Ghostwalker 03 - Raven, M: Ghostwalker 03
wieder umgekehrt.“
Ob seine Schwester wohl wusste, wie leicht er ihr ansehen konnte, dass sie etwas vor ihm verbarg? Vermutlich, schließlich kannte sie ihn genauso gut. „Okay, ich werde Finn sagen, dass wir wohl zu anderen Wandlern Kontakt aufnehmen müssen.“
Amber verzog den Mund. „Genau das habe ich ihm gestern auch gesagt. Hat er mir nicht geglaubt?“
Coyle legte seine Hand auf die seiner Schwester. „Doch, er hat sich nur Sorgen um dich gemacht, weil du so verstört wirktest.“
Sie zupfte an ihrem Rollkragen und hatte Mühe, ihm in die Augen zu sehen. „Mir geht es gut. Ich bin nur etwas erschöpft wegen des langen Weges.“
Da sie gerade erst vor zwei Tagen von einer ihrer Touren zurückgekommen war, konnte das durchaus sein. Deshalb beschloss Coyle, erst einmal nicht weiter in sie zu dringen, auch wenn er genau wusste, dass das nur ein Teil der Wahrheit war. „In Ordnung, dann lasse ich dich jetzt in Ruhe, damit du dich erholen kannst. Falls du reden möchtest, weißt du, wo du mich erreichen kannst.“
Amber erhob sich und lächelte ihn an. „Danke, großer Bruder. Grüß Marisa von mir.“
Coyle beugte sich zu ihr hinunter und küsste ihre Stirn. „Mache ich.“ Als er die Tür hinter sich zuzog, war er mehr denn je davon überzeugt, dass Amber ihm etwas vorenthielt. Vor allem, nachdem sie deutlich zusammengezuckt war, als er seine Hand kurz auf ihre Schulter gelegt hatte. Hoffentlich machte er keinen Fehler, wenn er Amber nicht dazu zwang, ihm die Wahrheit zu sagen.
Seine Schritte knirschten auf dem Kiesweg, als er langsam auf sein Haus zuging. Eine dichte Wolkendecke verdeckte den Mond, sodass es stockdunkel war. Aber das störte ihn nicht, denn er zog es vor, im Dunkeln zu leben. Die Nacht war sein Freund, vor allem, weil die meisten anderen Menschen dann schliefen und ihn in Ruhe ließen. Er hatte es aufgegeben, nachts schlafen zu wollen, nachdem … Wie immer durchzuckte ihn bei dem Gedanken Schmerz, dicht gefolgt von alles verzehrendem Hass auf denjenigen, der dafür verantwortlich war. Aber es würde nicht mehr lange dauern, bis er ihn in seine Finger bekam, und dann, nachdem er das bekommen hatte, was er wollte, würde er ihn langsam und qualvoll sterben lassen. Dann würden die Wandler merken, dass sie keine Chance hatten, ihm zu entkommen.
Allerdings half das diesmal auch nicht, seine Gedanken zur Ruhe zu bringen. Schon wieder hatten sich die Berglöwen und ihre verdammte Journalistenfreundin eingemischt und seinen Plan vereitelt, doch noch einmal würden sie nicht davonkommen. Er würde dafür sorgen, dass sie keine ruhige Minute mehr hatten. Wie gut, dass er trotz der Jagd auf die Leopardin die anderen Fäden seines Plans weitergesponnen hatte. So konnte er nun auf einen sehr geeigneten Kandidaten zurückgreifen, der förmlich darauf brannte, sich an den Berglöwenmenschen zu rächen. Er wusste es zwar noch nicht, aber mit ein wenig Unterstützung konnte der Mann zu einem sehr nützlichen Werkzeug werden, das ihn einen Schritt näher an sein Ziel bringen würde. Bisher hatte er den Fehler begangen, sich auf Untergebene zu verlassen, Männer, die zwar nicht völlig dumm waren, aber die zu beschränkt dachten, um wirklich effizient zu sein. Wieviel besser wäre es, jemanden mit Macht und eigenen Ambitionen dazu zu bringen, die Arbeit für ihn zu machen?
Auch wenn Gary Jennings das nicht ahnte, waren sie sich in der Geschäftswelt bereits begegnet. Sie beide leiteten erfolgreiche Unternehmen und waren überall gern gesehene Gäste. Natürlich hatte er sich Jennings nicht mit seinem richtigen Namen vorgestellt, sondern sich als „Lee“ ausgegeben. Jennings würde nie darauf kommen, dass er dahintersteckte. Selbst wenn sie sich durch Zufall einmal irgendwo begegnen sollten.
Lee stieß ein freudloses Lachen aus. Früher war er öfter zu den obligatorischen Geschäftsessen, zu den Bällen und Empfängen gegangen, doch das tat er seit Jahren nicht mehr. Die Einladungen kamen immer noch mit der Post, aber er warf sie nur ungeöffnet in den Papierkorb. Für so etwas hatte er keine Zeit. Und es erinnerte ihn zu sehr an … vorher, als er noch glücklich gewesen war und sein Leben nicht nur aus Arbeit bestand. Aber diese Zeit war lange vorbei.
Er schloss die Augen und atmete tief die kühle Nachtluft ein. Ja, er würde sich darauf verlassen, dass Jennings sich um die Berglöwen kümmerte, und er selbst würde sich mit den wirklich wichtigen Dingen beschäftigen. Es war ein
Weitere Kostenlose Bücher