Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
schon mal abgestellt, jetzt fehlte noch die andere Kamera. Ebenso leise stellte sie den Stuhl zurück und betrat den Raum. In großem Bogen ging sie um die Liege herum und näherte sich der Kamera von hinten. Rasch drückte sie auf den Stopp-Schalter und beobachtete, wie die Aufnahme anhielt und der Bildschirm schwarz wurde.
Schließlich richtete sie sich auf und näherte sich dem Bett. „Die Kameras sind aus, du kannst jetzt reden.“
„Wer bist du?“ Die Frage klang rau, als hätte er lange nichts mehr gesagt.
Isabel runzelte die Stirn. „Isabel. Ich war gestern mit den Zetteln hier, erinnerst du dich nicht daran?“
Seine Hände ballten sich zu Fäusten. „Natürlich. Ich frage mich nur, was du hier machst.“
„Ich dachte, das wäre offensichtlich. Ich versuche, dir zu helfen. Und für lange Erklärungen haben wir keine Zeit, mein Vater wird bald wiederkommen.“
Isabel erkannte erst, was sie gesagt hatte, als sich sein Körper anspannte und sein Gesicht wütend verzog. „Dein Vater hat mir das angetan?“
Vorsichtig trat sie einen Schritt zurück, obwohl er ihr nichts tun konnte, solange er an die Liege gefesselt war. „Ich fürchte ja. Ich weiß nicht, was hier geschieht, ich bin erst seit ein paar Tagen zu Besuch und habe diesen Keller nur durch Zufall entdeckt.“ Sie holte tief Luft. „Aber ich habe gehört, dass er heute noch einen Transporter erwartet, und ich befürchte, dass er dich irgendwie loswerden will.“
„Du meinst, ich komme zurück nach Hause?“ Die Hoffnung in seiner Stimme tat ihr weh. Wieder glitten Bilder von tiefen Wäldern durch ihren Kopf, die eindeutig von Bowen stammten.
„Es könnte sein, aber ich bezweifle es. Trug er eine Maske, wenn er hier war?“
„Nein.“ An seinem Gesichtsausdruck konnte sie erkennen, dass er verstand, was das bedeutete.
„Deshalb werde ich dir helfen. Ich werde dich rausholen und dafür sorgen, dass du zu deiner Familie zurückkommst.“ Sie wusste zwar noch nicht genau, wie sie das anstellen würde, aber die Hauptsache war, dass er erst einmal hier herauskam.
„Hast du ihnen eine E-Mail geschickt?“
„Ich habe die Adresse und den Text an meine Freundin in Los Angeles weitergegeben, damit sie die Mail schreibt. Ich habe noch nichts von ihr gehört, aber sie ist normalerweise sehr zuverlässig.“
Bowen nickte kaum merklich und schloss die Augen. Was stand sie hier noch herum und redete, während sie ihn schon längst hätte befreien können? Es musste furchtbar sein, seit Tagen in Fesseln zu liegen und sich nicht bewegen zu können.
„Ich werde dich losbinden und dann können wir gehen.“ Isabel trat neben ihn und blickte auf seine Arme nieder. „Oh verdammt.“
„Was? Was ist?“ Bowen versuchte, den Kopf zu heben, doch er fiel wieder zurück.
„Ich hatte in Erinnerung, dass es einfache Lederfesseln sind, doch diese sind aus Metall. Ohne einen Schlüssel oder größeres Werkzeug bekomme ich dich nicht da heraus.“
Bowens Gesicht verdunkelte sich. „Er muss sie ausgewechselt haben, als ich schlief.“ Wütend zerrte er an den Fesseln, doch er bewirkte damit nur, dass seine aufgeschürften Handgelenke wieder anfingen zu bluten.
Rasch legte Isabel ihre Finger auf seinen Arm, um ihn daran zu hindern, noch weiteren Schaden anzurichten. „Das bringt nichts. Lass mich kurz überlegen.“ Sie beugte sich hinunter und begutachtete den Mechanismus genauer.
Die breiten Metallschellen hatten an einer Seite ein Schloss und auf der anderen ein breites Scharnier, das nicht so aussah, als wäre es leicht zu knacken. Vielleicht mit einem Schraubenzieher und einem Hammer, aber sie wusste nicht, wo ihr Vater so etwas aufbewahrte. Und sie hatte keine Zeit, lange danach zu suchen. Wenn Henry heute noch jemanden erwartete, würde er bald zurückkommen. Besorgt blickte Isabel auf ihre Uhr. Sie hatten höchstens eine halbe Stunde, vielleicht auch nur noch fünfzehn Minuten. Es war unmöglich, in dieser kurzen Zeit Werkzeug zu suchen und die Fesseln zu knacken.
Sie sah auf und begegnete Bowens aufmerksamem Blick. „Es tut mir leid, ich glaube nicht, dass ich das so schnell schaffe.“
Enttäuschung flackerte in seinen Augen auf, dann Resignation. „Danke für den Versuch.“ Damit drehte er seinen Kopf zur anderen Seite.
Isabel starrte auf seine schwarzen, bis in den Nacken reichenden Haare und seine seltsam verletzlich wirkende nackte Schulter und traf eine Entscheidung.
„Nein.“
Er wandte ihr sein Gesicht wieder zu. „Was
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