Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
sich ein Stück vom Käfig. Wenn Coyle doch nur endlich aufwachen würde, dachte Marisa verzweifelt. Sie würde ihn auf keinen Fall hier zurücklassen, konnte ihn aber auch nicht tragen. Sie beugte sich zu ihm hinunter und rieb über seine Brust.
„Coyle, kannst du mich hören? Wach auf.“ Keine Reaktion. Wie lange wirkten Betäubungen normalerweise? Nicht zu lange, damit den Tieren kein Schaden zugefügt wurde, oder? Wenn sie hin und wieder Dokumentationen von Umsiedlungen aus Naturparks gesehen hatte, waren die Tiere höchstens für eine halbe Stunde betäubt worden, damit sie untersucht und auf Wagen geladen werden konnten. Da Coyle auch sonst immer schnell heilte, war die Wirkung bei ihm vielleicht noch kürzer. „Coyle!“ Seine Beine zuckten, als würde er die Dringlichkeit in ihrer Stimme wahrnehmen. Marisa schob ihren Mund dicht an sein Ohr, obwohl sie wusste, dass er sie auch so hören konnte. „Wir müssen hier so schnell wie möglich weg, Coyle. Irgendetwas geschieht gerade, und ich möchte nicht mehr hier sein, um herauszufinden, um was es sich handelt.“
Coyles Augenlider zitterten, doch er schaffte es nicht, sie zu heben. Ein Stöhnen drang aus seinem Maul, das fast menschlich klang. Marisa biss auf ihre Lippe. Vielleicht war es gar nicht gut, wenn er so schnell aufwachte, sie wusste nicht, welche Schäden das im Körper oder Gehirn anrichten konnte. „Es ist okay, ich bin bei dir. Die anderen sind bestimmt schon in Sicherheit.“
Ihr Kopf ruckte hoch, als sie lautes wütendes Bellen hörte. Angus! Sanft legte sie Coyle auf den Boden, bevor sie rasch aufstand und zum Gitter ging. Die Hände um die Eisenstangen gelegt blickte sie in Richtung der Unruhe. Sie wollte Angus rufen, doch das würde nichts bringen und ihn nur noch mehr gefährden. Wenn sie ihn doch nur nicht angebunden hätte, dann hätte er weglaufen können und eine Chance gehabt, doch sie hatte ihn dazu verdammt zu warten, bis sie ihn holte. Oder jemand anders kam …
Angst erfasste sie, als zwei andere Männer näher kamen und sie Angus in ihrer Mitte sah. Die Waffen weiterhin auf sie gerichtet, zog einer die Tür des Käfigs auf und schob den Bloodhound hinein. Marisa wartete ungeduldig, bis sie in ein paar Metern Entfernung mit den Wachen sprachen, bevor sie sich neben Angus kniete und ihn umarmte. „Ich bin so froh, dass sie dir nichts getan haben. Ich hätte dich nicht alleine lassen dürfen.“
Er sah sie aus seinen triefigen Augen an und schien darüber nachzudenken, bevor er sich dazu herabließ, sein Kinn auf ihre Schulter zu legen und ihre Streicheleinheiten zu genießen. Trotz ihrer Situation musste Marisa lachen, als er ein zufriedenes Brummen von sich gab. Obwohl sie wusste, dass es falsch war, freute sie sich, Angus zu sehen. Immerhin waren so die beiden männlichen Wesen wieder bei ihr, die sie liebte – ein Hund und ein Berglöwe. Wenn ihr das jemand vor einer Woche gesagt hätte, hätte sie ihn für verrückt erklärt.
Coyle wartete ungeduldig darauf, dass endlich wieder Gefühl in seine Arme und Beine zurückkehrte. Marisas sanfte Stimme hatte ihn aus der Betäubung gerissen, ihre Hände glitten durch sein Fell und ließen ihn wünschen, sie wären woanders und vor allem alleine, damit er ihre Berührung genießen konnte. Stattdessen lag dicht neben ihm der Hund, der nicht sehr erfreut schien, in einem Käfig mit einem Berglöwen gefangen zu sein. Aber immerhin bellte er nicht, wofür Coyle sehr dankbar war, denn sein Kopf fühlte sich an, als würde er gleich explodieren. Ganz zu schweigen von der Wunde an seiner Seite, die sich durch die Tritte des Verbrechers wieder geöffnet hatte.
Vermutlich war es keine gute Idee gewesen, ihn unbewaffnet anzugreifen, aber er hatte die Angst in Marisas Stimme gehört und die groben Hände des Mannes an ihren Armen gesehen und einfach handeln müssen. Das war das Problem, wenn er zu lange in Berglöwenform blieb, die Instinkte gewannen mit der Zeit die Oberhand, und sein Verstand rannte nur hilflos hinterher. Jetzt waren sie zwar eingesperrt, aber er war dicht bei Marisa, und der Mistkerl fasste sie nicht mehr an. Ein Grollen löste sich aus seiner Kehle, und er spürte, wie Marisa sich versteifte.
Sie beugte sich über ihn, Strähnen ihrer Haare glitten über sein Gesicht. „Coyle, bist du wach?“
Mühsam schlug er die Augen auf und sah sie an. Ihr Gesicht wirkte blass und angespannt, die Lippen bleich und verletzlich. Er wünschte, er könnte ihr sagen, dass sie
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