Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
schrumpfte, bis er sich wie ein Sarg anfühlte.
Ihr Bett im oberen Stockwerk war viel zu weit weg, als dass sie es hätte erreichen können, deshalb kroch sie mühsam zum Sofa im Wohnzimmer, schaffte es aber nur auf den Perserteppich davor. Sie ließ ihren Kopf darauf sinken und versuchte, ihren zitternden Körper zur Ruhe zu bringen. Nach scheinbar unendlich langer Zeit ließen die Krämpfe und das Schwindelgefühl etwas nach, und es flackerten kaum noch farbige Lichter hinter ihren geschlossenen Augenlidern. Mit einem Seufzer schmiegte sie sich enger an den Teppich und ließ los.
Es wirkte nicht. Der Junge schwitzte zwar und hatte auch Muskelzuckungen, aber er schien die Wirkung der Droge ansonsten erstaunlich gut zu absorbieren. Seine Augen waren geschlossen, und es gab keine Anzeichen, dass er sich in nächster Zeit verwandeln würde, egal, welche Gefahr man ihm auch suggerierte.
Verdammt! Henry blickte in das Glas, konnte aber keine Rückstände erkennen. Der Bursche hatte die Droge in einer Menge aufgenommen, die jeden anderen umgehauen hätte. Vielleicht sollte er ihn physisch stimulieren, damit er irgendeine Reaktion zeigte?
Noch einmal holte er das rohe Fleisch heraus und hielt es ihm unter die Nase. Nichts. Auch mit dem Skalpell bewirkte er nicht mehr als ein Zucken. Henry beugte sich über den Jungen und hob mit den Zeigefingern die Augenlider. Blicklos starrten ihn die Augen an, es war, als hätte sich das Gehirn des Jungen ausgeschaltet. Fantastisch, jetzt konnte er nur noch hoffen, dass dieser Zustand nicht dauerhaft war, sonst würde er mit weiteren Tests warten müssen, bis er ein anderes Exemplar geliefert bekam.
Um nicht noch mehr Zeit zu verschwenden und weil ihm vom Blutgeruch langsam schlecht wurde, warf Henry das Skalpell in eine Schüssel und verließ das Labor. Nachdem er sich am Monitor davon überzeugt hatte, dass beide Kameras einwandfrei funktionierten, zog er seinen schmutzigen Kittel aus und warf ihn in die Wäschetruhe. Langsam ging ihm die saubere Wäsche aus, er war es nicht gewöhnt, dass seine Arbeit so … schmutzig war. Und er konnte noch nicht einmal eine Haushälterin anstellen, die sich darum kümmerte. Aber was tat man nicht alles für Geld und die Gelegenheit, all den selbstgerechten Idioten, die ihn nicht ernst nahmen, zu zeigen, dass er recht hatte. Die Vorstellung verbesserte seine Laune erheblich. Jetzt musste er nur noch Gowan instruieren, und dann würde er sich den Nachmittag freinehmen. Meist fand er Städte und andere Menschen nur störend, aber manchmal brachte es ihn auch auf neue Ideen, wenn er sich für ein paar Stunden unter das gemeine Volk mischte.
Die Stimme ihres Vaters sickerte langsam in Isabels Bewusstsein. Für einen Moment lag sie still da und lauschte. Ja, eindeutig ihr Vater, aber er sprach nicht mit ihr, sondern er telefonierte. Es dauerte eine Weile, bis der Inhalt seiner Worte zu ihr durchdrang.
„… alles vorbereitet?“ Stille, dann klang seine Stimme fröhlicher. „Gut, sehr gut. Ich brauche dringend Nachschub … Ja, am besten schon morgen.“ Wieder eine Pause. „Achten Sie darauf, keinen zu verletzen, ich brauche sie lebend und in bestmöglichem Zustand.“ Isabel hörte ihren Vater auf dem Holzboden auf und ab gehen. „Es ist mir egal, wie Sie es hinkriegen, das sind die Bedingungen. Wenn Sie das nicht schaffen, kann ich auch jemand anderen … Nein, das ist keine Drohung, sondern eine Tatsache. Sie sind nicht unersetzlich, Gowan.“
Isabels Augen weiteten sich. Schon wieder dieser widerliche Kerl. Henry hatte es zwar nicht gesagt, aber sie vermutete, dass es bei dem Telefonat um die Berglöwen ging. Allmählich wurde ihr bewusst, dass sie immer noch auf dem Teppich vor dem Sofa lag und ihr Vater sie vermutlich nicht gesehen hatte, denn sonst hätte er das Telefonat nie in ihrer Gegenwart geführt. Sie dachte kurz darüber nach, sich zu erkennen zu geben, doch dann würde sie ihm ihren Zustand erklären müssen – und das konnte sie nicht. Noch immer fiel es ihr schwer, ihre Gedanken zu ordnen und mehr als ihre Augenlider zu bewegen. Ihre Zunge lag wie ein trockenes Stück Holz in ihrem Mund, und sie war sich nicht sicher, ob sie durch ihre zusammengeschnürte Kehle überhaupt einen Ton herausbringen konnte.
„Ja, ich weiß, dass Sie das Geld nicht von mir bekommen, aber Sie sind engagiert worden, um mich bei meiner Arbeit zu unterstützen. Und zwar genau auf diese Art und Weise. Also machen Sie Ihren Job, damit ich meinen
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