Ghostwalker 04. Fluch der Wahrheit
heraus.
Als er nichts sagte, senkte Caitlin den Blick. »Vergiss, dass ich gefragt habe, es geht mich nichts an.«
Da sie miteinander geschlafen hatten, war es nur fair, dass sie nach seiner früheren Gefährtin fragte. Das Problem war nur, dass er nicht über sie reden konnte. Es schmerzte zu sehr und riss alte Wunden auf. Torik legte seine Hand auf Caitlins und hoffte, dass sie ihn verstehen würde. Sie hob den Kopf, und das Verständnis in ihrem Blick ließ ihn tief durchatmen.
»Was kann ich Ihnen bringen?« Die Stimme der Bedienung ließ seinen Kopf herumschnellen. Er war so in seinen Gedanken gefangen gewesen, dass er sie überhaupt nicht bemerkt hatte. Die Frau sah ihn mit geweiteten Augen an. »Entschuldigung, ich wollte Sie nicht unterbrechen.«
Torik lehnte sich zurück und bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck. »Kein Problem.« Er blickte zu Caitlin hinüber. »Was wolltest du noch haben? Ein Riesen-Käse-Vanille-was-auch-immer?«
Die Bedienung lachte. »Ich weiß Bescheid.«
Caitlin grinste sie an. »Als ich vor zwei Jahren hier war, hat mich der Kuchen so beeindruckt, dass ich noch Monate später davon geträumt habe.«
Die Frau ließ den Block sinken und strahlte. »Oh, wie schön, eine neue Stammkundin!«
»Das wäre wohl doch zu weit entfernt, aber Sie können sicher sein, dass ich jedes Mal hier vorbeikommen werde, wenn ich in der Gegend bin.«
Toriks Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als er Caitlins Lächeln sah und erkannte, wie sehr sie in die Menschenwelt gehörte. Sie brauchte einen Mann, der sie zum Essen ausführte oder mit ihr Freunde besuchte, nicht einen Einsiedler wie ihn, der sich selbst von den anderen Wandlern die meiste Zeit fernhielt. Das war ihm natürlich auch schon vorher klar gewesen, aber erst jetzt merkte er, wie sehr er sich wünschte, genau dieser Mann zu sein. Nicht dass er ein Mensch hätte sein wollen, aber sie sollte ihn anlächeln, ihm von ihrem Tag erzählen und ihn liebevoll anblicken. Und er wollte ihr von seinem Leben berichten, seine Freude und seinen Schmerz mit ihr teilen. Doch das ging nicht, weil sie sich bald trennen mussten. Ihre silbergrauen Augen strahlten ihn warm an und Torik wusste, dass sie ein Recht hatte, von seiner Gefährtin zu erfahren. Mit den anderen Wandlern konnte er nicht über Arlyn sprechen, aber vielleicht fiel es ihm leichter bei jemandem, der sie nicht gekannt hatte.
»Und was möchten Sie haben?«
Torik hatte Mühe, sich auf die Bedienung zu konzentrieren. »Wenn der Kuchen tatsächlich so gut ist, muss ich ihn wohl auch probieren. Also für mich das Gleiche. Und einen Kaffee, bitte.«
»Kommt sofort.« Nach einem letzten prüfenden Blick auf ihn drehte sich die Frau um und eilte zum Tresen zurück.
Toriks Mund war staubtrocken, als er sich an Caitlin wandte. »Arlyn.«
Verwirrt sah Caitlin ihn an. »Was?«
Torik atmete tief durch. »Meine Gefährtin hieß Arlyn.«
Caitlin lächelte ihn sanft an. »Danke.« Sie beugte sich über den Tisch. »Wie lange wart ihr zusammen?«
Unter dem Tisch krampften sich Toriks Hände ineinander. »Eigentlich immer. Wir waren schon als Kinder Freunde, und später wurde es dann mehr.«
Mit einem Seufzer lehnte sich Caitlin zurück. »So lange. Du musst sie sehr vermissen.«
Da Torik seiner Stimme nicht traute, neigte er nur den Kopf.
»Wie ist sie … ?«
Torik unterbrach sie. »Sie ist nicht tot.«
Verwirrung zeichnete sich auf Caitlins Zügen ab. »Sie hat dich verlassen?«
Trotz des Themas fühlte Torik Freude in sich aufsteigen, dass Caitlin sich das offenbar nicht vorstellen konnte. Es gelang ihm ein schwaches Lächeln. Dann wurde er wieder ernst. »Ja, aber nicht, weil sie einen anderen Mann mehr geliebt hätte als mich.«
Mit geröteten Wangen beugte Caitlin sich wieder vor. »Dann hat sie sich in eine Frau verliebt?«
Torik war froh, dass er gerade nichts im Mund hatte, sonst hätte er sich garantiert verschluckt. »Auch nicht. Arlyn hat die Gruppe verlassen, um alleine in der Wildnis zu leben.«
Caitlins Augenbrauen zogen sich zusammen. »Ganz alleine? Warum?«
»Einige Wandler ertragen es nicht, in Menschengestalt und vor allem in der Gemeinschaft zu leben. Sie wollen ausschließlich als Berglöwe leben und verlernen irgendwann, sich zu verwandeln.« Seine Kehle zog sich zusammen, als er sich vorstellte, wie einsam Arlyn sein musste. Er hätte alles für sie getan, aber letztlich hatte er sie nur gehen lassen können.
»Das ist traurig.« Tränen standen in
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