Ghostman: Thriller (German Edition)
nervös, aber ich wusste nicht genau, was es war.
Nach ungefähr zwanzig Minuten lief eine Story über die Schießerei vor dem Regency über den Bildschirm, und ich drehte den Ton auf. Die Namen der Opfer wurden nicht genannt, aber sie zeigten ein altes Foto von Moreno im olivgrünen Tarnanzug und dann zwei Schockbilder vom Hotelhochhaus und von einer Reihe Einschusslöcher im Beton. Auf dem Boardwalk hatte sich ein Nachrichtenteam niedergelassen. An der Zuschauermenge im Hintergrund konnte ich erkennen, wo sich der Überfall abgespielt hatte. Eine Reporterin sprach von vier Toten am Tatort. Bei einem der Opfer handele es sich um einen der Geldräuber, die Polizei vermute aber, dass zwei weitere Verdächtige auf der Flucht seien. Ich spitzte die Ohren. Ich hatte gleich einen dritten Schützen vermutet, als Marcus mir erzählte, was da abgelaufen war, aber jetzt hatte ich die Bestätigung. Die Täter hätten detaillierte Kenntnisse vom Sicherheitssystem des Casinos gehabt, fuhr die Reporterin fort, die Ermittlungen seien bereits im Gange.
Dann kam Jerome Ribbons’ Fahndungsfoto.
Ich hätte beinahe meinen Kaffee verschüttet. Das Foto war ein paar Jahre alt, aber er war es ohne Zweifel. Als Zeuge gesucht. Ribbons’ Name stand in Großbuchstaben am unteren Bildschirmrand neben der Nummer für sachdienliche Hinweise, und die Reporterin widmete ihm zwei ganze Sätze. In weniger als vier Stunden hatten sie ihn identifiziert. Scheiße.
Ich drückte auf die Pausentaste und starrte das Bild an. Klapperte mit den Lidern. Ribbons sah ungefähr vier Jahre jünger aus, als er sein dürfte. Er starrte finster in die Kamera und hielt eine Registrierungsnummer hoch. Er war ein dicker Mann, regelrecht fett, mit einem Jungengesicht und einer Gesichtsbehaarung, so dicht wie ein Drahtschwamm. Vorgebeugt wie ein Braunbär saß er da, und sein Mund hing offen. Seine Augen waren blutunterlaufen, und er sah erschöpft aus. Die Aufnahme war vom Philadelphia Police Department gemacht worden; deshalb war er noch in Straßenkleidung. Die Tattoos an dem einen sichtbaren Handgelenk und am Hals erzählten eine ganze Geschichte. Am Handgelenk erkannte ich einen stilisierten Bock. Er war im Knast gewesen und hatte, nach dem Gehörn zu urteilen, fünf Jahre abgesessen. Er war ein Bandenmitglied– oder er war eins gewesen–, das verriet die tätowierte Pistole unter seinem Kinn. Seine Nase war gebrochen und nie ganz in Ordnung gebracht worden, und seine Fingerknöchel waren mit Narben bedeckt.
Ich kannte ihn irgendwoher. Aber ich wusste nicht, woher.
Wenn Ribbons am Tatort nicht gewaltig gepatzt hatte, mussten sie seinen Namen gefunden haben, als sie Moreno durch den Computer laufen ließen. Ribbons stand wahrscheinlich auf der Liste von Morenos bekannten Verbindungen. Es dürfte nicht lange gedauert haben, Ribbons anhand des Überwachungsvideos vom Überfall zu identifizieren. Angesichts seiner Größe und seiner Vergangenheit war er ziemlich unverwechselbar. Es gibt nicht viele eins neunzig große Straftäter mit Hirschbock-Tattoos. Das Material sollte reichen, um sein Foto aus den Polizeiakten an die Medien zu geben. Schon am Nachmittag würde die ganze Welt nach Jerome Ribbons suchen.
Ich sah auf die Uhr. Noch drei Stunden bis zur Landung. Mein Auftrag war zu einer ziemlichen Herausforderung geworden.
Ich drückte die PLAY -Taste und goss mir noch eine Tasse Kaffee ein. Der Bericht war fast zu Ende, und als er vierzig Minuten später wiederholt wurde, kam nichts Neues. Ich saß da und malte mir aus, was seit sechs Uhr morgens Eastern Time passiert sein konnte. Die Ermittlungen dürften schnell ins Gigantische angewachsen sein, denn jedes Verbrechen, das die Notenbank betrifft, ist ein Albtraum– jede Stelle meint plötzlich dafür zuständig zu sein. Natürlich würde die Polizei ihre Detectives einsetzen, schließlich waren Menschen getötet worden. Die Sheriffs würden ihre Deputys losschicken, weil Flüchtige frei herumliefen. Das FBI würde ihre Agenten darauf ansetzen, denn Bankraub stellt einen Verstoß gegen das Bundesgesetz dar. Der Secret Service konnte im Spiel sein, weil zu seinen Aufgaben die Bekämpfung von Straftaten gegen die Landeswährung gehört. Die Federal Reserve hat ihre eigenen Ermittlungsbeamten, und, verdammt, selbst die zwölf Distrikt-Banken haben ihre eigene Sicherheitsabteilung. Wahrscheinlich waren inzwischen zwei Dutzend Männer in billigen Anzügen in Atlantic City unterwegs.
Und Ribbons war noch auf
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