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Ghost

Titel: Ghost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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mit denen ich jemals geschlafen habe. Die Zahl ist eher respektabel denn riesig – angenommen, es handelte sich um eine Stehparty, dann hätten sie bequem in meinem Wohnzimmer Platz. Und falls, was Gott verhüten möge, diese Zusammenkunft jemals stattfände, dann wäre Kate der unumstrittene Ehrengast. Sie wäre diejenige, der man einen Stuhl holen, deren Glas von mitfühlenden Händen nachgeschenkt und die inmitten von ungläubigen Gesichtern sitzen würde, während man meine moralischen und physischen Makel sezierte. Sie war diejenige, die es am längsten mit mir ausgehalten hatte.
    Als sie ging, knallte sie die Tür nicht etwa zu, sondern schloss sie sehr behutsam. Hat Stil, dachte ich. Der Ticker auf dem Bildschirm meldete, dass sich die Opferzahl gerade auf acht erhöht hatte.

ZWEI
    »Ein Ghostwriter mit nur laienhaften Kenntnissen über seinen Kunden ist in der Lage, die gleichen Fragen zu stellen wie der laienhafte Leser, und erweitert deshalb den potenziellen Leserkreis eines Buches erheblich.«
    »GHOSTWRITER«
     
     
    Rhinehart Publishing UK bestand aus fünf altehrwürdigen Firmen, die in den Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts während eines heftigen Anfalls von Konzernkleptomanie zusammengekauft wurden. Aus ihren Dickens’schen Dachstuben in Bloomsbury vertrieben, wurden sie schließlich – aufgestockt, abgebaut, umstrukturiert, umbenannt, modernisiert und fusioniert – in Hounslow in einem Bürogebäude aus Stahl und Rauchglas abgekippt, dessen Versorgungsleitungen sich an den Außenwänden befanden. Der Bau duckte sich zwischen die Kieselputz-Wohnsiedlungen wie ein verlassenes Raumschiff, das seine Suchmission nach intelligentem Leben ergebnislos abgebrochen hatte.
    Mit professioneller Pünktlichkeit traf ich fünf vor zwölf vor dem Gebäude ein und musste feststellen, dass der Haupteingang verschlossen war. Ich musste per Summer um Einlass bitten. Das Schwarze Brett im Foyer informierte über die Terroralarmstufe: ORANGE/HOCH. Durch das dunkle Glas konnte ich sehen, wie mich die Wachmänner in ihrem trüben Aquarium auf dem Monitor begutachteten. Als ich schließlich hineindurfte, musste ich meine Taschen ausleeren und durch einen Metalldetektor gehen.
    Quigley erwartete mich an den Aufzügen.
    »Wer will denn den Laden hier in die Luft jagen?«, fragte ich. »Random House?«
    »Wir veröffentlichen Langs Memoiren«, erwiderte er mit steifer Stimme. »Das allein reicht wohl, um als Ziel infrage zu kommen. Rick ist schon oben.«
    »Wie viele haben Sie schon durch?«
    »Fünf. Sie sind der Letzte.«
    Ich kannte Roy Quigley ziemlich gut – gut genug, um zu wissen, dass er nichts von mir hielt. Er war etwa fünfzig, groß gewachsen, Tweedträger. In einem glücklicheren Zeitalter hätte er Pfeife geraucht und bei ausgiebigen Lunchs in Soho unbedeutenden Gelehrten winzige Vorschüsse angeboten. Heute bestand sein Mittagsmahl aus einem Plastikteller mit Salat, den er an seinem Schreibtisch mit Blick auf die M 4 einnahm, und seine Anordnungen erhielt er direkt von der Vertriebsleiterin, einem Mädchen von etwa sechzehn Jahren. Er hatte drei Kinder auf Privatschulen, die er sich nicht leisten konnte. Als Preis des Überlebens hatte er sich tatsächlich genötigt gesehen, ein Interesse an populärer Kultur zu entwickeln, das heißt an Fußballern, Supermodels und Comedians, deren Namen er sorgsam aussprach und deren Gewohnheiten er in der Boulevardpresse mit professoraler Distanz studierte, als gehörten sie einem abseitigen mikronesischen Volksstamm an. Letztes Jahr hatte ich ihm ein Projekt vorgeschlagen: die Memoiren eines Zauberers, der – natürlich! – als Kind missbraucht worden war, sich aber mithilfe seiner Fähigkeiten als Illusionist ein neues Leben hatte heraufbeschwören können, etc., etc. Er hatte die Idee rundweg abgelehnt Das Buch war direkt auf Platz eins geschossen: Ich kam, sagte und siegte. Der Groll nagte noch heute an ihm.
    »Eins vorab«, sagte er, während wir zur Penthouse-Etage hinaufglitten. »Ich glaube nicht, dass Sie der richtige Mann für diesen Auftrag sind.«
    »Tja, Roy, der Job ist gut. Was heißt: Ist nicht Ihre Entscheidung.«
    Quigleys Status konnte ich ganz genau einschätzen. Sein Titel lautete Cheflektor UK Group, was hieß, dass er die Befugnisse einer toten Katze hatte. Der Mann, der in der globalen Show das Sagen hatte, wartete im Sitzungsraum auf uns: John Maddox, Vorstand der Rhinehart Inc., ein großer New Yorker mit den Schultern eines

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