Ghost Lover
solltest viel öfter lachen. Du strahlst in diesen Momenten von innen heraus.“
Ella schluckte. Überdeutlich wurde ihr die erotische Spannung bewusst, die im Raum lag.
„Ich werde einkaufen fahren.“ Sie hielt diesen Gedanken für eine fantastische Gelegenheit, aus dem Haus und vor Marcus zu fliehen. Zwar hatte sie nicht vorgehabt, so bald schon wieder einkaufen zu fahren, aber jetzt kam ihr eine Shoppingtour genau recht.
Marcus wirkte enttäuscht. „Wie schade.“ Geziert steckte er ein Stück Brot in den Mund.
Ella rutschte auf ihrem Stuhl umher. „Ich brauche Lebensmittel und …
und ich dachte, ich besorge dir Kleider.“
Marcus sah an sich hinunter. „Stimmt etwas nicht mit meiner Garderobe?“
„Doch, nur …“ Ella rang mit ihren Händen, um Worte verlegen.
„Vielleicht hättest du gerne Kleidung zum Wechseln.“
„Ich habe kein Geld, auch keinen versteckten Schatz.“ Er zwinkerte Ella zu, doch sie bemerkte sein Unbehagen.
„Das Geld muss dir kein Kopfzerbrechen bereiten. Zum einen bin ich reich, und zum anderen zählen solche Dinge unter Freunden nicht.
Außerdem kosten Kleider heutzutage nur noch einen Bruchteil dessen, was sie zu deiner Zeit kosteten.“
„Tatsächlich?“
Ella nickte. „Kleider werden heute von Maschinen hergestellt. Damit sind schöne Kleider nicht mehr nur für Reiche erschwinglich.“
„Keine Überfälle auf offener Straße wegen der Kleidung?“ In Marcus’ Augen lauerte der Schalk.
Ella lachte. „Es gibt weder Straßenräuber noch Raubritter.“
„Wie traurig …“ meinte Marcus amüsiert. „Für die Raubritter.“ Ella räumte ihr Gedeck auf.
„Ich mache mich jetzt fertig und fahre nach Maidenly Head.“
„Benutzt du dein Automobil?“
„Ja, natürlich.“
„Wie faszinierend.“
„Ich werde dich einmal mit dem Auto mitnehmen“, versprach sie ihm.
Ella stieg in den Vauxhall, startete den Motor und ließ das Fahrerfenster hinunter.
„Bis heute Mittag.“
Sie warf aus dem Rückspiegel einen letzten Blick auf Marcus, der irgendwie traurig wirkte. Fast wie ein kleiner Junge, dessen Lieblingsspielzeug weggeräumt worden war.
Marcus sah dem Automobil nach, bis es nicht mehr zu sehen war. Erst dann ging er ins Haus zurück. Ohne Ella wirkte das Anwesen düster und freudlos. Ziellos lief er durch die Räume, bis er schließlich im Schlafzimmer landete.
Er konnte nicht widerstehen und schnupperte an ihrem Kissen. Er schloss die Augen.
Er verstand die Frauen dieser Zeit nicht. Sie beanspruchten das Recht, sich die Freiheiten der Männer zu nehmen, wollten aber als Frauen wahrgenommen und behandelt werden. Ein Widerspruch. Wie sollte man einen weiblichen Richter oder Ordnungshüter ernst nehmen, wenn man die sanften, fraulichen Rundungen vor den Augen hatte? Wenn ihr Geruch die männlichen Nasen kitzelte.
Marcus legte das Kissen beiseite. Ella war ihm ein Rätsel. Sie behandelte ihn wie einen Gast. Manchmal wie einen nervigen Gast, doch nie fühlte er sich ernsthaft unerwünscht. Vielmehr schien sie oft ein wenig abwesend und zu zerstreut, um sich mit seiner Existenz ernsthaft auseinanderzusetzen. Zu gern hätte er sie danach gefragt, doch er fürchtete, Ellas Freundlichkeit zu strapazieren.
Fürwahr, es herrschten seltsame Sitten in diesen Zeiten. Eine Frau wie Ella, schön, intelligent, vermögend, hätte zu seiner Zeit längst einen Ehemann besessen. Stattdessen lebte sie hier allein und ohne Dienstboten.
Soweit er es einschätzen konnte, war sie keine Witwe und doch war sie nicht unerfahren, wie ihre Küsse verraten hatten.
Er legte das Kissen zurück und trat an das Fenster.
Ella parkte den Mietwagen auf einem kleinen Parkplatz nahe dem Zentrum von Maidenly Head.
Als sie aus dem Auto stieg, sah sie sich erst einmal um. Vor ihr gabelte sich die Strecke in zwei schöne Einkaufsstraßen.
Maidenly Head war noch eines dieser typisch englischen Städtchen mit kleinen Shops und Boutiquen, Wettbüros und Pubs.
Ella entschied sich für die linke Gasse, dort befand sich die Boutique, in der sie kürzlich eingekauft hatte. Tatsächlich gab es eine Herrenboutique nur zwei Läden weiter. Die Außenfassade war in dunklem Moosgrün gestrichen und die Lettern des Shopnamens prangten in Gold über Tür und Schaufenster.
Die dargebotenen Kleider machten einen guten Eindruck auf Ella.
Wenn sie schon die Gelegenheit bekam, einen Mann komplett einzukleiden, dann würde er nur Sachen anziehen, die auch ihr gefielen.
Ein melodiöses Klingeln
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