Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
seinen Oberkörper. Seine angespannten Muskeln begannen zu zittern. Ohne Vorwarnung riss etwas an seinem Handrücken. Bowens Augen flogen auf.
Er blinzelte, bis seine Sicht weniger verschwommen war. Der untersetzte Mann vor ihm trug einen weißen Kittel, eine Brille saß auf der knollenförmigen Nase in einem ebenso runden Gesicht. Ein ordentlicher Seitenscheitel teilte die von grauen Strähnen durchzogenen mittelbraunen Haare. Was auch immer Bowen erwartet hatte, es war nicht dieser harmlos aussehende, bestimmt fünfzigjährige Mann. Vor allem war es nicht der Mann, dem er im Wald gefolgt war.
„Ich dachte schon, du würdest versuchen, dich vor mir zu verstecken.“ Selbst die Stimme klang angenehm, fast beruhigend.
„Was …“ Bowen leckte über seine trockenen Lippen. „… was ist passiert? Wo bin ich?“
Der Mann lächelte ihn an. „Du wurdest entführt und bist jetzt in meinem Haus.“
Entführt? Er konnte sich nur noch daran erinnern, wie er dem Tourist heimlich gefolgt war und ein wenig mit ihm gespielt hatte. Doch dann war Bowen in einem unaufmerksamen Moment von ihm betäubt worden. Immer wieder war er gewarnt worden, Fremden nicht zu nahe zu kommen und sofort Bescheid zu sagen, wenn er jemanden sah, der nicht in ihr Gebiet gehörte. Doch er hatte die Warnungen ignoriert und sich stattdessen in diese Lage manövriert.
Seine Mutter würde enttäuscht von ihm sein. Aber was viel schlimmer war, sie würde sich furchtbare Sorgen machen, wenn er nicht schnellstens wieder nach Hause kam. Bowen wollte sich aufsetzen, konnte aber nur den Kopf heben. Was er sah, ließ ihn erschreckt aufkeuchen. Er war tatsächlich völlig nackt, ein Lederriemen war über seine Brust gespannt, weitere um seine Hand- und Fußgelenke gebunden, mit denen er an das Bettgestell gefesselt war. Panik rieselte durch ihn und ließ seine Stimme höher als normal klingen. „Binden Sie mich los!“
„Ich fürchte, das kann ich nicht tun.“ Es klang nicht sonderlich bedauernd.
„Warum nicht?“ Bowen hasste es, so hilflos zu sein. Er war fast erwachsen, sicher würde ein Mann irgendetwas tun, um aus dieser Situation zu entkommen. Nur was? Die Erwachsenen hatten mit ihm und den anderen Jugendlichen einige Kampftechniken geübt, doch wie sollte er sie anwenden, wenn er festgebunden war wie ein Opferlamm? Die Vorstellung, was der Kittelträger mit ihm tun würde, verursachte ihm eine Gänsehaut am ganzen Körper. Ein hilfloses Grollen wollte sich aus seiner Kehle lösen, doch er schluckte es herunter. Egal was auch passierte, er durfte nicht die Beherrschung verlieren.
„Weil du dann versuchen würdest wegzulaufen, und das kann ich nicht zulassen.“ Der Mann sprach immer noch in einem lockeren Plauderton, der kein bisschen zu der Situation passte, in der sie sich befanden. Ganz zu schweigen von seinen Worten.
„Was wollen Sie von mir?“ Bowen konnte das Zittern in seiner Stimme nicht unterdrücken, was ihn nur noch wütender machte. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Zu gern hätte er dem Mann das freundliche Lächeln aus dem Gesicht gekratzt, aber seine Fesseln gaben keinen Millimeter nach.
„Du, mein Junge, bist mein Weg zum Ruhm.“ Aufgeregt beugte er sich vor und strich mit einem behandschuhten Finger über Bowens Wange. „Ich werde der Erste sein, der deine Art erforscht und die Ergebnisse publiziert. Alle, die vorher über mich gelacht haben, werden zugeben müssen, dass ich recht hatte.“ Sein Lächeln verbreiterte sich. „Ganz zu schweigen von dem vielen Geld, das ich damit verdienen werde.“
Seine Worte ließen Bowens schlimmste Befürchtungen Wirklichkeit werden. Sein Leben lang hatten Coyle und die anderen davor gewarnt, dass dies passieren könnte, doch er hatte geglaubt, es sei nur eine Taktik, um sie in der Nähe ihres Lagers zu halten. Vermutlich war es das auch gewesen, doch jetzt erkannte er, wie real die Gefahr war. Und nicht nur für ihn, sondern für alle anderen auch. Wenn er versagte, würde sich das auch auf seine Familie auswirken, und das konnte er nicht zulassen. Egal, was geschah, es musste ihm gelingen, sich zurückzuhalten.
„Ich weiß nicht, wer Sie sind oder was Sie vorhaben, aber ich hoffe, es ist Ihnen klar, dass es strafbar ist, Menschen einfach zu entführen und für Experimente zu benutzen.“
Ein fröhliches Lachen antwortete ihm. „Aber das ist ja das Geniale, ich kann machen, was ich will, niemand außerhalb deines Clans weiß, dass du überhaupt existierst.“ Der Mann
Weitere Kostenlose Bücher