Ghostwalker 03 - Raven, M: Ghostwalker 03
Incline direkt am Sierra National Forest.
Amber rief das erste Foto auf und versank sofort wieder in der Schönheit der Natur und in den Erinnerungen an die Aufnahme. Nebelschwaden hingen über einem kleinen See, während einzelne Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke lugten und den Nebel zum Leuchten brachten. Die Stimmung war beinahe unwirklich, das Grün der Bäume und Büsche gedämpft, die Farbe des Wassers grau wie die darin gespiegelten Wolken. Sie erinnerte sich noch gut an die Stille des Moments, als sie am Ufer gewartet hatte, bis sie das perfekte Foto bekam. Nachdem sie das Original abgespeichert hatte, spielte sie noch eine Weile mit den Kontrasten und der Farbbalance, bis sie das Bestmögliche aus dem Bild herausgeholt hatte.
Wie so oft verlor sie sich völlig in ihrer Welt und merkte gar nicht, wie es langsam im Raum dunkler wurde. Erst als ihre Augen zu brennen begannen, blickte sie auf. Es dauerte einen Moment, bis sie sich daran erinnerte, wo sie war. Kurz darauf folgte die Erkenntnis, dass sie eigentlich Griffin etwas zu essen bringen wollte. Vermutlich hatte Finn dafür gesorgt, dass ihr Gast nicht verhungern musste, doch am besten überzeugte sie sich selbst davon.
Rasch stand sie auf und ging zum Kühlschrank hinüber. Wie erwartet standen dort noch die Reste ihres patentierten Eintopfes, den sie nach der Rückkehr aus dem Adlergebiet gemacht hatte, um sich zu beruhigen. Sehr gut, wenn Griffin Hunger hatte, brauchte sie ihn nur aufzuwärmen. Für einen Moment stockte sie. Sofern Griffin überhaupt wieder mit zurückgekommen und nicht gleich von dort aus aufgebrochen war. Entschlossen schüttelte Amber den Kopf. Sein Beutel war noch im Lager, also musste er auf jeden Fall zurückkommen. Was aber nicht hieß, dass er über Nacht bleiben würde.
Kurz entschlossen steckte sie den Salbentiegel ein und verließ ihre Hütte. Angenehme Wärme floss durch ihren Körper, als sie sich auf den Weg zur Ratshütte machte. Die Vorstellung, Griffin gleich wiederzusehen und ihn vielleicht erneut berühren zu können – und sei es auch nur, um die Salbe aufzutragen – ließ sie zittern. Je näher sie der Hütte kam, desto langsamer wurden ihre Schritte. So wunderbar es auch war, endlich „ihren“ Adlerwandler kennenzulernen und ihm nahe zu sein, er würde bald weiterziehen, und sie war wieder allein. Dann würde sie jedoch wissen, was ihr fehlte, und es würde noch schwerer werden.
Vielleicht sollte sie ihre Gefühle ignorieren und ihn nicht wiedersehen, solange er hier im Lager war. Wenn sie ihn nicht kannte, konnte sie ihn auch nicht vermissen, richtig? Mit einem flauen Gefühl im Magen musste Amber sich eingestehen, dass es bereits zu spät war, vielleicht schon immer gewesen war, denn was hatte sie seit ihrem sechsten Lebensjahr anderes gemacht, als auf ihn zu warten oder ihn zu suchen?
Sie war erbärmlich. Anstatt die Gelegenheit zu ergreifen und das Beste aus der kurzen Zeit zu machen, die sie gemeinsam hatten, stand sie hier herum und jammerte. Hatte sie nicht gerade erst entschieden, sich nicht mehr treiben zu lassen, sondern etwas zu tun ? Dazu gehörte auch, dass sie mit dem Mann sprach, der ihre Gedanken mehr beschäftigte als jeder andere. Auch wenn sie es nicht glaubte, konnte sich immer noch herausstellen, dass Griffin jemand war, der sie langweilte oder den sie nicht mochte. Dann hätte sie Gewissheit und konnte endlich mit ihrem Leben fortfahren und vielleicht doch noch einen Berglöwenmann finden, der zu ihr passte. Der Gedanke, dafür ihre Gruppe verlassen zu müssen, war so unangenehm, dass sie ihn weit von sich schob. Ein Tag nach dem anderen, es brachte nichts, sich jetzt schon verrückt zu machen. Entschlossen ging sie zur Hütte und klopfte.
Nach einigen Momenten, die ihr endlos vorkamen, öffnete sich die Tür, und Griffin stand vor ihr. Diesmal war er komplett angezogen, was sie fast ein wenig enttäuschte, doch sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
„Hallo. Ich bin nur gekommen, um zu fragen, ob du noch etwas benötigst.“
Griffins braune Augen glitten über sie und blieben einen Moment an ihrem tiefen Ausschnitt hängen. „Finn sagte, dass du die Hütte bestückt hast. Es ist alles da, was ich brauche, vielen Dank.“ Seine raue Stimme war leise.
Amber versuchte, die Röte zu unterdrücken, die in ihre Wangen stieg. „Oh, gut. Möchtest du etwas essen? Ich habe noch Eintopf, den ich dir bringen könnte.“
„Danke für das Angebot, aber ich habe noch
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