Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Titel: Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frl. Krise
Vom Netzwerk:
und hoffte, dass ich morgen wie immer neben Frau Herz platziert bin.
    Aber bevor wir hitzefrei hatten, war Transpirieren angesagt. Besonders die Schüler transpirierten. Ach, was sage ich, der Schweiß lief ihnen in Strömen über die jugendliche Haut; im Grunde waren sie gar nicht arbeitsfähig.
    Außerdem ist Montag! Und am Wochenende ist wieder so viel passiert! Das muss erst einmal aufgearbeitet werden: Hochzeiten im Familienkreis, ein Baby wurde entführt, ein Mädchen im Schwimmbad vergewaltigt, ein Kind stürzte vom Balkon, und in Japan sprang jemand vor ein Formel-1-Auto. Die Quelle all dieser Scheußlichkeiten ist wie immer Facebook. Was sonst.
    «So, jetzt lasst uns mal anfangen», sage ich nach zehn Minuten in einem muttivierenden Tonfall und schwenke meine Bio-Materialien. Ich hatte heimlich gehofft, die fehlenden zehn Schüler würden in der Zwischenzeit noch eintrudeln. Aber da sah ich mich getäuscht.
    «Warum haben Sie eigentlich Ihre Sonnenbrille an?», fragt Nesrin.
    «Ich habe ein entzündetes Auge», erkläre ich und schiebe die Brille kurz hoch.
    «IeeehhhH! Was das?» Nesrin wendet sich schaudernd ab.
    «Na, sooo schlimm ist das ja nun auch wieder nicht», sage ich leicht gekränkt und lasse das Gestell wieder auf die Nase zurückplumpsen.
    «Aber voll cool, Ihre Brille!» (Necla)
    «Ist von Versace, wa?» (Fuat)
    «Ja, aber egal, lasst uns mal anfangen!» (Ich)
    «Wollen Sie mal meine Sonnenbrille sehen?» (Nesrin)
    «Nein, ich will anfangen, teil mal bitte die Blätter hier aus!» (Ich)
    «Meine Brille ist von Gucci, war voll teuer!» (Nesrin)
    «Zeig mal!» (Necla)
    «Meine Mutter hatte auch mal Brille von Versace, ist aber …» (Aynur)
    «HimmelherrGottnochmalSchlussjetztichwillanfangen!» (Ich, laut)
    «Ja, doch. Frl. Krise, erschrecken Sie uns doch nich so!» (Aynur)
    «Kann man gar nichts mehr sagen hier?» (Nesrin, beleidigt)
    «Ja, nein, wir machen jetzt Bio! Ich will nichts anderes mehr hören, teil mal diese Ahornblätter aus.» (Ich, versöhnlich)
    «Warum müssen wir das überhaupt machen? Ist voll langweilig!» (Fuat)
    «Mir ist so heiß, kriegen wir heute hitzefrei?» (Erkan)
    Derartige Konversationen können wir stundenlang führen.
    Ein bisschen Bio haben wir dann auch noch gemacht. Ein bisschen.
    Beim Anblick einer Sonnenblume im Buch hatte Necla eine Frage: «Frl. Krise, das Braune da bei der Blüte, das wird mal Sonnenblumenkerne, oder?»
    «Ja, genau.»
    «Komisch irgendwie. Aber sind noch nicht gesalzen, oder?»
    War aber auch echt voll warm heute.

Ein haariges Thema
    So können wir heute nicht proben! Mehrere Mädchen fehlen, und von unseren drei Jungen ist auch nur einer da. Also setzen sich die Übriggebliebenen gemütlich auf die Bühne, überlegen zuerst, wie unser Stück weitergehen könnte, und kontrollieren dann, ob ich wohl auch wirklich gerechte Noten gegeben habe.
    Alle linsen in mein Notenheft und versuchen noch flott das Beste herauszuschlagen.
    Nur Sara nicht. Die fährt in einem unbeobachteten Moment mit einer Hand leicht über die Haut meines linken Unterschenkels. Ich habe einen Rock an und trage natürlich bei der Hitze keine Strümpfe.
    «Gelasert», stellt sie sachkundig fest.
    Alle gucken sie leicht geschockt an, und ich sage völlig perplex: «Also, SARA!»
    «Sorry, sorry!» Sara wird ganz rot. «’tschuldigung!»
    «Also, das geht aber nun wirklich zu weit!» Ich bin echt verblüfft über so viel Distanzlosigkeit.
    «Sorry, Frl. Krise. Ich weiß, das macht man nicht! Aber … aber … Ihre Beine sind gelasert, wa? Voll weich und kein bisschen Haare.»
    Jetzt starren alle auf meine Beine. Voll peinlich! Ich ziehe sie unter den Bühnenrand und bin froh, dass sie wenigstens schon etwas braun sind und nicht wie Quarkkeulchen aussehen.
    «Ist das teuer? Lasern?», fragt Merve.
    «Meine Beine sind nicht gelasert», sage ich mit Nachdruck. «Da wachsen einfach keine Haare drauf!»
    «Sie rasieren!», meldet sich jetzt Samir zu Wort. Er muss sich schon im Gesicht rasieren, erzählt er auch gleich ungefragt.
    «Nein! Ich mache gar nichts. Auf meinen Beinen wachsen einfach keine Haare. Punkt. Noch nie!»
    «Hmm.» Sara runzelt die Stirn. «So blonde Deutsche haben nicht so viele Haare wie wir, vielleicht deshalb.»
    «Aber Frl. Krise ist doch nicht blond! Die sieht doch aus wie wir. Ich dachte zuerst, sie ist voll die Türkin, und meine Mutter dachte auch», sagt Necla und nimmt nun meine Arme in Augenschein.
    «Da hat sie auch keine Haare!»
    Alle

Weitere Kostenlose Bücher