Gezinkt
hieß er gleich noch – Carl? Ich mochte ihn. Er hat nur nicht lange durchgehalten.«
Carnegie hatte zwei Assistenten verschlissen, seit er hinter Jake Muller her war. Vermutlich beeindruckte er als zwanghafter, besessener Polizist zwar Bürgerschaft und Presse, seinen Mitarbeitern würde er das Leben damit aber wohl schwer machen.
»Okay«, sagte der Detective. »Wenn Sie nicht reden wollen, dann eben nicht. Ach ja, was ich Ihnen noch sagen sollte: Wir haben ein paar Informationen bekommen, die wir uns gerade anschauen. Sehr interessant.«
»Aha, noch mehr Überwachung?«
»Vielleicht.«
»Und was genau haben Sie herausgefunden?«
»Nennen wir es einfach interessant.«
»Das sagten Sie schon«, entgegnete Muller. »Hey, wollen Sie ein Bier? Sie, Sergeant?«
»Nein«, antwortete Carnegie für beide.
Muller holte ein Heineken aus der Küche. »Sie wollen mir also sagen«, fuhr er fort, »wenn Sie diese Informationen durchgearbeitet haben, werden Sie genügend Beweismaterial haben, um mich diesmal wirklich zu verhaften? Aber wenn ich gestehe, geht die ganze Sache viel einfacher. Stimmt’s?«
»Kommen Sie, Jake. Niemand wurde bei Anco verletzt. Sie kriegen vielleicht fünf Jahre. Sie sind noch jung. Sie würden das locker wegstecken.«
Muller nickte und trank einen kräftigen Schluck Bier. Dann sagte er todernst: »Aber wenn ich gestehe, müsste ich das Geld zurückgeben, oder?«
Carnegie erstarrte für einen Moment. Dann lächelte er. »Ich höre nicht auf, bis ich Sie festgenagelt habe, Jake, das wissen Sie.« Dann wandte er sich an seinen Assistenten. »Gehen wir, hier verschwenden wir nur unsere Zeit.«
»Das ist zumindest ein Punkt, in dem wir uns einig sind«, sagte Muller und schloss die Tür hinter ihnen.
Am nächsten Tag trug William Carnegie einen perfekt gebügelten grauen Anzug, ein weißes Hemd und eine gestreifte rote Krawatte, als er gefolgt von Hager in den Wachraum des Polizeireviers von Annandale marschierte.
Er nickte den acht Beamten auf den billigen Fiberglasstühlen zu. Die Männer und Frauen verstummten, als der Detective über seine Truppe blickte.
Es wurde Kaffee geschlürft, mit Stiften geklopft, auf Blöcke gekritzelt.
Auf Uhren geschaut.
»Wir gehen bei dem Fall in die Offensive. Ich habe Muller gestern besucht und ihm Feuer unterm Hintern gemacht. Es hat Wirkung gezeigt: Letzte Nacht habe ich seine Internetbewegungen überwacht, und er hat fünfzigtausend Dollar von einer Bank in Portland auf eine Bank in Lyon, Frankreich, überwiesen. Ich bin überzeugt, er bereitet sich darauf vor, aus unserem Zuständigkeitsbereich zu fliehen.«
Carnegie war es gelungen, eine Überwachung der Stufe zwei für Muller durchzusetzen. Dazu gehörten Echtzeitverbindungen zu Mullers Internet-Provider und den Computern von Mullers Kreditkartengesellschaften, Banken, Handybetreiber und dergleichen. Jedes Mal, wenn Muller einkaufte, online ging, telefonierte, Geld abhob und so weiter, erhielten die Beamten im Team Anco fast im selben Moment Kenntnis davon.
»Big Brother wird alles beobachten, was unser Knabe treibt.«
»Wer?«, fragte einer der jüngeren Beamten.
» 1984 «, sagte Carnegie, erstaunt, dass der Mann noch nie von dem Roman gehört hatte. »Das Buch«, setzte er sarkastisch hinzu. Als der Beamte weiter verständnislos dreinblickte, erklärte er: »Big Brother war die Regierung. Sie hat alles beobachtet, was die Bürger taten.« Er nickte in Richtung eines staubigen Computerterminals und wandte sich dann wieder seinen Leuten zu. »Sie, ich und Big Brother – wir ziehen das Netz um Muller zusammen.« Als er das unterdrückte Grinsen bemerkte, wünschte er, er hätte sich weniger dramatisch geäußert. Aber verdammt noch mal, begriffen sie denn nicht, dass Annandale zur Zielscheibe des Spotts bei der Polizei Südkaliforniens geworden war, weil sie den Fall Anco nicht abschließen konnten? Ob Los Angeles Police Departement oder die Beamten in kleineren Orten ringsum – niemand verstand, wieso die Polizei von Annandale trotz des höchsten Pro-Kopf-Budgets im Orange County den Einzeltäter bei diesem Raub noch nicht dingfest gemacht hatte.
Carnegie teilte die Mannschaft in drei Schichten an den Computern ein und gab Befehl, dass man ihm umgehend alles meldete, was Muller tat.
Als er zu seinem Büro zurückging, um sich Mullers Überweisung nach Frankreich noch einmal genauer anzusehen, hörte er eine Stimme. »Hallo, Dad.«
Er drehte sich um und sah seinen Sohn, der ihm im
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