Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
„Das weiß ich, aber ich konnte nicht anders handeln. Die anderen hätten nie geglaubt, dass sie nichts mit Bowens Entführung zu tun hat. Über kurz oder lang hätten sie irgendetwas unternommen, und das konnte ich nicht zulassen.“
Finn neigte den Kopf. „Und was glaubst du?“
Coyle schwieg einen Moment, dann senkte er den Kopf. „Bevor sie mich auf ihrer Veranda gefunden hat, wusste sie nichts von unserer Existenz. Sie hat mir geholfen, obwohl ich ein Fremder war und ihr genauso gut hätte schaden können. Beinahe wäre sie meinetwegen getötet worden. Ich habe ihre Angst gerochen. Das hätte sie nicht vortäuschen können.“ Davon, wie sich ihr Körper unter seinem angefühlt hatte, oder von dem Vertrauen, das ihm aus ihren Augen entgegengeleuchtet hatte, wollte er gar nicht reden. Oder darüber nachdenken. Er widerstand dem Drang, über seine schmerzende Brust zu reiben und verschränkte stattdessen die Arme davor. „Egal, was in New York geschehen ist, es war nicht der Grund, weswegen sie hier war.“
„Ich stimme dir zu, und grundsätzlich war die Entscheidung, sie nach Hause gehen zu lassen, richtig. Was ich mich aber frage, ist, warum du nicht vernünftig mit ihr darüber geredet und ihr deine Beweggründe erklärt hast. Das hätte sie weniger verletzt.“
„Ich weiß.“
Als er nichts mehr sagte, senkten sich Finns Augenbrauen. „Sag mir nicht, dass sie dir nichts bedeutet. Ich konnte dich an ihr riechen.“
Coyle presste die Lippen aufeinander und bemühte sich, nicht darüber nachzudenken, was er verloren hatte. „Themawechsel.“
Nach einem forschenden Blick nickte Finn schließlich. „Hast du schon etwas aus den Leoparden herausbekommen?“
„Nichts. Ich rieche ihre Verzweiflung, aber sie lassen sich durch nichts überzeugen, ihre menschliche Form anzunehmen.“ Coyle rieb über seine Stirn. „Sie werden immer schwächer, wenn wir nicht bald etwas tun, werden sie sterben.“
„Vielleicht können sie es nicht mehr, weil sie sich zu sehr von ihrer menschlichen Seite entfernt haben.“
Resignation stieg in Coyle auf. „Dann haben wir keine Spur mehr zu Bowen.“ Er schob das Kinn vor. „Irgendwie müssen wir sie zum Reden bringen. Sollte uns das nicht gelingen, bleibt nur noch die Möglichkeit, sie freizulassen und zu verfolgen. Wenn wir Glück haben, laufen sie direkt zu demjenigen, der sie beauftragt hat.“ Finn ging neben ihm her, als er zu der Höhle zurückkehrte, in der sie die Leoparden gefangen hielten. Coyle hob eine Augenbraue. „Willst du dir nichts anziehen?“
Finn zuckte mit den Schultern. „Vielleicht bringt mein Anblick die Damen zum Reden.“
Coyle musste trotz der grimmigen Lage grinsen. „Unwahrscheinlich, aber wer weiß, was Leopardenmänner so zu bieten haben – oder eben nicht.“
Kell und Torik, die vor dem Gefängnis Wache hielten, sahen ihnen angespannt entgegen. Auf Coyles fragenden Blick hin schüttelten sie jedoch nur stumm den Kopf.
Es wäre auch zu leicht gewesen, wenn sich die Leoparden endlich entschieden hätten, etwas für ihre Freiheit zu tun, dachte Coyle wütend. Warum deckten sie immer noch denjenigen, der ihnen befahl zu töten? Was hatten sie zu verlieren, wenn sie ihnen halfen, Bowen wiederzufinden? Aber Finn hatte recht, vielleicht konnten sie sich überhaupt nicht mehr zurückverwandeln, vielleicht hatte das Tier in ihnen die Oberhand gewonnen. Coyle beobachtete die Reaktion der Leoparden, als Finn in ihr Sichtfeld trat. Zuerst geschah nichts, die Gefangenen ignorierten den nackten Mann, doch als Finn sich umdrehte, sah Coyle, wie die schwarze Leopardin leicht den Kopf drehte und ihn einen Moment betrachtete. Ihre Nüstern weiteten sich fast unmerklich. Unglaublich, es hatte tatsächlich funktioniert. Jetzt wussten sie, dass zumindest der Panther noch genug Menschliches in sich hatte, um einen nackten Mann zu bemerken. Coyle nickte Finn unmerklich zu, der näher an die Gitterstäbe herantrat.
Unruhig bewegten sich die beiden Gefangenen in ihrem engen Gefängnis, es schien fast, als wollte die hellere Leopardin die schwarze davon abhalten, irgendeine Regung zu zeigen. Sie bleckte die Zähne und fauchte in Finns Richtung, der sich davon aber nicht beeindruckt zeigte. Im Gegenteil, er trat noch näher und blieb schließlich außer Reichweite der Krallen stehen, wie sich kurz darauf herausstellte, als eine Tatze in seine Richtung zielte. Die Pantherin hatte sich bis in die hinterste Ecke zurückgezogen, das Gesicht zur Wand
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