Gezinkt
die Leute, die er damit ansprach, waren immer angepisst, hauptsächlich über die Art, wie er sie betonte, weniger wegen der Namen selbst. Ricky, zum Beispiel, wusste nicht einmal, was ein Lime Ricky war, vielleicht ein Drink oder was, aber der höhnische Ton in T. G.s Stimme war herabsetzend. Trotzdem, man musste ganz schön Mumm haben, um dem dicken, psychopathischen Iren etwas zu erwidern.
»Hi«, sagte Ricky und ging zu dem Ecktisch, der so etwas wie T. G.s Büro war.
»Wo zum Teufel hast du gesteckt?«, fragte T. G., ließ seine Zigarette auf den Boden fallen und zermalmte sie mit dem Stiefel.
»Bei Hanny’s.«
»Und was dort getan, Lime Ricky?« Bekam nicht genug von dem Spitznamen.
»Meinen Schwanz poliert«, antwortete Ricky in einem verlogenen irischen Akzent. Er sagte oft solche Sachen, erniedrigte sich gewissermaßen selbst vor T. G. und seinen Jungs. Er wollte es nicht, er mochte es nicht. Es passierte einfach. Er fragte sich immer, wieso.
»Du meinst, einen Ministrantenschwengel poliert?«, dröhnte T. G. Diejenigen unter seinen Jungs, die noch einigermaßen nüchtern waren, lachten.
Ricky bestellte sich ein Guinness. Es schmeckte ihm eigentlich nicht, aber T. G. hatte einmal gesagt, Guinness und Whiskey seien das Einzige, was echte Männer trinken würden. Außerdem glaubte er, da es die Bezeichnung stout trug, würde es ihn zunehmen lassen. Sein ganzes Leben versuchte er, Gewicht zuzulegen. Ohne Erfolg.
Ricky setzte sich an den Tisch, der von Messerstichen und Brandspuren ausgedrückter Zigaretten übersät war. Er nickte T. G.s Jungs zu, einem halben Dutzend Losern, die ein bisschen dealten, ein bisschen die Lagerhäuser kontrollierten, ein bisschen herumhingen. Einer war so betrunken, dass er sich nicht mehr konzentrieren konnte und immer wieder anfing, einen Witz zu erzählen, bis er dann auf halber Strecke nicht mehr weiterwusste. Ricky hoffte, der Kerl würde nicht wieder kotzen, bevor er es auf die Toilette geschafft hatte, so wie gestern.
T. G. schwafelte munter weiter, beleidigte ein paar von den Leuten am Tisch auf seine fröhlichfiese Art und drohte Leuten, die nicht da waren.
Ricky saß einfach nur am Tisch, aß Erdnüsse und würgte sein nach Lakritz schmeckendes Stout hinunter; er steckte die Beleidigungen weg, wenn sie auf ihn gemünzt waren. Hauptsächlich dachte er über Gardino und die Boote nach.
T. G. rieb sich das runde, zerfurchte Gesicht und das gelockte, rotbraune Haar. »Und dieser Nigger hat sich verdammt noch mal aus dem Staub gemacht.«
Welcher Nigger?, fragte sich Ricky. Er dachte, er hätte zugehört, aber T. G.s Gedanken gingen manchmal ihre eigenen Wege, und man blieb ahnungslos zurück.
Ricky konnte allerdings sehen, dass T. G. aufgebracht war, deshalb murmelte er ein teilnahmsvolles: »Dieses Arschloch.«
»Mann, wenn ich den Schwanzlutscher sehe, blas ich ihm so schnell das Licht aus.« Er schlug die Handflächen zusammen, das laute Klatschen ließ ein paar seiner Leute erschrocken blinzeln. Der Betrunkene stand auf und torkelte in Richtung Toilette. Sah aus, als sollte er es diesmal schaffen.
»War er da?«, fragte Ricky.
»Er hat seinen schwarzen Arsch nach Buffalo verfrachtet. Hab ich doch grad gesagt. Was fragst’n, ob er hier ist, verdammt?«
»Nein, ich meine nicht hier«, sagte Ricky schnell. »Ich meine, du weißt schon, da halt.«
»Ach so, ja«, sagte T. G. und nickte, als hätte er eine andere Bedeutung erfasst. »Klar. Aber das hilft mir auch nichts. Wenn ich ihn sehe, ist er ein toter Nigger.«
»Buffalo«, sagte Ricky und schüttelte den Kopf. »Mann.« Er bemühte sich, aufmerksamer zuzuhören, aber vor allem war er mit seinen Gedanken bei der Masche mit den Booten. Ja, dieser Gardino hatte eine gute Idee gehabt. Und Himmel, hunderttausend auf einen Schlag zu ergaunern – er und T. G. waren bisher nicht einmal in die Nähe solcher Summen gekommen.
Ricky schüttelte noch einmal den Kopf. Er seufzte. »Am liebsten würde ich nach Buffalo fahren und das schwarze Schwein selbst umlegen.«
»Du bist mein Mann, Lime Ricky. Du bist verdammt noch mal mein Mann.« Und T. G. fing wieder an, draufloszuschwafeln.
Während er nickte und in T. G.s weder betrunkene noch nüchterne Augen schaute, überlegte Ricky: Wie viel bräuchte ich, um aus Hell’s Kitchen verduften zu können? Um fortzukommen von den keifenden Ex-Frauen, dem nervigen Balg, fort von T. G. und den ganzen anderen beschissenen Losern? Um vielleicht nach Florida zu gehen, wo
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