Ghostwalker 03 - Raven, M: Ghostwalker 03
geschehen ist und ob Melvin eingeweiht war oder entführt wurde.“
An einigen Stellen waren verschiedene Abdrücke zu sehen gewesen, es waren also mindestens zwei Männer beteiligt. Zusammen wären sie durchaus in der Lage gewesen, den jungen Mann mitzunehmen.
„Es gab keine Hinweise auf einen zweiten Kampf.“
Keira nickte abrupt. „Also wurde er entweder außer Gefecht gesetzt, als er schlief, oder er ist freiwillig mitgegangen.“
„Aber dann hätten wir seine Fußspuren finden müssen.“
„Oder Melvin hatte auch Schuhe an und ist für die zweite Spur verantwortlich.“ Keira war die Frustration deutlich anzusehen. „Kehren wir um, hier werden wir nichts weiter herausfinden.“
Fay presste die Hände in ihren schmerzenden Rücken und schloss die Augen. Sie fühlte sich wie ausgewrungen. Seit Stunden behandelten sie Conners Verletzungen, doch noch immer war er nicht aufgewacht. Wenigstens schien sein Schluckreflex noch zu funktionieren, sodass sie ihm ein wenig Wasser einflößen konnte, um die Flüssigkeit zu ersetzen, die er verloren hatte. Auch wenn es für Conner vielleicht besser war, verstärkte seine anhaltende Bewusstlosigkeit ihre Sorgen, dass seine Kopfverletzung schlimmer sein könnte als von außen sichtbar. Was konnte sie tun, wenn er ein Blutgerinnsel im Gehirn bekam? Würde sie zusehen müssen, wie er starb? Es war erstaunlich, wie viel Schmerz ihr der Gedanke bereitete, obwohl er sie damals verlassen hatte. Vermutlich lag es daran, dass er zur Gruppe gehörte und damit auch zu ihrer Vergangenheit. Genau, das war der Grund. Nicht etwa, weil sie noch Gefühle für ihn hegte.
„Warum legst du dich nicht oben hin? Ich bleibe hier und rufe dich, wenn sich sein Zustand verändert.“ Jamilas Stimme riss Fay aus ihren Gedanken.
„Das ist nicht nötig, ich muss mich nur für eine Weile hinsetzen und meinen Rücken entlasten.“ Wie eine alte Frau bewegte sie sich auf den Sessel zu, der für genau diesen Zweck in der Ecke stand, und ließ sich mit einem Stöhnen darauf nieder. Für einen Moment schloss sie die Augen, dann sah sie Jamila an. „Danke für deine Hilfe. Du wirst mal eine sehr gute Heilerin werden.“
Jamila wirkte gleichzeitig verlegen und erfreut. „Ich habe eine gute Lehrerin. Und ich bin sicher, ich muss noch viel lernen.“
Fay rang sich ein Lächeln ab. „Man lernt nie aus. Vielleicht findest du in Namibia auch eine Heilerin, die dir noch etwas beibringen kann. Natürlich nur, wenn du nicht etwas anderes machen willst, wenn du wieder zu Hause bist.“ Sie würde es nie zugeben, aber sie würde Jamila vermissen. Bisher hatte sie sich nie einsam in ihrer Hütte gefühlt, doch in den drei Monaten, seit die schwarze Leopardin bei ihr lebte, hatte sie sich an ihre Anwesenheit gewöhnt. Es war nett, jemanden zum Reden zu haben oder auch einfach mal auf der hinteren Terrasse zu sitzen und den Geräuschen der Natur zu lauschen.
„Nein, das heißt, doch, ich möchte auch weiterhin Heilerin werden, aber ich werde nicht nach Namibia zurückkehren. Zumindest nicht in nächster Zeit.“
Überrascht sah Fay sie an. „Aber ich dachte, deine Schwester hätte eine Möglichkeit gefunden, wie sie dich zu sich holen kann?“ Kainda war nach einigen Wirrungen und unter höchster Lebensgefahr vor einigen Tagen in Afrika angekommen.
„Ja, sie steht in Kontakt mit einer Auswilderungsstation, deren Leiterin – übrigens eine Wandlerin – bereit gewesen wäre, mich ausfliegen zu lassen.“ Unsicher strich Jamila durch ihre schwarzen Locken. „Aber ich habe Kainda gesagt, dass ich hierbleiben werde.“
„Warum?“ Fay schnitt eine Grimasse, als sie hörte, wie das klang. „Nicht, dass ich mich nicht freuen würde, wenn du hierbleibst, aber ich dachte, das wäre immer euer Plan gewesen.“
„Das war er, oder vielmehr Kaindas, aber ich habe erkannt, dass ich hier noch nicht wegmöchte.“
Fay brauchte nicht lange, um den Grund zu erkennen. „Finn.“
Bei Jamilas dunkler Haut war es nicht zu erkennen, aber Fay hätte schwören können, dass sie rot wurde. „Ja. Er ist so …“ Sie brach ab, anscheinend fand sie nicht die passenden Worte.
„Groß, stark, gut aussehend … sexy ?“
Jamila lachte überrascht auf. „Ja, all das und noch mehr.“ Sie wurde ernst. „Ich weiß nicht, wohin das führt oder überhaupt führen kann, aber ich möchte mir nicht später vorwerfen müssen, dass ich zu feige war, es zu versuchen.“
„Das ist eine gute Idee. Wirst du bei ihm wohnen oder
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