt?«
»Ich denke nur.«
»Ah, er denkt. Gut. Woran denkst du, an deinen Ministrantenbengel?«
Ricky machte eine Geste, als würde er sich einen runterholen. Erniedrigte sich schon wieder. Keine Ahnung, warum er das tat. Er schielte zu dem Touristen hinüber. Der Mann flüsterte mit dem Barkeeper, der Rickys Blick auffing und eine Kopfbewegung machte. Ricky stieß sich von T. G.s Tisch ab und ging zur Bar. Seine Stiefel klapperten laut über den Holzboden.
»Was gibt’s?«
»Der Typ ist nicht von hier.«
Der Tourist sah Ricky einmal kurz an, dann blickte er zu Boden.
»Wär’ ich nicht drauf gekommen.« Ricky verdrehte die Augen in Richtung Barkeeper.
»Iowa«, sagte der Mann.
Wo zum Teufel war Iowa? Ricky war nahe dran gewesen, die High-School zu schaffen, und in ein paar Fächern war es ganz gut gelaufen, aber Geographie hatte ihn wahnsinnig gelangweilt, und er hatte im Unterricht nie aufgepasst.
»Er hat mir erzählt, dass er für einen Kongress im Javits Center hier ist.«
Er und die anderen Gemeinen Maulhelden.
»Und...« Der Barkeeper sprach nicht weiter und sah den Mann an. »Warum sagen Sie es ihm nicht selbst?«
Der Mann trank noch einen großen Schluck von seinem Wein. Ricky schaute auf seine Hand. Nicht nur eine Rolex, sondern auch ein goldener Ring mit einem großkotzigen Diamanten am kleinen Finger.
»Ja, warum sagen Sie es mir nicht?«
Der Tourist sagte es – stockend und flüsternd.
Ricky hörte zu. Und als der alte Knabe fertig war,
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