Ghostman: Thriller (German Edition)
den Atem, und ich stolperte rückwärts. Ich bekam keine Luft. Eine zweite Kugel traf mich, und gleich darauf eine dritte. Die Ausrüstung auf meinem Rücken zog mich herunter, und der Schock des ersten Treffers war noch nicht vergangen. Ich stürzte und rollte auf dem Boden ein paarmal hin und her. Ich atmete ein, so gut ich konnte, aber nichts passierte. Meine Lunge ließ keine Luft herein. Es war, als sitze jemand auf meiner Brust.
Hsiu und Vincent retteten mich. Sie kamen von hinten, packten mich bei den Armen und schleiften mich zu dem gepanzerten Truck. Vincent wuchtete mich hinten hinein, und Mancini kniete neben uns und feuerte einen Schuss nach dem anderen durch die Hecktür. Er nahm mir das G36 ab, schob das frische Magazin vollends hinein und eröffnete das Feuer auf die Polizei in schnellen, kontrollierten Salven. Er wechselte von Ziel zu Ziel, als schieße er auf dem Schießstand auf Glasflaschen. Als ich in Sicherheit gebracht war, schlug er zweimal auf das Dach, schlug die Hecktür zu, und der Wagen rollte mit kreischenden Reifen an.
Ich sah Alton durch das kleine Fenster zwischen Laderaum und Fahrerkabine. Er schwenkte plötzlich nach links, und ich flog gegen die rechte Wand. Angela kletterte über die Rucksäcke zu mir herüber. Sie wollte etwas sagen, brachte jedoch kein Wort heraus.
Der Panzerwagen pflügte sich durch die beiden Polizei-Trucks, die keine Chance hatten. Vor unserem Kühler knautschten sie zusammen und wurden seitwärts drei Meter weit die Rampe hinaufgeschoben, bevor sie nach rechts und links geschleudert wurden.
Ein normaler gepanzerter Transporter hat sechzehn Schießscharten, die aussehen wie kleine Briefkastenschlitze. Innen ist ein Griff, mit dem man sie aufschieben kann, und sie sind gerade groß genug für die Mündung eines Schrotgewehrs, denn es ist fast unmöglich, ein so kleines Ziel von außen zu treffen, wenn man nicht direkt danebensteht.
In den Hecktüren waren zwei solche Scharten.
Mancini schob eine davon auf. Er zielte sorgfältig über das Visier in der kleinen Öffnung im Metall und feuerte eine Kugel nach der anderen in Joes Leiche. Ich spürte die Vibrationen einer Kollision hinter uns und dann eine Explosion. Das Nitroglyzerin in Landis’ Gepäck war hochgegangen. Die Schockwelle rollte durch den Boden. Mündungsblitze füllten den dunklen Raum, und dann auch der Geruch von verbranntem Schießpulver und verdampfendem Beton, so dick wie Rauch. Heiße Messinghülsen sprudelten aus dem Verschluss an Mancinis Gewehr. Er langte herunter, zog ein Magazin aus meiner Weste und lud das G36.
Ich war inzwischen in einem speziellen Universum des Schmerzes angekommen. Ich wand mich auf dem Boden des Trucks und atmete in kurzen Stößen wie ein Fisch. Sehen konnte ich fast nichts mehr. Alles war dunkel. Ich schälte mir die Mütze vom Kopf und krallte die Hände vor der Brust in mein Hemd, bis es aufging. Darunter trug ich eine taktische Panzerweste mit zwei Traumaplatten aus Titanium, die dazu gedacht waren, Sturmgewehrprojektile aufzuhalten. In der linken Platte steckte ein Trio von Neun-Millimeter-Hohlspitzgeschossen. Sie waren dicht über dem Herzen durch das Kevlar gedrungen. Ich pflückte eins davon ab. Es sah aus wie ein Pilz.
Angela schrie mir etwas ins Ohr, aber ich verstand sie nicht. Ich hörte nur ein schrilles Klingeln, als sei in meinem Kopf ein Feueralarm losgegangen. Sie berührte meine Ohren, und dann sah ich rote Flecken an ihren Handschuhen. Blut tropfte aus meinen Ohren und sickerte in meinen Hemdkragen.
Sie schrie und schrie, bis ich etwas hörte.
» Ist eine durchgegangen?«
» Ich weiß nicht«, rief ich. » Ich kann nicht atmen.«
» Bleib ruhig!«, schrie sie mir ins Ohr. » Du hast drei Kugeln und eine Schockgranate abgekriegt. Ich sehe sonst kein Blut. Also dürfte alles okay sein. Vielleicht ein paar gebrochene Rippen, aber sonst nichts.«
Eine Schockgranate macht einen Knall, der tausendmal lauter ist als ein Flintenschuss, und einen Lichtblitz, der so hell ist wie die Sonne. Das geschieht mit Magnesium und Ammoniumnitrat, und wer es abbekommt, wünscht sich, er wäre tot. Mir war, als schwimme ich in einem statischen Rauschen, und am besten kann ich es als einen Migränekopfschmerz beschreiben, der den ganzen Körper erfasst hatte.
Angela wühlte ein Röhrchen Kokain aus ihrer Jackentasche und schüttete die Hälfte davon in die flache Hand, um sie mir dann auf Mund und Nase zu drücken. Das Pulver wurde mir ins Gesicht gerieben
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