Gezinkt
einer Schule zur nächsten und versuchen, sie von öffentlichen Schulen ganz fernzuhalten.«
»Sie schicken sie auf Privatschulen?«
»Wir sind katholisch. Sie gehen auf eine kirchliche Privatschule.«
»Die in Granville? Sie sieht wie ein Universitätscampus aus. Muss eine Menge Geld verschlingen. Mann.«
»Nein, sie sind oben in Edgemont. Die ist kleiner, kostet aber immer noch ein hübsches Sümmchen. Hatten Sie je Kinder?«
Phelans Gesicht wurde hart. Sie waren nahe an etwas dran, Boyle spürte es.
»In gewisser Weise.«
Ermutige ihn. Ganz sanft.
»Wie das?«
»Meine Mama starb, als ich zehn war.«
»Das tut mir leid, James.«
»Ich hatte zwei kleine Schwestern. Zwillinge. Sie waren vier Jahre jünger als ich. Ich musste mich ziemlich viel um sie kümmern. Mein Vater, der war, wie gesagt, dauernd unterwegs. Bis ich zwölf war, lernte ich in gewisser Weise, wie es war, Vater zu sein.«
Boyle nickte. Er war sechsunddreißig gewesen, als Jon zur Welt kam. Er war sich immer noch nicht sicher, ob er wusste, was es hieß, Vater zu sein. Als er Phelan das erzählte, lachte der Gefangene. »Wie alt sind Ihre Kinder?«
»Jonathan ist zehn, Alice neun.« Boyle widerstand dem lächerlichen Drang, die Fotos in seiner Brieftasche zu zeigen.
Phelan wurde plötzlich düster. Die Ketten klirrten.
»Sehen Sie, die Zwillinge wollten immer irgendwas von mir. Spielzeug, meine Zeit, meine Aufmerksamkeit, dass ich ihnen beim Lesen helfe – ›was heißt das hier?‹... Großer Gott.«
Boyle bemerkte den Zorn in Phelans Miene. Sprich weiter, drängte er lautlos. Er machte sich keine Notizen, aus Angst, das könnte den Gedankenfluss unterbrechen. Der vielleicht zu dem magischen Warum führte.
»Mann, ich bin halb durchgedreht. Und ich musste alles allein machen. Mein Vater hatte ständig eine Verabredung – jedenfalls nannte er es so – oder schlief seinen Rausch aus.« Er blickte rasch auf. »Himmel, Sie wissen nicht, wovon ich rede, oder?«
Boyle war betroffen über die plötzliche Kälte in der Stimme des Gefangenen.
»Sicher weiß ich das«, sagte der Captain aufrichtig. »Judith arbeitet. Oft muss ich mich dann um die Kinder kümmern. Ich liebe sie und alles – so wie Sie bestimmt Ihre Schwestern liebten – aber, Mann, es ist ganz schön anstrengend.«
Phelan war einen Moment lang in Gedanken woanders. Augen, so glasig wie die von Anna Devereaux. »Ihre Frau arbeitet also? Meine Mama wollte auch immer arbeiten. Aber Vater ließ sie nicht.«
Er nennt seine Mutter »Mama«, aber bei seinem Vater benutzt er den formaleren Ausdruck. Was sagt mir das?
»Sie stritten die ganze Zeit deshalb. Einmal brach er ihr den Unterkiefer, als er sie dabei erwischte, wie sie die Stellenanzeigen durchsah.«
Und als sie an mir vorbeikam, schlug ich ihr hart an den Hals, und sie stürzte zu Boden.
»Was arbeitet Ihre Frau?«, fragte Phelan.
»Sie ist Krankenschwester. Im St. Mary’s.«
»Das ist ein guter Job«, sagte Phelan. »Meine Mutter mochte Menschen und half ihnen gern. Sie wäre eine gute Krankenschwester gewesen.« Seine Miene verdüsterte sich wieder. »Wenn ich dran denke, wie oft Vater sie geschlagen hat... Deshalb fing sie an, Tabletten zu nehmen und so Zeug. Und sie hörte nie mehr auf damit. Bis sie starb.« Er beugte sich vor und flüsterte: »Aber wissen Sie, was das Furchtbare dabei ist?« Er wich Boyles Blick aus.
»Was, James? Sagen Sie es mir.«
»Manchmal habe ich das Gefühl... Also, ich geb irgendwie meiner Mutter die Schuld an allem. Wenn sie nicht so wegen einem Job rumgejammert hätte, wenn sie einfach damit zufrieden gewesen wäre, daheim zu bleiben... bei mir und den Mädchen geblieben wäre, dann hätte Dad sie nicht schlagen müssen. «
Dann setzte ich mich auf sie, packte dieses Halstuch, das sie trug, und zog es richtig fest zu, ich drückte, bis sie sich nicht mehr rührte, und dann hörte ich noch nicht auf.
»Und sie hätte nicht angefangen, zu trinken und diese Tabletten zu nehmen, und sie wäre immer noch da.« Er schluckte. »Ich fühle mich manchmal gut, wenn ich daran denke, wie er sie schlug.«
Das Tuch fühlte sich gut an um meine Handgelenke.
Er stieß die Luft aus den Lungen. »Ist nicht schön, so was zu sagen, oder?«
»Das Leben ist nicht immer schön, James.«
Phelan sah zur Decke und schien die Akustikfliesen zu zählen. »Himmel, ich weiß gar nicht, wieso ich das alles erzähle. Es war... einfach irgendwie da. Was mir so durch den Kopf ging.« Er wollte noch
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