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Gezinkt

Gezinkt

Titel: Gezinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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gerade befanden. Nun, da Marissa daran gedacht hatte, brachte sie die Morde nicht mehr aus dem Kopf.
    Sie wollte Antonio eben bitten, das Radio anzuschalten, als er plötzlich, drei Kilometer von Quercegrossa entfernt, scharf in eine einspurige Sandstraße abbog. Sie fuhren beinahe einen Kilometer, ehe Marissa schließlich mit unsicherer Stimme fragte: »Wo sind wir hier, Antonio? Sag es mir, bitte.«
    Er sah in ihr besorgtes Gesicht. Dann lächelte er. »Tut mir leid.« Er streifte das Geheimnisvolle, Düstere ab, das er zur Schau getragen hatte, und war wieder der alte Antonio. »Ich wollte dir kein Unbehagen bereiten, sondern nur eine dramatische Wirkung erzielen. Wir fahren zum Landhaus meiner Familie. Es ist eine alte Mühle. Mein Vater und ich haben sie gemeinsam renoviert. Es ist ein besonderer Ort, und ich wollte ihn dir zeigen.«
    Marissa entspannte sich und legte ihm die Hand aufs Bein. »Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht ins Kreuzverhör nehmen... Aber in der Arbeit war zuletzt so viel los... Und meinen Vater zu überreden, dass er mir ein paar Tage freigibt – ach, es war ein Albtraum.«
    »Na, jetzt kannst du dich ja erholen.« Er schloss seine Hand um ihre.
    Sie ließ das Fenster herunter und atmete die würzige Luft ein. »Es ist hübsch hier draußen.«
    »Oh ja, das ist es. Frieden und Ruhe pur. Keine Nachbarn im Umkreis von mehreren Kilometern.«
    Sie fuhren noch einmal fünf Minuten und parkten dann. Antonio holte die graue Tüte aus dem windschiefen Haus in Florenz vom Rücksitz und die Koffer sowie eine Tasche voll Lebensmittel aus dem Kofferraum. Sie gingen fünfzig Meter auf einem Pfad durch einen von dornigem Gestrüpp überwucherten Olivenhain, dann nickte er zu einer Fußgängerbrücke über einen schnell fließenden Bach. »Da ist sie.«
    Im schwachen Dämmerlicht konnte Marissa das Haus gerade so erkennen. Es war sehr eindrucksvoll, wenngleich weit eher schauerlich als romantisch – eine alte, zwei Stockwerke hohe steinerne Mühle mit kleinen vergitterten Fenstern.
    Sie überquerten die Brücke, und Antonio stellte die Koffer an der Eingangstür ab. Er fischte nach dem Schlüssel. Marissa drehte sich um und sah auf den Wasserlauf hinunter. Er war schwarz, floss sehr schnell und schien ziemlich tief zu sein. Nur ein niedriges Geländer trennte sie von einem senkrechten, sieben Meter tiefen Fall ins Wasser.
    Antonios Stimme dicht an ihrem Ohr ließ sie zusammenfahren. Er war hinter sie getreten. »Ich weiß, was du denkst.«
    »Was denke ich?«, fragte sie, und ihr Herz schlug schnell.
    Er legte den Arm um sie und sagte: »Du denkst an diesen Drang.«
    »Drang?«
    »Dich hineinzustürzen. Es ist dasselbe, was man empfindet, wenn man auf einer Aussichtsplattform oder am Rand einer Klippe steht – dieses seltsame Verlangen, einen Schritt ins Leere zu tun. Grundlos, unlogisch. Aber es ist immer da. Als ob...« – er ließ ihre Schulter los – »... dich nichts mehr davon abhalten würde, zu springen, wenn ich loslasse. Weißt du, was ich meine?«
    Marissa zitterte – hauptsächlich, weil sie genau wusste, was er meinte. Aber sie sagte nichts. Um der Unterhaltung eine neue Richtung zu geben, zeigte sie zum anderen Ufer, auf ein kleines, weißes Holzkreuz, das von Blumen umkränzt war. »Was ist das?«
    Er kniff die Augen zusammen. »Ach, schon wieder? Das lassen Leute hier, die unbefugt bei uns eindringen. Das passiert oft, es ist sehr ärgerlich.«
    »Warum tun sie das?«
    Er zögerte. »Ein kleiner Junge ist hier gestorben. Bevor uns die Mühle gehörte... Er wohnte ein Stück die Straße hinauf. Niemand weiß genau, was passiert ist, aber anscheinend hat er mit einem Fußball gespielt, und der ist ihm ins Wasser gerollt. Er fiel hinein, als er ihn herausfischen wollte. Das Wasser fließt sehr schnell, wie du siehst. Er wurde in diesen Abflusskanal dort gesogen und kopfüber eingeklemmt.«
    Marissa litt unter Klaustrophobie. Die Vorstellung entsetzte sie.
    »Es dauerte eine halbe Stunde, bis er tot war. Jetzt kommen seine Verwandten immer und hinterlassen das Gedenkkreuz. Sie streiten es jedoch ab. Sie behaupten, die Kreuze und Blumen würden aus dem Nichts auftauchen. Aber natürlich lügen sie.«
    Marissas Augen waren auf den dunklen, engen Einlass fixiert, wo das Kind gestorben war. Was für eine schreckliche Art, sein Leben zu beenden.
    Antonios laute Stimme ließ sie erneut zusammenzucken. Doch diesmal lachte er. »Jetzt aber genug von den morbiden Geschichten. Lass uns

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