Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
und stieß sich kraftvoll vom Gitter ab. Er stieg so schnell in den Himmel, dass sie ihn bald nur noch als kleinen Fleck sah. So viel dazu. Kopfschüttelnd wandte sie sich zu Angus um, der sie skeptisch anblickte.
„Ja, ja, ich weiß. Was meinst du, kannst du Coyles Spur noch einmal aufnehmen und ihr folgen?“ Fantastisch, jetzt fehlte noch, dass Angus sich auf die Hinterbeine setzte und ihr antwortete. Sie strich über seinen Kopf. „Such Coyle.“
Der Bloodhound lief zu dem Blutfleck zurück und roch daran, rannte ein paar Schritte weiter, hob die Nase in die Luft, drehte sich um die eigene Achse und begann dann wieder von vorne. Nach einer Weile sah er sie hilfesuchend an. Verzweiflung kam in Marisa auf. Wahrscheinlich stürmten so viele unterschiedliche Gerüche von Menschen, Berglöwen und Leoparden auf ihn ein, dass er sie nicht mehr unterscheiden konnte. Aber ohne Angus bestand für sie kaum eine Möglichkeit, die Berglöwenmenschen zu finden. Sie konnte zwar nach Fußspuren suchen, nach niedergetrampeltem Gras oder irgendetwas, das auf einen Weg hindeutete, auf dem viele Menschen oder Berglöwen entlanggegangen waren. Doch sie würde Tage brauchen, um die ganze Umgebung des Lagers abzusuchen. Noch nicht einmal die Polizei oder den National Park Service konnte sie einschalten, weil sie den Wandlern nicht schaden wollte. Ganz davon abgesehen, dass ihr ohnehin niemand glauben würde.
Ein weiterer Schrei des Adlers ließ sie erstaunt aufblicken. Sie hatte geglaubt, dass er seine Neugier befriedigt hatte und weitergeflogen war, doch er saß auf einem der unteren Äste eines Baumes und nickte mit dem Kopf in ihre Richtung, bevor er mit mehreren kräftigen Flügelschlägen abhob. Blitzschnell traf sie eine Entscheidung. Beim letzten Mal hatte ihr ein Adler geholfen, und sie würde einfach darauf vertrauen, dass es diesmal wieder so war. Sie nahm sich die Zeit, ihren derzeitigen Standpunkt im GPS -Gerät zu markieren und steckte es wieder in die Jackentasche. So würde sie wenigstens den Weg zurückfinden, wenn sich der Adler als Zeitverschwendung entpuppte.
Marisa hob Angus’ Leine auf und steckte ihre Hand durch die Schlaufe. „Komm, Angus, sehen wir, wohin der Vogel uns führt.“
Wenige Minuten später blieb sie nach Atem ringend auf einer kleinen Lichtung stehen. Was dachte sich der Adler eigentlich? Dass sie fliegen konnte? Oder zu Fuß über Stock und Stein jemandem in der Luft folgen könnte? Als ihr bewusst wurde, was sie da dachte, verdrehte sie die Augen. Nur weil sie gerade entdeckt hatte, dass einige Berglöwen auch Menschen waren, musste diese Eigenschaft nicht auf alle anderen Tiere zutreffen. Selbst wenn der Adler ihr half – und sie war sich darüber nicht sicher –, hieß das noch lange nicht, dass er verstehen würde, welche Probleme sie hier unten hatte. Während sie einen Schluck Wasser trank und Angus etwas in die Schüssel gab, beobachtete sie den Himmel. Ihr Freund schien sich verabschiedet zu haben. Vielleicht mochte er es nicht, so lange aufgehalten zu werden.
Resigniert ließ Marisa sich auf den Boden fallen. Sie hätte vermutlich doch besser die Gegend absuchen sollen, anstatt sich auf solch eine unsichere Sache wie einen Adler-Führer zu verlassen. Aber sie hatte das Gefühl gehabt, keine Zeit verschwenden zu dürfen, als zählte jede Sekunde, die sie hier vertrödelte.
Mit einem Seufzer setzte sie sich wieder auf. „Was machen wir jetzt, Angus? Gehen wir zurück zum Lager?“ Sie deutete sein kurzes tiefes Bellen als Zustimmung und packte ihre Sachen wieder ein. „Okay, gehen wir.“
Marisa zog das GPS -Gerät aus der Tasche und ließ sich die Strecke zurück zum Lager anzeigen. Waren das wirklich erst zwei Kilometer gewesen? Es kam ihr viel länger vor. Mit dem Ärmel strich sie einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und versuchte, das bedrückende Gefühl abzuschütteln, das sie immer noch quälte. Grübeln half weder ihr noch den Berglöwen, also musste sie es auf später verschieben. Ganz davon abgesehen, dass sie auf keinen Fall auf irgendwelche Menschen stoßen wollte, die eventuell etwas mit dem Verschwinden der Gruppe zu tun hatten. Zumindest nicht ohne Vorwarnung und möglichst so, dass niemand sie sah. Als hätte sie es mit ihren Gedanken heraufbeschworen, knackte etwas nicht weit entfernt. Hektisch sah sie sich um, entdeckte aber nichts, was sie als Deckung benutzen konnte. Das Blut rauschte in ihren Ohren, das Herz hämmerte so laut, dass sie kaum noch etwas
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