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Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Titel: Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frl. Krise
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starren mich nun ganz genau an. Ist ja unangenehm …
    «Zupfen Sie Ihre Augenbrauen?», fragt Sara.
    «Kinder, Kinder», sage ich, «das ist doch alles voll uninteressant.»
    «Nein, gar nich!» Sara hält ihren Arm neben meinen. «Gucken Sie mal, wie der aussieht!» Viele kleine schwarze Haare wachsen da einträchtig nebeneinander.
    «Ist doch nicht schlimm», sagt Samir tröstlich. «Stört gar nicht! Bloß wenn Mädchen so schwarzen Bart haben … Brrrrr!» Er schüttelt sich.
    «Haben Sie Bart?» Merve studiert jetzt mein Gesicht.
    «Kann man ja mit Faden wegmachen oder mit Wachs oder Karamell!» Necla weiß Bescheid. Ich schweige lieber. Dass ich an dieser Stelle hier und da mit einer Pinzette ein paar Haare entferne, muss ja nun keiner wissen.
    Ich klappe mein Notenheft mit einem kleinen Knall zu. «Schön, wenn das hier keinen mehr interessiert, dann sind wir ja mit der Besprechung fertig.»
    «Nein, nein … Ich weiß meine Note noch nicht!» Sara wird hektisch.
    «Hab ich aber schon gesagt. Aber dich interessierten ja andere Sachen!»
    «Frl. Krise! Sie geben mir neun Punkte, okay? Ich hab mich doch bisschen verbessert.»
    Ich nicke. Das hatte ich genau so vor, ich wollte ihr neun Punkte geben.
    «Guuuut!» Sara strahlt. Dann sagt sie: «Aber Frl. Krise, und Ihre Beine sind echt nicht gelasert? Wissen Sie denn, wie viel das kostet?»
    «Tut mir leid, ich habe wirklich keine Ahnung.»
    Sara seufzt.
    Es klingelt. Wir trudeln aus der Aula. Gemeinsam schleichen wir über den Hof. Es ist so schwül.
    «Tschüs, Frl. Krise», ruft Sara. Sie muss in ein anderes Haus als ich. «Bis Freitag! Und noch mal sorry. Und meinen Sie, das ist teuer, Lasern?»
    Nun ratet mal, was ich eben bei Google nachgeschlagen habe!

Die Saubermänner
    «Wer kehrt mal?» Diese Frage am Ende des Unterrichts löst bei etlichen Schülern meiner Klasse Fluchtinstinkte aus. Besonders die Mädchen machen sich aus dem Staub. Hassan und Emre dagegen lassen sich gern herab, den Besen zu schwingen. «Voll normal», behauptet Emre, «mein Vater saugt auch zu Hause.»
    Azzize ist als einziges Mädchen dageblieben. Sie hockt auf meinem Pult und baumelt mit den Beinen. «Meiner auch», erzählt sie. «Und der kocht sogar! Sie können sich nicht vorstellen, wie gut!»
    Ich versuche gerade die Tür des Pults aufzubrechen. Karl hat sie abgeschlossen, und ich habe den Trick nicht raus, das Schloss zu öffnen. Ömür nimmt mir den Schlüssel aus der Hand.
    «Ich mach Tür auf, lassen Sie mich mal!» Seufzend geht er in die Knie und friemelt am Schloss herum.
    Hoffentlich bricht der mir den Schlüssel nicht ab, denke ich und schließe inzwischen schon mal die Fenster. Es ist 16 Uhr, und wir sind alle irgendwie zu kaputt, um zügig die Klasse zu verlassen.
    «Hilfst du deiner Mutter auch im Haushalt?», frage ich Ömür, der kleine stöhnende Geräusche bei seiner Tätigkeit als Panzerknacker von sich gibt. Er lebt ja alleine mit seiner Ane, und ich habe den Verdacht, sie verwöhnt ihn ohne Ende.
    «Natürlich! Ich mach alles! Ich kann auch Waschmaschine! Sogar Bank!»
    «Früher haben die Männer nichts gemacht», bemerkt Emre und schaufelt selbstzufrieden den aufgefegten Dreck in den Mülleimer, «das ist aber heute nicht mehr so, Frl. Krise!»
    «Doch, in Osttürkei! Die brauchen noch tausend Jahre! Aber in Istanbul, da ist alles voll modern! Vallah, Sie können sich nicht vorstellen», sagt Ömür und präsentiert mir galant die geöffnete Tür des Pults.
    «Super! Danke!» Endlich komme ich wieder an meine Folien und Stifte ran.
    «Macht Ihr Mann auch Haushalt?»
    «Ja klar, der ist sowieso viel ordentlicher als ich, und wisst ihr was? Der kann voll gut backen.»
    Ömür kichert. «Kuchen oder was?», fragt er.
    «Ja, Käsekuchen und Fantakuchen.» Mein Magen knurrt.
    «Guck mal, Frl. Krise», mischt sich Azzize ein. «Mein Onkel, also großer Bruder von meiner Mutter, der ist schon alt, über vierzig oder sechzig oder so. Der macht sich manchmal lustig über mein Baba, weil der Küche macht. Aber ist mein Baba egal.»
    «Ich find das voll süüüüß, wenn Männer Kinderwagen fahren!» Aynur ist zurückgekommen, weil sie Azzize vermisst. Sie kriegt glänzende Augen beim Gedanken an einen Kinderwagen schiebenden Ehemann …
    Hassan, der auch mit fegt und seit neustem eine kleine Schwäche für Aynur zu haben scheint, guckt ein bisschen zweifelnd. Wahrscheinlich dachte er bisher nur in Kategorien wie BMW und Mercedes … Wie viel PS wohl ein

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