Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
erlaubte sich ein zufriedenes Lächeln, während er einen Strohhalm in das Glas steckte. Dann drehte er sich mit ausdrucksloser Miene wieder um und schob dem Jungen den Strohhalm wortlos zwischen die Lippen. Er beobachtete, wie dieser das Wasser gierig trank. Sehr gut, je mehr er von der Droge einnahm, desto stärker würde die Reaktion sein.
Henry stellte das Glas auf den Tisch zurück und setzte sich neben das Bett, um auf den Eintritt der Wirkung zu warten. Da das Objekt geschwächt war, würde sie bald einsetzen. Ein Blick auf die Kamera versicherte ihm, dass alles für den großen Moment bereit war.
Isabel blinzelte, doch die Buchstaben blieben verschwommen. Langsam ließ sie das Buch sinken und sah sich um. Auch ihre Umgebung wirkte irgendwie verschoben, unwirklich. Die Farben der Bäume und des Sandes waren intensiver als vorher, das Blau des Himmels beinahe unwirklich. Rasch setzte Isabel sich auf und bemerkte, dass sich alles um sie herum drehte. Ihr Herz raste, und sie begann zu schwitzen.
Was war mit ihr los?
Ein dumpfes Dröhnen entstand in ihrem Kopf, überlagert von Geräuschen, die viel zu laut waren. Sie glaubte, den Lärm der Klimaanlage im Haus bis hierher zu hören, aber das war über diese große Entfernung genauso unmöglich wahrzunehmen wie das Zirpen einer Grille, das ihr fast das Trommelfell sprengte. Isabel versuchte aufzustehen, doch ihre Muskeln zitterten zu sehr. Tränen liefen aus ihren Augen, ihre Sicht verschwamm zunehmend. Übelkeit stieg in ihr auf. Mühsam senkte sie die Lider, doch sie konnte noch immer farbige Streifen sehen, die sich ständig veränderten. Schwindel setzte ein, der die Übelkeit noch verstärkte. Sie wollte nach ihrem Vater rufen, aber es gelang ihr nicht mehr als ein Keuchen.
Ihre Hände krampften sich um die Armstützen der Liege, doch es fühlte sich trotzdem an, als würde sie sich im Kreis drehen. Die Äste des Baumes kamen immer näher, während ihre Füße meilenweit entfernt schienen. Furcht breitete sich in ihr aus, als sich auch andere Muskeln unkontrolliert anspannten. Schweiß ließ die Kleidung an ihrer Haut kleben, obwohl sie gleichzeitig vor Kälte zitterte. Während sie noch versuchte, ihre Gedanken zu ordnen und einen Weg zu finden, zum Haus zu kommen, überfluteten sie plötzlich Bilder von dicht stehenden riesigen Bäumen, ursprünglichen Flüssen und Bächen, grasbewachsenen Lichtungen und großen Farnen. Wo kam das her?
Sie konnte sich nicht daran erinnern, solche Gegenden schon einmal besucht zu haben. Das grelle Grün schmerzte in ihrem Kopf, doch sie konnte die Bilder nicht verdrängen. Als würde jemand anders sie sehen, und sie erlebte ein Echo davon. Dieser Gedanke half ihr dabei, ihre Glieder so weit unter Kontrolle zu bringen, dass sie sich von der Liege rollen konnte. Schmerzhaft kam sie auf dem harten Boden auf und schmeckte Sand. Aber darauf konnte sie keine Rücksicht nehmen, sie musste zum Haus, ihr Vater würde ihr helfen können.
Erschreckt zuckte sie zusammen, als sich vor ihr eine riesige Ameise aufbaute. Die Fühler schienen die Größe von Baseballschlägern zu haben, das Maul im runden Kopf sah aus, als könnte es sie mit einem Biss verschlingen. Härchen von der Dicke ihrer Finger überzogen die beweglichen Beine, mit denen das Monster rasch die Strecke zwischen ihnen überwand. Panik durchzuckte Isabel, und das Adrenalin ermöglichte ihr, schwankend in Richtung Veranda zu krabbeln.
Sie bemerkte weder die Schürfwunden, die sie sich an Steinen zuzog, noch die fast animalischen Laute, die sie von sich gab. Es war, als blickte sie durch einen langen Tunnel, der an der Haustür endete. Ihr Ziel schien unendlich weit entfernt zu sein, aber sie war nicht bereit aufzugeben. Sie hatte auch vergessen, was sie eigentlich im Haus wollte, sie wusste nur, dass sie dorthin musste. Ihre Bewegungen waren abgehackt, mehr als einmal verkrampften sich ihre Glieder und ließen sich kaum steuern.
Doch schließlich erreichte sie die Veranda. Fast in Zeitlupe kroch sie darauf und ließ sich auf den Boden fallen. Die Wange an das warme Holz gepresst versuchte sie, die Übelkeit zu unterdrücken, was jedoch unmöglich war. Nachdem sie sich übergeben hatte, fühlte sie sich etwas besser, war aber immer noch nicht in der Lage aufzustehen. Also rutschte sie weiter bis zur Tür und zog sich hinauf, bis sie den Griff erreichen konnte. Die Tür schwang auf, und Isabel fiel hinterher. Als sie aufblickte, kamen die Wände immer näher, der Raum
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