Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gezinkt

Gezinkt

Titel: Gezinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
und eine Verhaftung vor zehn Jahren wegen eines komplizierten Geldwäschemanövers in einer Firma, mit der er Geschäfte machte. Obwohl man die Anklage gegen Muller fallen gelassen hatte, war Carnegie überzeugt, dass man ihm nur nichts nachweisen konnte. Er wusste tief in seinem Innern einfach, dass Muller hinter dem Anco-Raub steckte, und er verfolgte den Geschäftsmann mit all dem Eifer und der Energie, die ihn unter den Bürgern Annandales zu einer Berühmtheit gemacht hatten. Seit Carnegie vor zwei Jahren zum Chef der Kriminalpolizei ernannt worden war, hatten sich Raubüberfälle, Drogenverkäufe und Bandenaktivitäten halbiert. Annandale hatte die niedrigste Verbrechensrate von allen Städten in der Region. Er war auch bei den Staatsanwälten beliebt – er lieferte wasserdichte Fälle.
    Doch im Fall Anco hatte er sich verstolpert. Kurz nachdem er Jake Muller im letzten Monat verhaftet hatte, hatte sich ein Zeuge gemeldet und angegeben, der Mann, den er kurz nach dem Raub das Gelände von Anco verlassen sah, habe Muller in keiner Weise geähnelt. Carnegie führte ins Feld, dass sich ein gerissener Täter wie Muller für die Flucht tarnen würde, aber ein Staatsanwalt kam zu dem Schluss, es reiche nicht für eine Anklage, und ließ den Geschäftsmann wieder auf freien Fuß setzen.
    Carnegie schäumte über die Peinlichkeit und den Fleck auf seiner Karriereweste. Deshalb kehrte er, nachdem keine andere Spur etwas erbrachte, mit neuer Inbrunst zu Muller zurück. Er wühlte weiter im Leben des Geschäftsmanns und begann den Fall langsam über Indizien aufzubauen: Muller spielte häufig Golf auf einem Platz neben der Firmenzentrale von Anco – der ideale Ort, um das Unternehmen auszukundschaften -, und er besaß einen Schneidbrenner, der stark genug war, um die Tür an der Laderampe von Anco zu durchschneiden. Mit diesen Informationen setzte Carnegie seinen Captain unter Druck, die Überwachung Mullers zu verstärken.
    Deshalb der unterbrochene Nachmittagsschlaf mit der brandaktuellen Information über Mullers Konten.
    »Also, was ist mit dem Geld in Portland, Jake?«
    »Was soll damit sein?«
    »Woher stammt es?«
    »Ich habe die Kronjuwelen gestohlen. Nein, halt, es war der große Eisenbahnraub von Northfield. Also gut, alles gelogen. Ich habe ein Casino in Vegas ausgenommen.«
    William Carnegie seufzte und senkte kurz die Augenlider, die in makellosen Wimpern endeten.
    »Was ist mit diesem anderen Verdächtigen?«, fragte der Geschäftsmann, »dem Straßenarbeiter? Sie wollten ihn doch überprüfen.«
    Etwa zur Zeit des Raubs war ein Mann im Overall eines Straßenarbeiters gesehen worden, der unweit des Haupttors von Anco einen Koffer aus einem Gebüsch zerrte. Ein vorbeikommender Autofahrer fand das verdächtig, notierte das Nummernschild des Baufahrzeugs und verständigte die Highway Patrol. Der Lkw, der eine Woche zuvor in Bakersfield gestohlen worden war, wurde später verlassen am John-Wayne-Airport von Orange County gefunden.
    Mullers Anwalt hatte behauptet, dieser Mann sei der Räuber, und Carnegie sollte ihn verfolgen.
    »Ich hatte kein Glück bei der Suche nach ihm«, sagte der Detective.
    »Sie meinen«, knurrte Muller, »es war nur eine vage Chance, der Mann befindet sich außerhalb Ihres Zuständigkeitsbereichs, und es ist verdammt viel einfacher, mich zu schikanieren, als den wahren Dieb zu finden. Himmel noch mal, Carnegie«, brauste er auf, »das Einzige, was ich in meinem Leben falsch gemacht habe, war, mit siebzehn auf ein paar Kumpels zu hören, auf die ich besser nicht gehört hätte. Wir haben uns für zwei Stunden einen Wagen geborgt...«
    »›Geborgt‹?«
    »... und den Preis dafür bezahlt. Ich verstehe einfach nicht, warum Sie mir so zusetzen.«
    Aber in Wirklichkeit kannte Muller die Antwort genau. In seiner langen und wechselvollen Laufbahn hatte er eine Reihe von Männern und Frauen mit ähnlicher Selbstdisziplin wie Carnegie getroffen. Sie waren Maschinen, angetrieben vom blinden Ehrgeiz, jeden niederzumachen, den sie für einen Konkurrenten oder Feind hielten. Sie unterschieden sich von Menschen wie Muller selbst, die ehrgeizig waren, gewiss, aber deren Begeisterung dem Spiel selbst galt. Für die Carnegies dieser Welt zählte einzig der Sieg, der Weg dorthin bedeutete ihnen nichts.
    »Können Sie beweisen, dass das Geld aus einer legitimen Quelle stammt?«, fragte der Sergeant gespreizt.
    Muller sah Carnegie an. »Was ist aus Ihrem anderen Assistenten geworden, Detective? Wie

Weitere Kostenlose Bücher