Ghostwalker 03 - Raven, M: Ghostwalker 03
nach Kräutern, süß und gleichzeitig bitter. Seine Kehle schmerzte, und die Flüssigkeit verschwand. Es wurde dunkler, als hätte jemand das Licht ausgemacht. Müde … so müde. Er sank tiefer hinab und vergaß, was er eigentlich tun musste. Ruhe, das war alles, wonach er sich sehnte. Kurz bevor er sich ganz im Nichts verlor, tauchte aus seinem Gedächtnis ein Bild auf. Fay .
Unruhig lief Amber in der Ratshütte auf und ab. Nachdem Griffin mit Torik und Keira aufgebrochen war, hatte Finn sie aufgesucht und gebeten, eine Liege in der Hütte aufzustellen und alles für einen Übernachtungsgast vorzubereiten. Es war klar, dass er von Griffin sprach, und Amber musste sich große Mühe geben, ihre Freude nicht allzu deutlich zu zeigen. Trotzdem hatte sie den Verdacht, dass Finn zumindest ahnte, was in ihr vorging. Mehr als einmal ertappte sie ihn dabei, wie er ihr nachdenkliche Blicke zuwarf.
Zum wahrscheinlich hundertsten Mal trat sie zu dem Schaukelstuhl, den sie aus ihrer Hütte hierhergetragen hatte, und strich über die Patchworkdecke. Der Gedanke, dass sich Griffin heute Nacht damit zudecken würde, löste eine seltsame Erregung in ihr aus, die sie nur mühsam unterdrücken konnte.
Amber verdrehte die Augen und richtete sich wieder auf. Warum trieb sie sich eigentlich noch hier herum? Sie hatte ihre Aufgabe bereits vor einiger Zeit erledigt und sollte lieber nachsehen, ob Fay ihre Hilfe doch noch benötigte. Oder sie hätte endlich anfangen können, die Fotos zu sortieren, die sie von ihrer letzten Tour mitgebracht hatte, damit sie entscheiden konnte, welche zur Veröffentlichung taugten, schließlich würde der Kalender-Verlag nicht ewig darauf warten, dass sie neues Material lieferte. Normalerweise war das eine Tätigkeit, die sie mit Freude erfüllte und in die sie sich tagelang vertiefen konnte, doch heute fehlte ihr die Ruhe dafür. Nachdem sie sich ein letztes Mal davon überzeugt hatte, dass alles vorhanden war, was Griffin brauchen könnte, verließ sie die Hütte. Nach der körperlichen Arbeit spürte sie wieder die Verletzungen, die Griffins Krallen hinterlassen hatten, deshalb konnte eine heiße Dusche jetzt nicht schaden. Sie hatte ihn nicht angelogen, die äußerlichen Verletzungen heilten tatsächlich sehr schnell bei Berglöwenwandlern, doch das bedeutete nicht, dass auch die Schmerzen sofort verschwanden. Es ging zwar alles sehr viel schneller als bei normalen Menschen, aber ein paar Tage brauchte es doch, zumal die Krallen tief in ihre Muskeln eingedrungen waren. Das brauchte Griffin jedoch nicht zu wissen, sonst würde er sich noch schlechter fühlen. Vor allem, wenn er morgen bereits wieder aus ihrem Leben verschwand.
Traurigkeit wallte in Amber auf, die sie energisch zurückdrängte. Sie sollte die Zeit, die er hier war, genießen und nicht durch Lamentieren verschwenden. Wenn es so weit war, konnte sie immer noch im Elend versinken.
Nachdem sie bei Fay vorbeigeschaut und von Jamila erfahren hatte, dass Conners Zustand unverändert war, zog sie sich in ihre Hütte zurück. Die heiße Dusche lockerte tatsächlich ihre verkrampften Muskeln, und nachdem sie Salbe auf ihre Schultern gerieben hatte, waren die Verletzungen kaum noch zu spüren. Wieder im Einklang mit sich selbst und ihrem Leben, holte sie ihren Laptop heraus und schaltete ihn an.
Ob ihre Mutter geahnt hatte, was sie damit auslösen würde, als sie ihr die erste Kamera schenkte? Amber erinnerte sich daran, wie unsicher sie sich damals gefühlt hatte. Sie traute sich kaum, die Hütte zu verlassen, aus Angst, dass die bösen Männer wieder auftauchen könnten. Doch mit der Kamera hatte sie die ersten Schritte nach draußen unternommen. Es schien ihr sicherer, wenn sie alles durch die Kameralinse betrachtete, so als wäre sie nicht wirklich dort, sondern jemand anders.
Ihre Mutter Aliyah war eine kluge Frau, die trotz des Kummers um den Verlust ihres geliebten Mannes genau gewusst hatte, was ihrer Tochter fehlte und wie sie sie wieder in die Welt hinauslocken konnte. Ein warmes Gefühl durchströmte Amber. Es wurde eindeutig Zeit, ihre Mutter zu besuchen. Bestimmt ergab sich bald eine Gelegenheit dazu, vielleicht, wenn eine neue Fuhre Naturprodukte fertig war und Aliyah gebracht werden musste, die diese in einem kleinen Laden und über das Internet vertrieb. Sie lebte jetzt, wie alle Berglöwenwandler, in denen der Berglöwe sich im Alter zurückgezogen hatte, wieder in der Stadt, oder in ihrem Fall in dem kleinen Örtchen
Weitere Kostenlose Bücher