Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
Pause.“
„Haben wir denn Zeit dafür?“
Sein Blick wanderte in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Während sie ihn beobachtete, veränderten sich seine Gesichtszüge, seine Augenwinkel schienen außen höher zu sein als vorher, die Wangenknochen ausgeprägter. Ihr Herz hämmerte, ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie hob die Hand, um Coyles Gesicht zu berühren, doch sie traute sich nicht. Der Moment verging, als er seltsam geschlitzte Pupillen inmitten einer großen grüngoldenen Iris auf sie richtete. „Bleib hier und ruh dich einen Moment aus, ich muss etwas überprüfen.“ Selbst seine Stimme hatte sich verändert, sie war tiefer, rauer als vorher.
„Coyle …“
Seine Fingerspitzen fuhren federleicht über ihre Wange. „Später. Warte auf mich, ja?“ Er stellte den Erste-Hilfe-Kasten neben sie und lehnte den Baseballschläger an den Baumstamm.
„Natürlich, wo sollte ich auch hin?“
Coyle nickte knapp und verschmolz mit der Vegetation. Es war fast, als würde er sich in Luft auflösen, aber das konnte nicht sein. Anstatt auf dem Baumstamm sitzen zu bleiben, ging Marisa dorthin, wo Coyle verschwunden war. Im weichen Boden war ein Abdruck seines Schuhs zu sehen, und sie kämpfte einen Moment lang gegen das Bedürfnis, ihm zu folgen. Ohne seine Nähe fühlte sie sich einsam und angreifbar. Aber war es wirklich nur die bedrohliche Situation, die sie so unruhig machte?
Marisa seufzte. Sie würde Coyle vermissen, so viel stand fest. Er war unerwartet in ihr Leben geplatzt und hatte es ordentlich durcheinandergewirbelt, doch jetzt konnte sie sich nicht mehr vorstellen, es ohne ihn weiterzuführen. Unwillig schüttelte sie den Kopf. Oh nein, nein, nein . Sie würde sich nicht wieder emotional an einen Mann binden, nur um hinterher erkennen zu müssen, dass er sie nur benutzt hatte und ihre Gefühle nicht wert gewesen war. Auch wenn Coyle sexy und freundlich und lustig und stark war, sie konnte es sich nicht leisten, sich in ihn zu verlieben. Wahrscheinlich sollte sie so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren, wenn die Angelegenheit geklärt war. Ein leiser Stich des Bedauerns durchfuhr sie. Sie würde seine Küsse und Berührungen vermissen …
Marisas Kopf fuhr herum, als es neben ihr im Gebüsch raschelte. Stocksteif blieb sie stehen und lauschte angestrengt, doch das Geräusch kam nicht wieder. Wahrscheinlich war es ein kleines Tier gewesen, das jetzt in seinem Bau verschwunden war. Dennoch ging sie schnell zum Baum zurück und holte den Baseballschläger, dessen Gewicht beruhigend in ihrer Hand lag.
Es raschelte erneut, und ihr Nacken begann zu prickeln. Wie schon zuvor bei der Hütte hatte sie mit einem Mal das Gefühl, nicht allein zu sein. Nervös drehte sie sich um und versuchte, die Vegetation mit den Augen zu durchdringen, aber sie konnte nichts entdecken. Sicher bildete sie sich nur ein, dass irgendjemand sie beobachtete. Coyle hätte sie doch bestimmt nicht allein gelassen, wenn er glaubte, dass ihr hier eine Gefahr drohte. Sie musste nur Ruhe bewahren und darauf warten, dass er zurückkam. Dann würde er sie mit zu sich nach Hause nehmen und sie würde etwas zu essen bekommen und später vielleicht noch ein bequemes Bett. Oder?
Das ungute Gefühl wollte einfach nicht weichen, und Marisa wurde bewusst, dass sie den Baseballschläger fest umklammert hielt. Hatte ihre Mutter ihr nicht immer vorausgesagt, dass ihre Neugier ihr eines Tages zum Verhängnis werden würde? Sie konnte wirklich nur hoffen, dass sich diese Vorhersage nicht bewahrheiten würde.
Wie immer überschwemmte sie der Kummer, wenn sie daran dachte, dass Carina Pérèz viel zu früh gestorben war. Marisa hatte gerade ihren ersten Job bei der Zeitung bekommen, als ihre Mutter an Krebs gestorben war. Es war ein Schock gewesen, genau wie die Tatsache, dass ihr Vater nicht viel Zeit verloren hatte, sich eine neue Frau zu suchen und weitere Nachkommen zu produzieren. Sie hatte ihm diesen Vertrauensbruch nie verziehen und seitdem kaum noch Kontakt zu ihm.
Aus dem Augenwinkel nahm Marisa neben sich eine Bewegung wahr, und alle anderen Gedanken waren auf der Stelle vergessen. Sie wirbelte herum und hielt den Baseballschläger schlagbereit in die Höhe. Ihr Herz setzte aus, als sie direkt in goldene Augen sah. Spitze weiße Zähne hoben sich hell von schwarzem Fell ab, und es wirkte auf Marisa, als freute sich der Panther schon darauf, sie in Stücke zu reißen.
Ihre feuchten Finger krampften sich enger um den Griff
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