Ghostbound (German Edition)
das Farbenspiel betrachtete.
Viel zu schnell ging die Sonne völlig unter, und Elizabeth war richtiggehend enttäuscht, dass Daniel wieder wie ein normaler Mensch aussah.
„Na, das war ja mal was“, murmelte er, noch immer völlig perplex.
„Das kannst du aber laut sagen“, pflichtete sie ihm nicht minder verblüfft bei. Dann lächelte sie ihn an und sagte: „Ist schön, dich wieder zu sehen, Danny.“
„Ist auch schön, gesehen zu werden.“
„Ich würde aber wetten, du wünschst dir, es wäre jemand anderer, der dich sehen und hören kann. Jemand den du besser kennst als mich“, sagte Elizabeth leise und griff damit ihren vorherigen Gedankengang auf.
Daniel neigte den Kopf zur Seite und sah ihr in die Augen, bevor er fast flüsternd antwortete: „Die Wette würdest du verlieren, Liz.“ Er zögerte einen Augenblick, dann fragte er: „Wünschst du dir denn, ich würde woanders kettenrasseln , wie du es gestern so nett ausgedrückt hast?“
„Nein, natürlich nicht“, entfuhr es Elizabeth, und sie stellte erstaunt fest, wie grässlich sie allein die Idee fand, Daniel könnte wieder aus ihrem Leben verschwinden.
Für den langen Moment, der darauf folgte, blickten sie sich einfach nur schweigend an. Daniels grüne Augen riefen wieder diese sich rasch ausbreitende Wärme in ihr hervor. Mit sich beschleunigendem Puls dachte Elizabeth daran, was für ein perfekter Augenblick für einen Kuss das doch jetzt wäre.
Anstelle diesen törichten Gedanken jedoch weiter zu verfolgen, oder gar laut auszusprechen, brachte sie sich eilends selbst zur Räson. Er mochte auf sie zwar sehr lebendig wirken, doch das war er nicht, Herrgott noch mal! Er war tot, ein Geist, und eine Romanze mit einem Geist war ja wohl völlig indiskutabel! Wenn sie nicht aufpasste und ihre Gedanken und Gefühle nicht besser im Zaum hielt, würde das zwangsläufig zu einem gebrochenen Herzen führen.
Mit dünner Stimme sagte sie deshalb: „Lass uns weiter gehen, bevor es komplett dunkel wird.“
Sie überquerten gerade die Millennium Bridge, um auf das südliche Themseufer nach Southwark zu gelangen, als Elizabeths Handy klingelte. Es war eine völlig aufgelöste Jennifer, die in einem zwei-minütigen Wortschwall erst mal auf Elizabeth einredete, bevor diese auch nur eine einzige Erwiderung dazwischenschieben konnte.
„Jenn, mach dir bitte keine Sorgen“, versuchte Elizabeth ihre Freundin zu beschwichtigen. Auf der Brücke war es so zugig, dass sie gegen den Wind fast anschreien musste, damit Jennifer sie verstand. „Wir wissen doch beide, dass ich es sowieso nicht viel länger beim Star ausgehalten hätte. So wurde mir die überfällige Entscheidung eben abgenommen. Ich werde die Gelegenheit wohl nutzen und mich selbstständig machen.“ Da hatte Elizabeth einen Geistesblitz. Heute Nachmittag hatte sie ihre Mission in Daniels Wohnung durch das ebenso unerwartete wie unerfreuliche Auftauchen Detective Woods nicht zu Ende bringen können, daher fehlte ihr noch immer etwa die Hälfte des Spieleinsatzes für morgen.
„Hör mal, Jenn, um mich als freie Journalistin selbstständig zu machen, muss ich morgen etwas erledigen, wozu ich tausend Pfund benötige.“ Sie sah kurz zu Daniel, der ihre Absicht verstand und ihr mit einem ausgestreckten Daumen signalisierte, dass er die Idee guthieß. Daniels Zuversicht gab ihr den nötigen Mut, um ihre Freundin zu fragen: „Ähm, denkst du, ich könnte mir von dir das Geld borgen? Du bekommst es auch ganz bestimmt schon am Sonntag zurück.“ Sie sandte ein Stoßgebet zum Himmel, dass das auch stimmte.
„Wofür brauchst du denn das Geld?“, wollte Jennifer verhalten wissen. „Nichts Illegales, oder?“
„Nein, selbstverständlich nicht!“ Was dachte ihre Freundin nur von ihr? „Vertrau mir bitte, Jenn. Es ist eine Starthilfe, nichts weiter.“
Es war kurz still in der Leitung, doch dann sagte Jennifer: „In Ordnung, Süße. Wenn ich dir damit helfen kann, auf die Beine zu kommen, dann mache ich das natürlich gerne. Und du musst es mir auch nicht schon am Sonntag zurückgeben. Ich komme morgen Vormittag vorbei und bringe dir das Geld und auch die Sachen aus deinem Schreibtisch.“
„Danke, Jenn. Du bist die Größte!“ Zwar hatte Elizabeth ein furchtbar schlechtes Gewissen, sich von ihrer Freundin Geld zu leihen, auf der anderen Seite fiel ihr aber auch ein Stein vom Herzen, weil sie nichts von Daniels Sachen in einem Pfandhaus versetzen musste.
„Kein Problem“, versicherte
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