Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
etwas hätte tun können.
Sie rief Angus zu sich heran und schlug mit der flachen Hand gegen den Baumstamm. „Wir suchen Coyle, kannst du ihn hier wittern?“ Marisa hielt ihre Nase an den Stamm und atmete erleichtert auf, als Angus dasselbe tat. Seine Nackenhaare standen immer noch hoch, seine Lefzen kräuselten sich, als rieche er etwas Unangenehmes. „Genau, das ist Coyle. Such.“
Auf ihr Kommando hin stieß Angus sich vom Baum ab und rannte los, die Nase dicht am Boden. Selbst wenn er einer anderen Spur folgte, würde sie hoffentlich zumindest auf jemanden treffen, der ihr sagen konnte, wo Coyle war. Marisa beobachtete die Umgebung, während sie Angus folgte, doch nirgends rührte sich etwas. Was dafür sprach, dass die Gruppe das Lager tatsächlich verlassen hatte, nachdem sie selbst gegangen war. Doch Marisa wünschte, sie hätten damit noch etwas länger gewartet.
Sie stolperte fast über Angus, als er abrupt stehen blieb und an etwas schnüffelte. Sanft schob sie ihn beiseite und beugte sich hinunter, um zu sehen, was ihn plötzlich so interessierte. Ihre Lippen kräuselten sich, als sie den Haufen sah. Wundervoll. Doch dann stutzte sie, denn es handelte sich ziemlich eindeutig um die Hinterlassenschaft eines Hundes. Aber wo sollten Hunde herkommen? Es wäre schon ein sehr großer Zufall, wenn seit gestern Touristen mit einem Hund hier durchgekommen wären, und es erklärte auch nicht, wo die Berglöwenmenschen waren. Marisa richtete sich wieder auf und zog Angus von der Stelle weg. „Such weiter.“ Hätte sie vorher gewusst, dass sie so auf Angus angewiesen sein würde, hätte sie erst noch ein paar Bücher zum Thema Personensuche mit Hunden gelesen, doch so konnte sie sich nur auf den Instinkt des Tieres verlassen.
Nach einem kurzen Blick lief Angus weiter und blieb nach wenigen Metern erneut stehen. Ein tiefes Grollen ertönte, das Marisa Gänsehaut verursachte. „Was ist, hast du etwas gefunden?“
Sie kniete sich neben ihn und entdeckte einen dunklen Fleck im Gras und auf den Blättern einer Pflanze. Vorsichtig pflückte sie eine der weißen Blüten und betrachtete die Sprenkel darauf genauer. Sie waren nicht schwarz, wie sie angenommen hatte, sondern dunkelrot, fast wie … getrocknetes Blut.
Marisa ließ die Blüte fallen und wischte ihre Hände an der Jeans ab. Das Blut musste nicht zwingend von den Wandlern stammen. Doch ihr Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte, wurde immer stärker.
Jetzt wünschte sie sich, sie hätte Verstärkung mitgenommen oder wenigstens eine Waffe dabei, selbst wenn ihr diese im Ernstfall wahrscheinlich wenig nützen würde, weil sie noch nie auf etwas geschossen hatte. Aber woher hätte sie auch wissen sollen, dass sie nicht nur mit wütenden Berglöwenmenschen konfrontiert werden würde? Sollte sie lieber wieder zum Auto zurückkehren? Wenn sie einen direkteren Weg nahm, würde sie in zwei Stunden in Sicherheit sein.
Marisa stand auf und legte ihre Hand auf Angus’ Kopf. „Du möchtest auch hier weg, oder?“ Seine Triefaugen waren aufmerksam auf sie gerichtet, als würde er sie verstehen. „Aber wie soll ich damit leben, nicht zu wissen, was aus Coyle und den anderen geworden ist? Vielleicht sind sie weitergezogen und es geht ihnen gut, aber ich muss es mit eigenen Augen sehen, verstehst du? Ich muss wissen, dass sie gesund und munter sind, und ob Coyle und ich eine Chance haben oder die Gefühle nur einseitig waren.“ Angus’ Ohren hoben sich etwas, als er den bekannten Namen hörte. „Deshalb kann ich nicht umdrehen. Such Coyle, Angus, such ihn.“
Nach kurzer Überlegung senkte Angus wieder den Kopf und folgte weiter der Spur, die ihn quer durch das Lager und dann auf einen schmalen Pfad führte, der an einer Felsgruppe vorbeiging. Zuerst dachte Marisa, dass sie zu der Versammlungshöhle gingen, doch diese Klippen waren niedriger und lagen mitten im Wald. Angus lief direkt zu den Felsen und schnüffelte auf dem Boden.
Dann hob er den Kopf und stieß ein Heulen aus, das Marisa durch Mark und Bein ging.
22
„Wie geht es dir heute Morgen, mein Schatz?“
Isabel fuhr zusammen und bemühte sich, das Glas auf den Tisch zurückzustellen, ohne mit ihrer zitternden Hand etwas zu verschütten. Langsam drehte sie sich zu ihrem Vater um, der im Türrahmen stand. „Besser, danke.“
Henry trat in die Küche und lehnte sich gegen die Spüle. „Das ist gut, ich habe mir Sorgen gemacht.“ Sein Gesichtsausdruck war nicht zu deuten. „Hast du häufiger
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