Ghostwalker 03 - Raven, M: Ghostwalker 03
ausgeglichener. Tief unter sich konnte er die beiden Berglöwen erkennen, die mit in den Nacken gelegten Köpfen zu ihm aufblickten und darauf warteten, dass er ihnen eine Richtung vorgab. So gerne er auch die Freiheit der Lüfte genießen wollte, er hatte eine Aufgabe zu erledigen.
Im Geiste sah er die Strecke vor sich, die er mit dem Verletzten gegangen war. Im Flug wäre er in wenigen Minuten dort, doch er musste seine Geschwindigkeit den Berglöwen anpassen. Aber auch so würden sie viel schneller sein als er zuvor zu Fuß und mit einem Berglöwen auf dem Arm. Griffin stieß hinab und führte die kleine Gruppe durch den Wald.
An ihrem Ziel angekommen verwandelten sie sich zurück und suchten nach Spuren. Auch jetzt war noch deutlich zu erkennen, wo Conner von einem oder mehreren Männern angegriffen worden war, Fetzen von Gras und Moos waren überall auf der kleinen Lichtung verteilt, die Erde aufgewühlt. Eingetrocknetes Blut fand sich genauso wie Fellbüschel. Nicht weit entfernt lag ein oberschenkeldicker Knüppel, an dessen Spitze Blut klebte.
„Dieses Schwein!“ Keiras Stimme drang durch die unnatürliche Stille des Waldes. Seit sie hier angekommen waren, hatte sich die Wächterin professionell benommen, und Griffins schlechter Ersteindruck hatte sich zu widerwilligem Respekt gewandelt. Sie hockte neben dem Knüppel und strich mit den Fingerspitzen darüber. „Wie konnte er seinem Vater das antun?“
Toriks dunkle Augen zeigten, dass auch er nicht so ruhig war wie zuvor, doch das war seiner Stimme nicht anzuhören, als er Keira antwortete. „Es ist nicht gesagt, dass es Melvin war.“
Keira warf in einer wütenden Bewegung ihre blonden Haare über die Schulter. „Wer soll es sonst gewesen sein? Wir sind hier mitten im Wald, nirgends ein Wanderweg oder eine Straße in der Nähe. Glaubst du, dass jemand zufällig auf Conner getroffen ist und ihn dann mal eben fast zu Tode geprügelt hat?“ Ihre Augen verengten sich. „Und das würde auch nicht erklären, wo Melvin jetzt ist. Und warum er nicht eingegriffen hat, als sein Vater angegriffen wurde.“
„Vielleicht konnte er es nicht.“ Torik hob die Hand, bevor Keira neue Argumente bringen konnte. „Spekulieren bringt nichts, wir müssen herausfinden, was geschehen ist. Wenn es Melvin war, müssen wir ihn finden und verhindern, dass er noch mehr Schaden anrichtet. War es jemand anders, könnte Melvin sich in größter Gefahr befinden, und wir müssen ihm helfen.“
Keira presste ihre Lippen zusammen. „Oder er hat mit jemandem zusammengearbeitet.“
„Oder das, aber auch dann müssen wir ihn finden.“
Mit einer abrupten Geste neigte Keira den Kopf. „Es muss hier irgendwelche Spuren geben. Wer auch immer es war, kann nicht vom Himmel gefallen sein.“ Ihr Kopf ruckte zu Griffin herum, und sie verengte die Augen. „Oder vielleicht doch.“
Griffin unterdrückte den Wunsch, sie zu schütteln. „Natürlich, erst habe ich ihn so zugerichtet, und dann habe ich ihn bis zu eurem Lager getragen. Und was für ein Motiv sollte ich haben?“
Ein schwaches Lächeln glitt über Keiras Lippen. „Du doch nicht, Dummkopf.“ Sie wurde wieder ernst. „Ich meinte andere Adlerwandler oder was auch immer es sonst noch für fliegende Wandlerarten gibt.“
„Was hätten sie für einen Grund? Ich kann natürlich nur für meine Gruppe sprechen, wir – oder vielmehr sie – interessieren sich nicht für andere Wandler, hätten also keinerlei Motiv für einen solchen Angriff.“
Keira sah ihn einen Moment an und nickte dann. „Okay, vergessen wir diese Theorie und suchen lieber weiter nach echten Spuren.“
Bisher hatten sie nur Griffins Fußabdrücke gefunden, die mitten auf der kleinen Lichtung begannen und dann Conners Kriechspur folgten. Da es in der Nacht geregnet hatte, bestand die Möglichkeit, dass alle anderen Spuren verwischt waren. Aber weder Torik noch Keira sahen so aus, als würden sie aufgeben, bevor sie nicht wussten, was hier vorgefallen war. Wie schon so oft zuvor beeindruckte Griffin der Zusammenhalt der Berglöwenwandler, und wehmütig dachte er daran, wie sehr ihm das bei seiner Gruppe fehlte. Natürlich hielten sie auch zusammen, wenn es einen Angriff gab oder jemand verletzt wurde, aber mehr aus Notwendigkeit als aus Zuneigung. Jedenfalls kam es ihm so vor. Vielleicht lag es jedoch auch daran, dass er ein Außenseiter war und keine Familie und so gut wie keine Freunde hatte. Wie immer drückte dieser Gedanke auf seinen Brustkorb,
Weitere Kostenlose Bücher