Ghostwalker 02 - Raven, M: Ghostwalker 02
Informationen über deine Schwester gesucht, aber nichts gefunden.“
Die Hoffnung in ihrem Gesichtsausdruck verwandelte sich in Enttäuschung. „Vermutlich ist es gut, dass sie niemandem aufgefallen ist, aber ich wünschte trotzdem, ich wüsste, wo sie ist.“
Finn unterdrückte den Impuls, seinen Arm um Jamilas schmale Schultern zu legen und sie an sich zu ziehen. Bei jedem anderen Mitglied der Gruppe hätte er das getan – gut, außer vielleicht bei Fay –, aber die Pantherin war für ihn tabu. Zum einen wusste er nicht, wie sie darauf reagieren würde, vielleicht war den Leoparden der Körperkontakt untereinander nicht so wichtig. Und zum anderen war er nicht sicher, ob er sie dann wieder loslassen würde, und das machte ihm höllische Angst. Warum vergaß er in solchen Momenten stets, was sie getan hatte? Oder zumindest rückte es so weit in seinen Hinterkopf, dass die Anziehungskraft zwischen ihnen die Überhand gewann. Und das durfte auf keinen Fall geschehen, es würde nur zu weiteren Problemen führen, für die er in der derzeitigen Situation keine Zeit hatte.
„Ich werde es weiter versuchen und auch Marisa fragen, ob sie mir bei der Suche helfen kann. Als Journalistin hat sie viel mehr Erfahrung in solchen Dingen als ich.“
„Meinst du, sie würde das für mich tun? Schließlich …“
„Fragen kostet nichts. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie dir und Kainda die Schuld an den Geschehnissen gibt.“ Finn fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Genau genommen scheint sie diejenige zu sein, die euch am ehesten akzeptiert. Vielleicht, weil sie keine Wandlerin ist.“
Jamilas große grün-braune Augen sogen ihn förmlich ein, er konnte nichts anderes mehr wahrnehmen. „Du traust mir auch nicht.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
„Nein.“
Sie zuckte unter seiner knappen Antwort zusammen, ihre Augen schlossen sich.
„Willst du nicht wissen, warum?“
Ihre Lider hoben sich. „Macht das einen Unterschied? Es ist so, und damit muss ich leben.“ Schmerz lag wie eine Maske über ihrem Gesicht.
Finn vergaß seine guten Vorsätze und legte seine Hände auf ihre Schultern. Er beugte den Rücken, damit er ihr direkt in die Augen sehen konnte. „Für mich macht es einen Unterschied. Ich möchte dir gerne vertrauen, besonders weil wir alle am gleichen Strang ziehen müssen, wenn wir überleben wollen. Aber ich kann es nicht.“
„Weil ich deine Freunde angegriffen habe, ich verstehe das.“
Als Finn ihr Zittern spürte, nahm er die Hände rasch weg und trat einen Schritt zurück. „Nur zum Teil.“
Erstaunt sah sie ihn an. Mit der Zunge benetzte sie ihre Lippen. „Woran liegt es dann?“
Finn lehnte sich an die Wand und verschränkte seine Arme über der Brust. „Ich kenne dich nicht. Du bist seit drei Monaten hier, aber ich weiß noch nicht mehr über dich als am ersten Tag. Kainda ist deine Schwester, und ihr wollt nach Afrika zurück. Das ist alles, was du mir von euch erzählt hast.“ Jamilas Zähne gruben sich in ihre Unterlippe, während sie ihn unsicher ansah. Seltsamerweise machte ihn das wütend. „Du solltest langsam wissen, dass ich dir nichts tue. Es beleidigt mich, wenn du mich ansiehst wie einen Serienkiller.“
Sein Ausbruch half nicht wirklich, im Gegenteil, Jamila schien noch kleiner zu werden und wirkte, als würde sie jeden Moment die Treppe hinauflaufen.
Über sie und auch sich selbst verärgert, stürmte Finn zur Tür und riss sie auf. Er drehte sich um, um noch etwas zu sagen, entschied sich dann aber anders und trat ins Freie. So konnte es nicht weitergehen. Entweder würde Jamila einsehen, dass es an der Zeit war, etwas von sich preiszugeben, oder er würde sich in Zukunft von ihr fernhalten. Wahrscheinlich wäre ihr das sogar lieber, so wie sie ihn eben angesehen hatte.
Wenn Coyle hier gewesen wäre, hätte er ihm bestimmt raten können, was er tun sollte, oder ihm wenigstens gehörig den Kopf geradegerückt. So wie Finn es auch mit seinem Freund gemacht hatte, als Coyle wegen Marisa so ratlos gewesen war. An Keira konnte Finn sich auch nicht wenden. Seine Schwester war in letzter Zeit unausstehlich – was vermutlich damit zusammenhing, dass Coyle ihr eine Menschenfrau vorgezogen hatte – und sie zudem überhaupt nicht gut auf die Leoparden zu sprechen war. Bliebe noch Coyles Schwester Amber, doch die hatte sich wie so oft zuvor zum Fotografieren in die Wälder zurückgezogen, nachdem der Umzug des Lagers geschafft war. Wohin sie ging, wusste
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