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Ghostman: Thriller (German Edition)

Ghostman: Thriller (German Edition)

Titel: Ghostman: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Hobbs
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dreihundertsiebzehn. Sie sagt, es war so was wie ein Kratzen.«
    » Ist sie da sicher? Ich kann jemanden hinaufschicken, wenn Sie möchten.«
    » Können Sie mir sagen, ob da jemand wohnt? Dann kann ich ja selbst mit denen reden.«
    Er schwieg kurz, und ich hörte das Klappern einer Tastatur.
    » Tut mir leid, Sir, aber das Zimmer ist nicht bewohnt. Sie meinen ganz sicher nicht drei-eins-fünf?«
    » Ich sage Ihnen nur, was meine Frau gesagt hat, aber es ist nicht so wichtig. Trotzdem vielen Dank.«
    Ich legte auf, holte mein Einbruchswerkzeug und knackte das Schloss der Verbindungstür. Zimmer317 war dunkel und das Kingsize-Bett gemacht. Ich nahm eins meiner Handys und stellte den Wecker so, dass er in vier Stunden losgehen würde, und dann holte ich meinen Revolver aus der Reisetasche. Ich drehte die Trommel und vergewisserte mich, dass die Waffe geladen und einsatzbereit war. Mit leisem Klicken sprang der Arretierbolzen von Kammer zu Kammer. Ich legte den neuen Anzug heraus und stopfte den alten mit allem andern in die Tasche.
    Manche Bankräuber treffen eine Menge Vorsichtsmaßnahmen, bevor sie irgendwo schlafen gehen. Ich habe Leute gekannt, die den Boden rund um das Bett mit Zeitungen bedecken, damit sie es hören, wenn sich jemand heranschleicht. Und manche schlafen sogar nur aufrecht im Sessel. Ich halte mich auch an gewisse Regeln, aber sie sind weniger drastisch. Meine Waffe kommt geladen und gesichert unter das Kopfkissen. Meine Schuhe stehen mit offenen Schnürsenkeln neben dem Bett, sodass ich mühelos hineinschlüpfen kann. Meine Kleider für den nächsten Tag liegen daneben auf dem Boden. Meine Tasche steht gepackt an der Tür, und das Licht im Bad bleibt an, damit es nicht völlig dunkel ist. Ich schminke mich nicht ab, und zumindest solange ich an einem Job arbeite, nehme ich die Uhr nicht ab. Ich will jederzeit gehen können, und wenn etwas ein bisschen verwischt ist, macht das nicht viel.
    Wenn jemand käme, um mich im Schlaf umzubringen, würde ich nicht viel Widerstand leisten können. Aber verschwinden könnte ich innerhalb von zehn Sekunden. Das sind meine Prioritäten. Natürlich hat schon mal jemand versucht, mich im Schlaf zu ermorden. In Bogotá bin ich einmal aufgewacht, weil ein Mann mit einem Messer über mir stand. Ich habe zweimal geschossen, bevor er mir die Kehle durchschneiden konnte. Da hatte ich großes Glück, aber auf sein Glück darf man sich nicht verlassen. Ich glaube nicht, dass es noch einmal gutgeht.
    Ich war noch ein bisschen aufgedreht vom Kaffee, und deshalb nahm ich mein Exemplar der Metamorphosen aus der Reisetasche und las ein paar Minuten, um einen klaren Kopf zu bekommen. Bei lateinischen Texten brauche ich keine Übersetzung, aber ich lese trotzdem gern neue Übertragungen, um zu sehen, wie der Übersetzer mit dem Text umgegangen ist. Übersetzungen haben eine Finesse, die mich ein bisschen an meinen Beruf erinnert. Ein Übersetzer nimmt die Geschichte eines anderen und fasst sie in seine eigenen Worte. In gewisser Weise tue ich das auch. Das hat Angela nie ganz verstanden. Ich habe versucht, es ihr zu erklären, doch ihr Verstand war zu flink, um es wirklich zu erfassen. Wenn sie eine neue Identität annahm, war es wie ein Atemzug. Für mich ist es eine Übersetzungsarbeit.
    Ich schob das Buch wieder in die Tasche und den Revolver unter das Kopfkissen.
    Dann kroch ich unter die Decke und schloss die Augen. Ich erinnere mich kaum ans Einschlafen. Angela machte sich immer lustig darüber, dass ich so gut schlafe. In meinen letzten Gedanken sah ich uns zusammen in dem Hotel in Oregon. Ich hörte das Rauschen des Waldes und das Knistern des offenen Feuers dort unten. Wenn ich etwas geträumt habe, erinnere ich mich nicht daran.
    Aber niemals vergesse ich das Geräusch, das mich weckte.

ZWANZIG
    Kuala Lumpur
    Am ersten Morgen des Asia-Devisenjobs kam Angela aus ihrem Schlafzimmer in unserer gemeinsamen Suite, ging quer durch den Flur in mein Zimmer und weckte mich. Sie nahm den Wecker vom Nachttisch und hielt ihn an mein Ohr. Er ging los, und ich machte einen Satz. Sie kritisierte immer, dass ich so tief und fest schlief. Wenn sie schlief, tat sie es in einstündigen Phasen, unterbrochen von ruhelosem Auf- und Abgehen und gelegentlichen Zigaretten. Bei mir war es, als falle ich ins Koma.
    » Meeting in einer Stunde«, sagte sie.
    Ich brauchte einen Moment, um mich blinzelnd zu orientieren. Angela trug einen blauen Anzug mit einem goldenen Namensschild und den

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