Ghostwalker 04. Fluch der Wahrheit
setzte die wohlbekannte Panik ein. Auch wenn er versuchte, sie nicht zu zeigen, wusste er, dass Marisa sie in seinem Gesicht sehen konnte. Es dauerte einen Moment, bis er wieder in der Lage war zu sprechen. »So gerne ich auch ein Kind mit dir haben möchte, es ist zu gefährlich. Ich könnte es nicht ertragen, dich zu verlieren, Marisa.« Angus winselte zustimmend.
Sie streichelte ihn besänftigend. »Das wirst du auch nicht. Frauen bekommen schon seit Jahrtausenden Kinder und teilweise unter primitivsten Bedingungen. Warum sollte mir etwas passieren?«
Coyle schloss gequält die Augen. Wie sollte er Marisa begreiflich machen, wie schnell etwas schiefgehen konnte und dass dann niemand da wäre, der ihr helfen konnte? »Melvins Mutter war eine junge, gesunde Frau, und trotzdem ist sie bei der Geburt gestorben. Niemand hat damit gerechnet, am allerwenigsten Conner. Du hast nicht gesehen, was es in ihm angerichtet hat, seine Gefährtin so zu verlieren, aber ich schon.« Seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern. »Tu mir das bitte nicht an.«
»Aber damals war es doch eine ganz andere Situation, Fay war noch nicht so gut ausgebildet wie jetzt. Außerdem könnte ich Ryan bitten, mir bei der Geburt zu helfen.«
Coyle riss die Augen auf. »Ryan Thorne ist Tierarzt! Mal ganz davon abgesehen, dass er mit Kainda in Namibia ist.«
»Menschen sind auch nur Tiere. Ich glaube nicht, dass sich die Geburt von einem … Affenbaby so sehr von einem Menschenbaby unterscheidet.« Ihre Stimme war sanft. »Außerdem wird unser Baby ein Berglöwe sein.«
Coyle konnte erkennen, dass Marisa kein Argument gelten lassen würde. Wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, war es sehr schwer, sie wieder davon abzubringen. Doch so sehr er sie auch glücklich machen wollte, das war ein Wunsch, den er ihr nicht erfüllen konnte.
Sie schien es an seinem Gesicht abzulesen, denn sie sprach rasch weiter. »Stell dir vor, wie schön es wäre, ein kleines Lebewesen im Arm zu halten, das eine Mischung aus uns beiden ist. Ein Kind, dem ich das Schreiben beibringen würde und mit dem du durch den Wald laufen könntest.«
Gequält blickte er sie an. »Marisa … «
Ihre Finger berührten sein Gesicht. »Denk nur darüber nach, Coyle, mehr verlange ich nicht. Ich weiß, wie schwierig es für dich ist, aber ich glaube, es gibt Dinge, für die man etwas riskieren muss.« Sie schwieg kurz. »Ich muss immer an Amber und Griffin denken, die so gerne ein gemeinsames Kind hätten, aber niemals eines bekommen können.«
»Sie haben jetzt Lana.«
Marisa nickte. »Ja, und sie lieben sie wie eine eigene Tochter. Aber mir geht es nicht darum, irgendein Kind zu haben, sondern ich möchte unseres. Eines, das deine und meine Gene in sich trägt und das sich verwandeln kann.«
»Weißt du, in was für ein Leben du es damit drängst?«
Wut blitzte in ihren Augen auf. »Ja, das weiß ich sehr genau, danke! Trotz aller Probleme denke ich zufällig, dass es ein wunderbares Leben ist und dass unser Kind glücklich wäre.«
»So meinte ich es nicht, das weißt du. Es ist nur derzeit so gefährlich, ein Wandler zu sein. Ich möchte nicht, dass mein Kind in einer Welt aufwächst, in der es Angst um sein Leben haben muss, nur weil es nicht so ist wie ›normale‹ Menschen.«
»Dann sollten wir dafür sorgen, dass sich die Situation ändert und es frei aufwachsen kann.« Ihre Miene wurde sanfter. »Wir müssen das auch nicht sofort entscheiden. Aber ich wollte, dass du weißt, dass es mir wichtig ist und du ein wenig darüber nachdenken kannst.«
Coyle neigte den Kopf. »Das werde ich.« Auch wenn er nicht wusste, ob er es jemals über sich bringen würde zuzustimmen. »Und jetzt ruh dich etwas aus, damit du bald wieder auf den Beinen bist.«
Marisa verzog den Mund. »Mit dem riesigen Gips scheint mir das unmöglich, aber ich werde mich bemühen. Kannst du dir vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn es an der Wade juckt, ich aber nicht an die Stelle rankomme, um zu kratzen?«
Er legte sich neben sie aufs Bett. »Was meinst du, wird es dich ablenken, wenn ich dich festhalte?«
Marisas Lächeln ließ ihr Gesicht leuchten. »Ganz bestimmt.« Sie schmiegte sich in seine Arme, so gut es mit ihren Verletzungen ging, und atmete zufrieden aus. Angus folgte ihrem Beispiel und ließ sich neben dem Bett nieder.
Coyle lag immer noch mit offenen Augen da, als Marisa in einen tiefen Schlummer gesunken war. Es fiel ihm überhaupt nicht schwer, sich ein kleines
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