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Gezinkt

Gezinkt

Titel: Gezinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Anzug und der dichten, gut geschnittenen Politikerfrisur strich an Muller vorbei ins Wohnzimmer. Hinter ihm folgte ein älterer, beleibterer Mann in braunem Tweed.
    »Detective«, murmelte Muller zur Begrüßung.
    Lieutenant William Carnegie antwortete nicht. Er setzte sich auf die Couch, als hätte er sie nur mal eben für zwei Minuten verlassen gehabt, um aufs Klo zu gehen.
    »Wer sind Sie ?«, fragte Muller den anderen Polizisten rundheraus.
    »Sergeant Hager.«
    »Sie müssen seinen Ausweis nicht sehen, Jake, oder?«, sagte Carnegie.
    Muller gähnte. Er hätte gern auf der Couch Platz genommen, aber der Lieutenant saß steif in deren Mitte, deshalb musste er mit dem unbequemen Sessel vorliebnehmen. Hager setzte sich nicht. Er verschränkte die Arme, schaute sich in dem düsteren Raum um und ließ den Blick dann auf Mullers ausgewaschenen Jeans, den staubigen weißen Socken und dem T-Shirt ruhen, das für Muscheltauchen warb. Seine Gartenarbeitskluft.
    Nachdem er erneut gegähnt und sich über das kurze, sandfarbene Haar gestrichen hatte, fragte Muller: »Sie sind nicht gekommen, um mich zu verhaften, oder? Sonst hätten Sie es bereits getan. Also, was wollen Sie?«
    Carnegies gepflegte Hand verschwand in der Jackentasche und kam mit einem Notizbuch wieder zum Vorschein, das er nun zurate zog. »Ich wollte Ihnen nur sagen, dass wir über Ihre Konten bei der West Coast Federal Bank in Portland Bescheid wissen.«
    »Und wie haben Sie das gemacht? Hatten Sie einen richterlichen Beschluss?«
    »Für manche Dinge braucht man keinen richterlichen Beschluss.«
    Muller lehnte sich zurück und überlegte, ob sie seinen Computer irgendwie angezapft hatten – denn er hatte die Konten letzte Woche online angelegt. Wie er festgestellt hatte, war Annandales Kriminalpolizei technisch hochgerüstet; er stand seit Monaten unter intensiver Überwachung.
    Ein Leben wie im Goldfischglas …
    Er bemerkte, dass der tweedgewandete Cop die Einrichtung von Mullers bescheidenem Bungalow inspizierte.
    »Nein, Sergeant Haver...«
    »Hager.«
    »... es sieht nicht aus, als würde ich in Luxus leben, falls es das ist, wonach Sie geschaut haben. Und ich tue es auch nicht. Sagen Sie, haben Sie den Anco-Fall bearbeitet?«
    Der Sergeant brauchte den Blick seines Vorgesetzten nicht, um zu wissen, dass er besser den Mund hielt.
    »Aber Sie wissen sicherlich, dass der Einbrecher fünfhunderttausend Dollar und ein bisschen Kleingeld eingesackt hat«, fuhr Muller fort. »Wenn ich aber derjenige wäre, der das Geld gestohlen hat – wie unser Detective Carnegie hier glaubt -, würde ich dann nicht etwas angenehmer wohnen?«
    »Nicht, wenn Sie klug wären«, murmelte der Sergeant und beschloss, sich zu setzen.
    »Nicht, wenn ich klug wäre«, wiederholte Muller und lachte.
    Detective Carnegie sah sich in dem düsteren Wohnzimmer um und fügte hinzu: »Das hier ist unserer Ansicht nach eine Art sicheres Haus. Wahrscheinlich besitzen Sie irgendwo in Übersee ein paar wirklich hübsche Anwesen.«
    »Schön wär’s.«
    »Aber wir sind uns doch wohl einig, dass Sie nicht der typische Bewohner Annandales sind.«
    Tatsächlich war Jake Muller in dieser wohlhabenden südkalifornischen Gemeinde eine etwas auffällige Figur. Er war vor etwa sechs Monaten plötzlich hier aufgetaucht, um sich über ein paar Geschäfte in der Gegend einen Überblick zu verschaffen. Er war Single, reiste viel und ging einer schwer greifbaren Tätigkeit nach (wie er es erklärte, besaß er Firmen, die andere Firmen kauften und verkauften). Er machte gutes Geld, hatte sich aber dieses bescheidene Haus als Wohnsitz ausgesucht, das, wie sie eben festgestellt hatten, weit von jeglichem Luxus entfernt war.
    Als Detective Carnegies schlauer Polizeicomputer eine Liste aller Leute zusammenstellte, die kurz vor dem Raubüberfall auf das Geldtransportunternehmen Anco vor vier Monaten in die Stadt gezogen waren, erhielt Muller sogleich den Status eines Verdächtigen. Und als die Polizei anfing, sich Muller genauer anzusehen, wurde die Beweislage immer besser. Er hatte kein Alibi für die Zeit des Raubs. Die Reifenspuren des Fluchtwagens ähnelten denen von Mullers Lexus. Carnegie fand außerdem heraus, dass Muller ein Diplom in Elektrotechnik besaß; der Einbrecher im Fall Anco hatte ein ausgeklügeltes Alarmsystem außer Betrieb gesetzt, um in den Tresorraum zu gelangen.
    Noch besser aus Carnegies Sicht war jedoch der Umstand, dass Muller vorbestraft war: eine Jugendstrafe wegen Autodiebstahls

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