Ghostwalker 02 - Raven, M: Ghostwalker 02
Entscheidung, da Marisa keine Wandlerin war, aber zu einer denkbar ungünstigen Zeit. Seit Bowens Entführung und den anschließenden Ereignissen war die ganze Gruppe in Aufruhr, besonders nachdem sich herausgestellt hatte, dass einer der ihren ein Verräter gewesen war. Melvin war danach zwar ausgestoßen worden, doch jetzt herrschte ein Misstrauen zwischen ihnen, das es früher nicht gegeben hatte.
Finn stieß einen stummen Seufzer aus und hob zögernd die Hand, um an die Hüttentür zu klopfen, vor der er stand. Fast noch schwerer als die Arbeit als Ratsmitglied war die Aufgabe, sich um Jamila zu kümmern, die für die Zeit ihres Aufenthalts in der Berglöwensiedlung bei der Heilerin Fay untergekommen war. Sicher, er hätte das nicht tun müssen, aber er wusste, dass sich kaum jemand über ihre Anwesenheit in der Gruppe freute, und konnte den traurigen Ausdruck ihrer Augen nicht ertragen. Er nahm den anderen ihre Ablehnung nicht übel, schließlich konnte auch er nur schwer akzeptieren, dass sie und Kainda den Verbrechern bei Bowens Entführung geholfen und Coyle schwer verletzt hatten. Allerdings wusste er auch, dass die beiden selbst Gefangene gewesen waren und nicht aus freiem Willen gehandelt hatten. Es musste schwer sein, als schwarze Leopardin nicht mehr in ihrer Heimat Afrika, sondern in den Wäldern Kaliforniens unter Fremden leben zu müssen. Besonders nachdem ihre Schwester aufgebrochen war, um einen Weg zu finden, wie sie wieder nach Hause kommen konnten. Er bewunderte zwar Kaindas Willen, bezweifelte aber, dass sie Erfolg haben würde.
„Willst du noch länger wie eine Statue vor meiner Tür stehen?“ Die Stimme riss ihn abrupt aus seinen Gedanken. Rasch drehte er sich zu Fay um, die sich hinter ihm angeschlichen hatte. Wie immer fühlte er sich in der Gegenwart der Heilerin unbehaglich, obwohl sie ihm nur bis zum Bauchnabel reichte. Gut, das war übertrieben, aber sie war tatsächlich winzig. Wie sie es trotzdem schaffte, alle Männer in ihrer Umgebung erzittern zu lassen, war allen ein Rätsel.
„Ich wollte gerade klopfen.“ Verdammt, er hörte sich an wie ein kleiner Junge, der etwas Verbotenes gemacht hatte.
„Warum tust du es dann nicht?“ Fays Mundwinkel hoben sich, als er unbehaglich von einem Fuß auf den anderen trat. „Wolltest du zu mir?“ Die Art, wie sie die Frage stellte, machte klar, dass sie wusste, zu wem er wollte.
„Zu Jamila. Ich habe versucht, ihre Schwester ausfindig zu machen.“
Die Belustigung wich aus Fays Gesicht. „Komm herein.“ Sie trat an ihm vorbei und schob die Tür auf. „Jamila, Finn für dich.“
Finn zuckte zusammen. Das hatte Fay sicher extra so gesagt, um ihn in Verlegenheit zu bringen. Wie von selbst glitt sein Blick zur Treppe. Er vergaß zu atmen, als Jamila in enger Stretchhose und einem langen T-Shirt auftauchte. Ihre dunkle Haut schimmerte verführerisch im Schein der Lampen, die krausen Haare hatte sie in einem lockeren Pferdeschwanz gebändigt.
„Ja?“ Ihre Schritte wurden langsamer, es wirkte fast so, als wollte sie lieber wieder hinauflaufen.
Seltsamerweise traf ihn ihr Zögern, er hatte ihr nie einen Anlass gegeben, ihn zu fürchten. Gut, vielleicht abgesehen von den ersten Tagen, als die Berglöwenmenschen sie gefangen genommen und eingesperrt hatten. Aber sie hatten nicht zulassen können, dass die beiden Leopardenfrauen Coyles Freundin Marisa töteten. Wut stieg in ihm auf, wie immer, wenn er daran dachte.
„Finn, wenn du sie weiter so grimmig anstarrst, kannst du gleich wieder gehen.“ Fays Stimme drang durch den Nebel in seinem Gehirn.
Jamila war auf der Treppe stehen geblieben, ein Ausdruck großen Unbehagens in ihrem Gesicht.
Mit Mühe drängte Finn seine Gefühle zurück und spürte, wie sich seine erstarrten Gesichtsmuskeln lockerten. Vermutlich sollte er jetzt irgendetwas sagen, aber es wollte nichts über seine Lippen kommen.
Fay sah mit hochgezogenen Augenbrauen vom einen zum anderen. „Ich lasse euch dann mal allein. Ruft mich, wenn ihr irgendetwas braucht.“
Finn wollte sie zurückhalten, doch sie war bereits verschwunden. Wie machte sie das? Manchmal hatte er das Gefühl, dass die Heilerin mehr war als ein Wandler oder ein Mensch. Etwas anderes, Geheimnisvolles. Aber vielleicht verstand sie es auch nur, alle an der Nase herumzuführen. Kopfschüttelnd wandte er sich wieder zu Jamila um, die jetzt die Treppe heruntergekommen war und vor ihm stand, und räusperte sich. „Ich habe im Internet nach
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