Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
aufwachen.“
Marisa hob den Kopf und sah den Verbrecher verständnislos an. „Was?“
Der Mund des Mannes verzog sich zu einem hässlichen Grinsen. „Carl hat ihn mit dem Betäubungspfeil erwischt.“ Er deutete auf einen weiteren Jäger, der etwas weiter entfernt stand und den Marisa erst jetzt bemerkte. „Dachtest du wirklich, wir würden so ein kostbares Gut erschießen?“
„Aber … aber das Blut!“ Sie hielt ihm ihre rote Hand anklagend entgegen.
Seine Schultern hoben sich. „Seine Wunde hat sich wieder geöffnet. Er wird’s überleben.“
Am liebsten hätte sie ihm irgendetwas in den Leib gerammt, aber es war ihr wichtiger, Coyle weiterhin zu streicheln und sich zu vergewissern, dass er lebte. Die Vorstellung, er könnte tot sein, ließ das Blut in ihren Adern gefrieren. Wenn sie nicht schon vorher gewusst hätte, dass sie ihn liebte, wäre es spätestens jetzt offensichtlich gewesen. Der Gedanke, ihn zu verlieren, war unerträglich.
„Das ist ja nicht auszuhalten. Sperr sie weg, Carl.“
Marisa bekam kaum mit, was der Anführer sagte, und reagierte erst, als grobe Hände sich unter ihre Arme schoben und sie unsanft hochzogen. Ihr fehlte die Energie, sich zu wehren, sondern sie achtete nur darauf, dass Coyle ebenfalls von Männern hochgehoben und in den Käfig der Leoparden geworfen wurde. Auch wenn sich ihre Situation verschlechtert hatte, war sie froh, bei ihm zu sein. Sie war einfach ein hoffnungsloser Fall und vor allem für diese Art von Aktivitäten völlig ungeeignet. Wie war sie nur auf den absurden Gedanken gekommen, sie könnte die Berglöwen ganz alleine befreien?
Marisa richtete sich auf und reckte trotzig das Kinn vor. Immerhin war ihr das sogar gelungen, und sie und Coyle wären jetzt vielleicht schon irgendwo in Sicherheit, wenn die Leoparden nicht gewesen wären. Sie konnte nur hoffen, dass sie ihren Teil der Abmachung einhielten und Finn oder einem der anderen sagten, was sie über Bowens Entführung wussten. Dann hätte es sich wenigstens gelohnt, sie zu befreien. Marisa zuckte zusammen, als die Käfigtür hinter ihr mit einem metallischen Knall zuschlug.
Es wurde kein Schloss verwendet, dafür beorderte der Anführer zwei Männer mit Waffen zum Käfig und wies sie an zu schießen, sobald sie eine falsche Bewegung machten. An den Gesichtern konnte sie sehen, wie wütend die Jäger waren, entweder weil die Berglöwen wieder frei herumliefen oder weil sie hier Wache schieben mussten, während die anderen sich erneut auf die Jagd machten. Sie tippte auf Ersteres, denn kein normaler Mensch konnte Spaß daran haben, im Dunkeln durch den Wald zu stolpern und Gefahr zu laufen, jederzeit auf eine wütende Raubkatze zu stoßen.
„Pass auf, wenn der Puma aufwacht, wirst du dir wünschen, du hättest ihnen nicht geholfen!“
Der zweite Wächter fiel in das Gelächter mit ein. „Ja, er wird dich vermutlich als kleinen Snack betrachten.“
Unwillkürlich wich Marisa in die hinterste Ecke des Käfigs zurück. Auch wenn ihr die gehässigen Worte der Männer wehtaten, war sie doch froh, dass sie im Gegensatz zu ihrem Anführer anscheinend nicht wussten, wen sie eingefangen hatten.
Als die Wächter sich endlich zum Lager umwandten, setzte Marisa sich im Schneidersitz auf den Boden und hob Coyles Kopf vorsichtig in ihren Schoß. Es tat ihr weh, ihn so leblos liegen zu sehen, das Maul geöffnet, die weit offenen Augen blind. Sanft schob Marisa seine Augenlider herunter, damit die Augen nicht austrockneten. Mit der Hand auf seinem weichen Fell lehnte sie ihren Rücken an die Gitterstäbe und sah in den Himmel hinauf. Wieso hatte sie nie bemerkt, wie schön der Himmel im Westen nachts war? Marisa verzog den Mund. Weil sie zu sehr mit Grübeln beschäftigt gewesen war, um viel um sich herum mitzukriegen. Jetzt war sie endlich aufgewacht, aber wer wusste, ob sie nach heute noch einmal eine Nacht genießen konnte?
Marisa setzte sich gerader auf. Natürlich würde sie das. Irgendjemand würde kommen und sie retten – oder wenn das nicht der Fall war, würde ihnen etwas einfallen, wie sie sich selbst befreien konnten. Es sei denn, die angekündigten Transporter kamen früher, um die Käfige abzuholen. Irgendwie mussten sie …
In einer anderen Ecke des Lagers entstand Unruhe, doch so sehr Marisa auch den Hals reckte, sie konnte nichts erkennen. Selbst die beiden Wachen neben dem Käfig schienen mehr daran interessiert herauszufinden, was los war, als auf sie aufzupassen, denn sie entfernten
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